Allianz-Vorstandschef Bäte: „Die Geldpolitik ist dabei, die Sparer zu enteignen“
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Allianz-Chef Oliver Bäte Quelle: Allianz

Wie steht es um die Zukunft der Lebensversicherung? Die Allianz hat sich jedenfalls jüngst von einer hundertprozentigen Beitragsgarantie verabschiedet. Und dennoch: „Die Lebenspolice stirbt nicht aus. Sie ist quicklebendig“, glaubt Allianz-Vorstandschef Oliver Bäte.

Vielmehr sieht der Versicherungsmanager die Politik und die Zentralbanken in der Verantwortung. „Ich bin ehrlich gesagt überrascht, wie wenig politische Unterstützung es gibt für das Thema. Wir konzentrieren uns als Staat vor allem darauf, Geld zu verteilen, das wir eigentlich nicht haben. Weltweit haben wir jetzt eine Staatsverschuldung von mehr als 275 Billionen Dollar erreicht – das heißt, wir sind unfassbar hoch verschuldet. Und irgendwer, wahrscheinlich unsere Kinder, müssen das einmal bezahlen. Das macht es aber umso dringender, dass jeder sich um seine Altersvorsorge kümmert“, betont Bäte im Gespräch mit dem Handelsblatt.

„Ich rechne gerade angesichts der massiven Verwerfungen damit, dass ein paar Wettbewerber, die nicht gut gewirtschaftet haben, ausscheiden. Das gibt es in jeder Industrie.“

Oliver Bäte, Vorstandsvorsitzender der Allianz SE

Auch an der Geldpolitik der Notenbanken lässt der Allianz-Chef kein gutes Haar. „Offen gesagt: Die Geldpolitik ist dabei, die Sparer zu enteignen. Wer Geld spart, der wird entreichert und dessen Rendite umverteilt. Es hieß immer, das sei nicht erlaubt im Euro-Raum – wir tun es als Staatengemeinschaft trotzdem.“ Mit entsprechenden Folgen für die Sparer: Demnach sei das Produkt Lebensversicherung „Ende des 19. Jahrhunderts entwickelt worden, als man noch unterstellt hat, dass die Zinsen am Markt einem natürlichen Marktpreis folgen. Aber diese Regeln sind derzeit außer Kraft gesetzt durch die ultralockere Politik der Zentralbanken.“

Dies habe dazu geführt, „dass das alte Konzept der Lebensversicherung im Neugeschäft nicht mehr funktionieren kann. Es geht nicht mehr, dass wir 100 Prozent der Beiträge absichern können. Denn die Kosten dieser Garantie sind so hoch, dass für den Kunden an Rendite nichts mehr übrig bleibt. Wenn Sie bei einer Staatsanleihe, die negative Renditen abwirft, 106 Euro beim Kauf zahlen und nach zehn Jahren am Ende 100 Euro zurückbekommen wie sollen wir dann 106 Euro garantieren können? Es versteht wohl jeder intuitiv, dass das nicht mehr funktioniert. Ich bemesse unseren Erfolg darum nicht danach, ob die Überschussbeteiligung steigt, sondern ob wir mehr herausholen als andere Versicherer.“

Ob sich mit weniger Sicherheit und mehr Risiko wieder mehr Rendite erzielen lässt, macht Bäte vom Produkt abhängig. „Für ältere Produkte bin ich nicht optimistisch, dass wir mehr machen können, als den Renditeschwund abzumildern. Weil wir durch die Regulierung systematisch gezwungen werden, in festverzinsliche Staatspapiere zu investieren.“ Bei den neuen Produkten versuche man aber, „den Trend sinkender Renditen zu drehen. Unsere Aufgabe muss es dabei sein, das richtige Verhältnis von mehr Rendite bei mehr Risiko hinzukriegen.“

„Wir werden Produkte, die 100 Prozent der eingezahlten Beiträge garantieren, künftig nicht mehr anbieten. Weil wir nicht genügend Rendite aus risikofreien Staatsanleihen erwirtschaften. Das liegt nicht daran, dass das Produkt doof ist.“

Oliver Bäte, Vorstandsvorsitzender Allianz SE

Den Vorwurf, die Aktionäre den Lebensversicherungskunden vorzuziehen, wies der Allianz-CEO hingegen zurück: „Wenn es stimmen würde, dass wir nur unsere Aktionäre bedienen, würde das wohl kaum herauskommen. In unserer Bilanz stehen ungefähr 650 Mrd. Euro Verbindlichkeiten für Lebens- und Krankenversicherung drin. Darauf verdienen wir ungefähr vier Milliarden Euro operatives Ergebnis. Die Marge ist also nicht gigantisch groß.“

Autor: VW-Redaktion

Ein Kommentar

  • Alexander Habesohn

    Einfach nur mehr vom selben – Vorstandsvorsitzender X nörgelt über fehlende Unterstützung durch die Politik (die ihn und sein Unternehmen groß gemacht hat, so nebenbei)
    Jemand, der heute noch nicht bemerkt hat, dass permanentes Wachstum, permanent Verlierer fordert (soweit verständlich und akzeptiert in Europa) und dass heute die Menge der Verlierer höher ist denn seit langem, macht offensichtlich einfach nur schlechte Werbung.

    … und nur, weil ich es als Frechheit empfinde:
    Das Argument: „viele Menschen vertrauen mir als Unternehmen und setzen auf LV-Produkt“ zu verwenden um 4 Milliarden als „wenig“ darzustellen (Äpfel-Birnen) ist einfach nur peinlich in Zeiten wo sich 1000e EinzelunternehmerInnen am Weg in den beruflichen Abgrund bewegen.

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