Vor dem Start der Berichtssaison: So steht es um die Geschäfte von Allianz, Axa, Munich Re, Generali und Co.

Quelle: Harut Movsisyan auf Pixabay

BSV-Schäden, Absagen von Großveranstaltungen, Imageprobleme. 2020 war für die Versicherer ein Problemjahr. Mit Beginn der Berichtssaison in diesem Monat wird sich auch im Zahlenwerk zeigen, welche konkreten Spuren die Pandemie in den Bilanzen hinterlassen wird. Eine Vorabanalyse von VWheute zeigt, dass es die Branche hätte schlimmer treffen können.

Mit besonderer Spannung dürfte die Branche am 19. Februar auf die Geschäftszahlen der Allianz SE schauen. Der deutsche Branchenprimus aus München leidet derzeit vor allem unter den juristischen Auseinandersetzungen um die BSV. Dabei hat die Allianz erst im November 2020 die Analysten mit guten Q3-Zahlen überrascht. So hatten die Marktbeobachter im dritten Quartal 2020 mit einem Gewinn von rund 2,64 Mrd. Euro. Am Ende stand das operative Ergebnis von 2,907 Mrd. Euro nur knapp drei Prozent unter dem Vorjahresniveau (Q3: 2,984 Mrd. Euro).

„In einem Umfeld, das weiterhin herausfordernd bleibt, haben wir solide Ergebnisse erzielt“, bilanzierte Konzernchef Oliver Bäte. Allein bis Ende September 2020 hat der Versicherer für die Folgen der Krise etwa 1,3 Mrd. Euro ausgegeben, davon rund 900 Mio. in der Sachversicherung. Dennoch sieht er den Höhepunkt der Krise längst überschritten.

Axa rechnet bislang mit 1,5 Mrd. Euro Schaden

Vielmehr sorgt sich der Konzernchef derzeit um die Zukunft der Lebensversicherung. So hat sich die zwar von einer hundertprozentigen Beitragsgarantie verabschiedet. Und dennoch: „Die Lebenspolice stirbt nicht aus. Sie ist quicklebendig“, glaubt Allianz-Vorstandschef. Allerdings rechne er „gerade angesichts der massiven Verwerfungen damit, dass ein paar Wettbewerber, die nicht gut gewirtschaftet haben, ausscheiden. Das gibt es in jeder Industrie.“

Wenige Tage später – am 25. Februar 2021 – gibt die Axa ihre Bilanz für das zurückliegende Jahr bekannt. Die nüchternen Fakten des dritten Quartals 2020 gegenüber dem Vorjahreszeitraum zeigen insgesamt ein leichtes Plus. Die  P&C Revenues stiegen um zwei, die Health Revenues um vier Prozent. Die L&S net inflows stiegen um  0,9 Mrd. Euro, schreibt das Unternehmen. Interessant war der Hinweis, dass die Covid-19-Fälle nach wie vor bei 1,5 Mrd. Euro stehen.

Zum „momentanen Zeitpunkt“ erwartet Axa nur einen „limitierten Einfluss“ von mit Covid-19 in Verbindung stehenden Fällen aus der zweiten Welle. Die vorherige Schadenschätzung von 1,5 Mrd. Euro bleibt bislang bestehen. Im Sektor Life & Savings gab es ein Minus von sechs Prozent, bei den Gross Revenues einen minimalen Rückgang.

Munich Re rechnet mit deutlichem Gewinnrückgang

Am gleichen Tag veröffentlicht auch die Munich Re ihre Bilanz für 2020. Nach langem Schweigen rechnet der Münchener Rückversicherer für das letzte Jahr mit einem deutlichen Gewinnrückgang. Wegen der gesamtwirtschaftlichen und finanziellen Auswirkungen durch Covid-19 sowie die erwarteten Belastungen durch Naturkatastrophen werde der Rückversicherer sein Gewinnziel von 2,8 Mrd. Euro für das Gesamtjahr 2020 nicht erreichen, begründete die Munich Re damals die Rücknahme ihrer Gewinnziele. Nun rechnet der Konzern für das laufende Jahr mit einem Überschuss von rund 1,2 Mrd. Euro.

Die Beitragseinnahmen der Gruppe werden sich eigenen Angaben zufolge voraussichtlich auf 54 Mrd. Euro belaufen, was einem neuen Rekordwert in der rund 140-jährigen Unternehmenesgeschichte entsprechen würde. Für den Geschäftsbereich Rückversicherung rechnet der Rückversicherer nach eigenen Angaben mit Beitragseinnahmen von rund 36 Mrd. Euro (Ziel 2020: ca. 34 Mrd. Euro) belaufen.

„Wir werden in diesem Jahr voraussichtlich einen Gewinn von deutlich über einer Milliarde Euro erzielen. Aber natürlich hinterlässt die Pandemie auch in unserem Ergebnis tiefe Spuren. Wir können die Belastungen durch Covid-19 jedoch gut verkraften. Durch die Deckung versicherter Schäden in Milliardenhöhe leisten wir einen erheblichen Beitrag zur wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bewältigung der Pandemie. Wir sind operativ sehr gut unterwegs und hätten ohne Covid-19 unser ursprüngliches Ergebnisziel für 2020 erreicht. Mit unserer starken Bilanz sind wir hervorragend aufgestellt, um jetzt Marktchancen zu nutzen. Im kommenden Jahr planen wir – trotz der Erwartung weiterer Covid-Schäden – wieder an die vor der Pandemie anvisierte Gewinnhöhe von 2,8 Mrd. Euro anzuknüpfen.“

Christoph Jurecka, Finanzvorstand der Munich Re

Deutlich zufriedener dürfte die Munich Re mit der Geschäftsentwicklung mit der Konzerntochter Ergo sein. So dürfte der Gewinn in diesem Jahr bei rund 0,5 Mrd. Euro liegen (Ziel 2020: 530 Mio. Euro). Die Schadenbelastung durch Covid-19 und entgangene Prämien beziffert der Konzern auf rund 65 Mio. Euro. Die Schaden-Kostenquote dürfte bei 92 Prozent in Deutschland sowie bei 94 Prozent im internationalen Geschäft liegen.

Allerdings sind die Schäden aus Naturkatastrophen nach Angaben der Munich Re im letzten Jahr deutlich gestiegen. So verbuchte der Rückversicherer für das Jahr 2020 einen wirtschaftlichen Schaden von insgesamt 210 Mrd. US-Dollar, einem Anstieg um 44 Mrd. US-Dollar gegenüber dem Vorjahr (2019: 166 Mrd. US-Dollar.). Dabei kam Europa noch recht glimpflich davon.

Glaubt man der Swiss Re, war 2020 eines der teuersten Schadenjahre in der Geschichte. Laut vorläufigen Sigma-Schätzungen des Swiss Re Institute beliefen sich die weltweiten Schäden aus Natur- und Man-made-Katastrophen für die Versicherungswirtschaft auf 83 Mrd. US-Dollar. Damit ist das Jahr 2020 das fünftteuerste Jahr für die Versicherungsindustrie seit 1970, teilen die Schweizer mit.

Dennoch halten die Schweizer weiterhin an ihren bisherigen Finanzzielen fest. So liege der Fokus auf einer erstklassigen Kapitalausstattung und einer konstanten oder höheren Dividende, hieß es anlässlich des Investorentages im November 2020. In den ersten neun Monaten des laufenden Geschäftsjahres 2020 verbuchte der Rückversicherer unter dem Strich einen Verlust von 691 Mio. US-Dollar. Wesentliche Gründe dafür sind die Schadenbelastungen durch Corona und Naturkatastrophen. Zum Vergleich: Nach dem ersten Halbjahr 2020 stand bei der Swiss Re noch Verlust von 1,135 Mrd. US-Dollar in den Geschäftsbüchern.

Gewinneinbruch bei der Generali

Die Generali hat in den ersten drei Quartalen einen Gewinneinbruch von 40 Prozent gegenüber dem Vergleichszeitraum auf 1,3 Mrd. Euro verzeichnet. Vor allem die Turbulenzen an den Kapitalmärkten machen den Italienern deutlich zu schaffen: Während die Schaden- und Unfallsparte ihren operativen Gewinn um fast 19 Prozent steigerte, ging das Ergebnis im Lebensversicherungsgeschäft um 15 Prozent zurück. Die Schaden-Kostenquote sank um 2,3 Prozentpunkte auf 89,7 Prozent.

Gleichzeitig peilt Donnet auch wieder Zukäufe an. “Wir wollen drei bis vier Milliarden Euro investieren, nach einem genauen Plan”, so der Konzernchef. Davon hat die Generali bereits knapp anderthalb Milliarden Euro ausgegeben. Wichtigster Zukauf war demnach die Übernahme des portugiesischen Seguradoras Unidas im Oktober, die Generali mit einem Schlag vom Nischenanbieter zur Nummer zwei im Land machte. An Silvester übernahmen die Italiener zudem für 165 Mio. Euro die Griechenland-Tochter der Axa. Die Transaktion soll bis zum Ende des zweiten Quartals 2021 abgeschlossen sein.

Die verbleibenden Gelder sollen laut dem Generali-Chef allerdings auch bald unter die Leute gebracht werden. „Nach der Pandemiekrise wird es neue Gelegenheiten geben“, wurde er im November 2020 im Handelsblatt zitiert. Der Fokus liegt dabei zwar vor allem auf dem europäischen Markt, allerdings hat die Generali auch in Afrika und Asien ihre Position deutlich ausgebaut.

Zurich ist bislang nur mäßig betroffen

Die Zurich wurde bislang den Folgen der Pandemie bislang nur mäßig betroffen. So rechnen die Eidgenossen derzeit mit einer zusätzlichen Belastung durch die Pandemie von rund 450 Mio. US-Dollar. Dabei stiegen die Prämieneinnahmen in den ersten neun Monaten des Geschäftsjahres 2020 um drei Prozent auf 27,26 Mrd. US-Dollar. Aufgrund der schweren Hurrikan-Saison und anderer Wetterkapriolen dürften die Verluste allerdings infolge von Naturkatastrophen um rund zwei Prozentpunkte höher liegen, als dies in der zweiten Jahreshälfte üblich sei, erklärte die Zurich bei der Vorstellung der Q3-Zahlen im November. Ob sich diese Prognose tatsächlich erfüllt, werden die Geschäftszahlen für 2020 zeigen, die nach jetzigem Stand am 11. Februar 2021 veröffentlicht werden sollen.

Gothaer hält an Wachstumsstrategie fest

Die Gothaer indes will trotz Krise ihre gerade erst eingeschlagene neue Wachstumsstrategie beibehalten. Bis 2025 will der Kölner Konzern mit „Ambition25“ in der Kompositversicherung zu den fünf wachstumsstärksten Unternehmen am Markt gehören, in der Lebens- und Krankenversicherung wird ein Wachstum auf Marktniveau angestrebt.

Getragen von einem starken Kompositgeschäft wird der Konzern nach bisherigen Zahlen 2020 sein Beitragsaufkommen von 4,5 Mrd. Euro (plus 0,1 Prozent) behaupten. Infolge der negativen Entwicklung der Kapitalmärkte schrumpft der Konzernüberschuss auf 70 bis 80 Mio. Euro nach 115 Mio. Euro im Vorjahr. Angesichts einer trotz Krise gewachsenen Vertriebsleistung rechnete Vorstandschef Oliver Schoeller für 2021 schon mit einem „positiven Momentum“. Man sei mit den Kunden und Vertriebspartnern „gut zusammengeblieben“.

Rund zwei Prozentpunkte der Schaden- und Kostenquote entfallen seinen Angaben zufolge auf die Aufwendungen in der Betriebsschließungs- und der Veranstaltungsausfallversicherung. Für die BSV wurden 1.230 Schadenmeldungen und 21 Mio. Euro Aufwand genannt. Die Kunden hätten im Wesentlichen die bayerische Lösung akzeptiert, weil man „klare Bedingungen mit einem abgeschlossenen Katalog“ habe.

85 Fälle entfielen bisher auf die „zweite Welle“ – diese seien abgelehnt worden. In der Veranstaltungsausfallversicherung kommt die Gothaer eigenem Bekunden nach auf einen Marktanteil von zehn Prozent. Hier verursachten 191 Fälle – unter anderem ausgefallene Großereignisse wie die Auftritte von Helene Fischer und das Wacken-Festival ­- 30 Mio. Euro Schaden. Die Ausfallversicherung werde 2021 fortgeführt, aber mit Pandemieausschluss, so Schoeller.

DFV will 2021 nach Österreich expandieren

Auch die Deutsche Familienversicherung (DFV) sieht sich vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie weiterhin auf Kurs. So lag das Prämienvolumen 2020 bei 29,3 Mio. Euro (2019: 29,9 Mio.). Wegen des pandemiebedingten Rückgangs in der Auslandskrankenversicherung fiel die Anzahl der bis Ende des Jahres akquirierten Verträge mit 90.389 Policen geringer aus als geplant.

Der Gesamtvertragsbestand stieg Unternehmensangaben zufolge auf rund 553.000 Verträge (2019: 514.000 Verträge). Darin enthalten sind rund 35.988 Verträge aus dem nicht mehr zum Kerngeschäft der DFV gehörenden Elektronikversicherungsgeschäft, die sich derzeit im Run-off befinden.

DFV-Vorstandschef Stefan Knoll gibt sich für 2021 erneut sehr umtriebig. So plant der Frankfurter Versicherer in diesem Jahr die Gründung eines Kranken-, Sach- und Lebensversicherers. Zudem will die Deutsche Familienversicherung im zweiten Quartal 2021 mit einem ausgewählten Produkt in den Versicherungsmarkt des Nachbarlandes Österreich eintreten.

GDV: Versicherer haben 2020 glimpflich überstanden

Die Versicherer scheinen das Geschäftsjahr 2020 im Großen und Ganzen recht glimpflich überstanden zu haben. Nach Angaben des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) schlossen die Versicherungsunternehmen über alle drei Sparten hinweg mit einem Beitragszuwachs von 1,2 Prozent auf 220,1 Mrd. Euro ab. In diesem Jahr sollen die Prämieneinnahmen wieder deutlich steigen.

Nur die BSV-Debatte trübt das Gesamtbild. Dabei gab sich GDV-Präsident Wolfgang Weiler durchaus auch ein wenig selbstkritisch: „Corona hat dabei ein Produkt in die öffentliche Wahrnehmung katapultiert, das bislang nur wenige kannten: die Betriebsschließungsversicherung. Fest steht: Versicherer haben auch hier geleistet – für tatsächlich versicherte Fälle. Doch die Betriebsschließungsversicherung war nie für eine globale Pandemie oder bewusste politische Entscheidungen wie einen Lockdown konzipiert. Vor allem Gastwirte und Hoteliers haben uns unter anderem vorgeworfen, dies in den Bedingungen nicht eindeutig genug formuliert zu haben“.

Dabei seien “Betriebsschließungsversicherungen in Deutschland eigentlich eine Randsparte, die durch die Pandemie in den Fokus der Öffentlichkeit geraten” seien, ergänzt Norbert Rollinger. Was man aber sagen könne: “25 Mio. Euro Beitragseinnahmen bei 20 Mrd. Euro an versicherten Risiken”. Dabei habe die Branche “untere Schätzung” bereits 900 Mio. Euro schon geleistet. Dies laufe, “wenn man richtig rechnet” auf eine Schadenquote von “über 3.000 Prozent” heraus.

Allerdings sei „in der Öffentlichkeit ein Bild entstanden, als würden wir uns hier weigern, unserer Verantwortung gerecht zu werden“. „Entgegen der öffentlichen Meinung ging die überwiegende Zahl nach unseren Erkenntnissen in den überwiegenden Fällen“ zugunsten der Versicherer aus, „wo die Gerichte die Bedingungen für standfest halten“, betont Rollinger.

Die privaten Krankenversicherer (PKV) geben sich trotz Corona auch weiterhin selbstbewusst: So stiegen die Beitragseinnahmen der privaten Krankenversicherungsunternehmen erhöhten sich 2020 um 3,8 Prozent auf 42,6 Mrd. Euro. Davon entfallen 38,4 Mrd. Euro auf die Krankenversicherung (plus 1,5 Prozent). In der Pflegeversicherung lagen die Einnahmen bei 4,2 Mrd. Euro (plus 31,2 Prozent). Im Wesentlichen wurde dies durch Mehrleistungen im Zuge der gesetzlichen Pflegereformen verursacht.

Autor: VW-Redaktion

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