Branchenpuls: China, Ping An, Swiss Re, Allianz, Commerzbank

Was lässt den Puls der Branche höher schlagen? Quelle: OpenClipart-Vectors auf Pixabay.

Für die Narren dürfte der heutige Rosenmontag ein trauriger Tag sein: Die traditionellen Umzüge in den rheinischen Karnevalshochburgen fallen dieses Jahr dem Corona-Virus zum Opfer. Nicht viel anders dürfte es dem traditionellen chinesischen Neujahrsfest am letzten Freitag ergangen ein. Dem Wirtschaftsboom im Reich der Mitte dürfte die Pandemie aber keinen Abbruch tun. Großer Profiteur ist der Versicherungsgigant Ping An.

Was bisher geschah …

So verkörpert der boomende Süden Chinas wie kaum eine andere Weltregion Innovationskraft und Dynamik. Kein Versicherer ist hier dominanter als Ping An. Auch global sorgt der Konzern für enormes Aufsehen. Mittlerweile nehmen sich europäische Spitzenplayer wie Allianz, Axa oder Zurich ein Vorbild am Unternehmen aus Shenzhen. Mit dem Tempo können sie jedoch kaum schritthalten. Um Ping An zu verstehen, muss man mit ihrem legendären Chef und Mitgründer Ma Mingzhe beginnen. Rund 11.000 Leser haben sich in den vergangenen Tagen bei VWheute über die Hintergründe zum Aufstieg des chinesischen Versicherungskolosses informiert – das Topthema der Woche.

An den globalen Machtverhältnissen dürfte sich jedenfalls in absehbarer Zeit nichts ändern. Laut ifo-Institut hat die Volksrepublik im Jahr 2020 – trotz Corona-Pandemie – ihren Vorsprung als Exportweltmeister gegenüber den USA und Deutschland weiter ausgebaut. So kletterte der Weltmarktanteil Chinas im Warenhandel um 1,5 Punkte auf 14,5 Prozent. Der Anteil der USA sank hingegen um rund einen halben Punkt auf 8,5 Prozent, der von Deutschland um 0,1 Punkte auf acht Prozent.

„China ist deutlich früher aus der Corona-Krise herausgekommen als die westlichen Länder. Zudem stellt das Land viele Waren her, die in der Krise besonders gefragt sind – von Schutzausrüstungen wie Masken bis hin zu Hilfsmitteln für das HomeOffice, etwa Bildschirme und Laptops.“

Christian Grimme, ifo-Experte

Die Zurich Gruppe indes hat in der vergangenen Woche als erster großer Player der Branche ihre Geschäftszahlen für das letzte Jahr veröffentlicht. Die fielen teils deutlich besser aus als von den Analysten erwartet. Unter dem Strich stand coronabedingt ein Reingewinn von rund 3,83 Mrd. US-Dollar – einem Minus von acht Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Schäden durch Covid-19 wie etwa Betriebsunterbrechungen oder der Ausfall von Großveranstaltungen summierten sich Unternehmensangaben zufolge auf 852 Mio. Dollar. Katastrophenschäden schlugen bei dem Schweizer Versicherer mit weiteren 588 Mio. Dollar zu Buche. Die Combined Ratio stieg gegenüber 2019 um zwei Prozentpunkte auf 98,4 Prozent.

Auch manch andere Versicherer und Finanzdienstleister scheint bislang noch recht glimpflich durch die Krise gekommen zu sein. So hat die Talanx das letzte Jahr mit einem Gewinn von 673 Mio. Euro (2019: 923 Mio. Euro) abgeschlossen. Damit übertraf der Konzern immerhin seine eigene Gewinnprognose von 600 Mio. Euro. Ohne Corona hätte der Versicherer sein Rekordergebnis von 2019 aber noch übertroffen. Dabei stellte sich auch die Konzerntochter Hannover Rück als wichtige Stütze heraus. So zeigte sich der Rückversicherer erstaunlich offensiv und coronaresistent.

Die DEVK will ihren Versicherten sogar rund 13 Mio. Euro an Beitragseinnahmen für 2020 zurückerstatten. Demnach sollen für Kunden im allgemeinen Markt eine Rückerstattung in der Kfz-Versicherung erhalten. Mitglieder der DEVK-Vereine wie Mitarbeiter der Deutschen Bahn sollen Beiträge aus der Hausratversicherung zurückbekommen. Für 2020 peilt der Kölner Versicherer einen Gewinn von 70 Mio. Euro an.

Auch die Stuttgarter Leben hat im letzten Jahr bei den Beitragseinnahmen spürbar zugelegt. So stiegen die Beitragseinnahmen um 1,5 Prozent auf 615,1 Mio. Euro (2019: 605,9 Mio. Euro). Bei den laufenden Beitragseinnahmen legte der Versicherer um 0,6 Prozent auf 541,6 Mio. Euro.

Der Wieslocher Finanzdienstleister MLP hat sogar seine eigenen Erwartungen für 2020 übertroffen und rechnet für das abgelaufene Geschäftsjahr mit einem Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) von rund 59 Mio. Euro erzielt. Damit liegt der Konzern über den eigenen Zielsetzungen für das letzte Jahr zwischen 34 und 42 Mio. Euro deutlich übertroffen.

Was diese Woche jeder wissen muss

Am kommenden Freitag veröffentlicht mit der Swiss Re der zweite große Versicherungsplayer aus der Schweiz seine Bilanz für 2020. So hat der Rückversicherer in den vergangenen Monaten spürbar unter der Corona-Pandemie gelitten. Dennoch hält das Unternehmen an seinen bisherigen Finanzzielen fest.

So liege der Fokus auf einer erstklassigen Kapitalausstattung und einer konstanten oder höheren Dividende, hieß es anlässlich des Investorentages im November 2020. In den ersten neun Monaten des laufenden Geschäftsjahres 2020 verbuchte der Rückversicherer unter dem Strich einen Verlust von 691 Mio. US-Dollar. Wesentliche Gründe dafür sind die Schadenbelastungen durch Corona und Naturkatastrophen.

Laut vorläufigen Sigma-Schätzungen des Swiss Re Institute beliefen sich die weltweiten Schäden aus Natur- und Man-made-Katastrophen für die Versicherungswirtschaft auf 83 Mrd. US-Dollar. Damit ist das Jahr 2020 das fünftteuerste Jahr für die Versicherungsindustrie seit 1970, teilen die Schweizer mit.

Auch der deutsche Branchenprimus gibt sich vorsichtig optimistisch. So hat die Corona-Pandemie die Allianz zwar in den vergangenen Monaten schwer getroffen. Bis Ende September hat der Versicherer für die Folgen der Krise etwa 1,3 Mrd. Euro ausgegeben, davon rund 900 Mio. in der Sachversicherung. Konzernchef Oliver Bäte sieht den Höhepunkt nun überschritten.

Allein im dritten Quartal 2020 hatte die Allianz die Analysten mit guten Zahlen überrascht. So hatten die Marktbeobachter im dritten Quartal 2020 mit einem Gewinn von rund 2,64 Mrd. Euro. Am Ende stand das operative Ergebnis von 2,907 Mrd. Euro nur knapp drei Prozent unter dem Vorjahresniveau (Q3: 2,984 Mrd. Euro). „In einem Umfeld, das weiterhin herausfordernd bleibt, haben wir solide Ergebnisse erzielt“, bilanzierte Konzernchef Bäte.

Ob der deutsche Branchenprimus auch für das Gesamtjahr mit guten Zahlen überraschen kann, wird sich ebenfalls am kommenden Freitag zeigen. Analysten erwarten laut einem Bericht der Börsen-Zeitung im Schnitt für das vierte Quartal einen operativen Gewinn von 2,75 Mrd. Euro auf Vorjahreshöhe erwarten. Damit würde der Jahreswert 10,5 Mrd. Euro betragen. Zum Vergleich: Die im April gestrichene Prognose betrug eine Gewinnspanne von 11,5 bis 12,5 Mrd. Euro.

Mit der Bilanzpressekonferenz geht die Allianz auch auf die Schlussetappe ihres Dreijahresplans 2018 bis 2021 zu. Demnach sollte unter anderem der Gewinn pro Aktie in diesem Zeitraum um mindestens fünf Prozent pro Jahr steigen. Zudem wurde das jüngste Aktienrückkaufprogramm nach der Hälfte des Gesamtvolumens von 1,5 Mrd. Euro eingestellt. Eine Neuauflage scheint jedoch pandemiebedingt vorerst unwahrscheinlich.

Was über die Branchengrenzen hinaus wichtig ist

Ähnlich ehrgeizig ist jedenfalls auch das Konzernumbauprogramm des ehemaligen Allianz-Managers Manfred Knof, der nunmehr als Chef der Commerzbank das zweitgrößte Kreditinstitut Deutschlands wieder in profitable Sphären bringen soll. Das selbstgesteckte Ziel: Im laufenden Jahr will das Institut nun wieder über die Nulllinie kommen und 2024 dann einen Betriebsgewinn von 2,7 Mrd. Euro erzielen.

„Wir wollen nachhaltig profitabel werden und unsere Zukunft als eigenständige Kraft im deutschen Bankenmarkt selbst gestalten.“

Manfred Knof, Vorstandsvorsitzender der Commerzbank

Müßig zu erwähnen, dass Corona auch in dieser Woche wieder das politische und gesellschaftliche Geschehen bestimmen wird. Der Lockdown soll nun – wie schon erwartet – bis 7. März 2021 verlängert werden. Allerdings hält die Bundesregierung mögliche Öffnungen der Geschäfte schon vor diesem Datum für möglich. Voraussetzung: Ein stabiler Insidenzwert von weniger als 35.

Dennoch sorgen die Beschlüsse der Politik in der Wirtschaft zunehmend für Unmut. Sollten die Einzelhandelsgeschäfte weiterhin geschlossen bleiben und staatliche Hilfen nicht massiv ausgeweitet werden, stünden viele Händler unweigerlich vor dem Aus, rechnete HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth dieser Tage medienwirksam vor.

„Hier sagen 20 Prozent der Unternehmen: wenn jetzt keine weiteren Hilfen im ersten Halbjahr erfolgen, dann werde ich mein Geschäft aufgeben müssen. Und wenn weitere Hilfen nicht erfolgen, sagen 37 Prozent, dass sie im zweiten Halbjahr ihr Geschäft aufgeben müssen. 57 Prozent ist eine enorme Zahl. Wenn hier mehr als jedes zweite Geschäft aufgeben müsste, dann können Sie sich vorstellen, wie die Innenstädte aussehen, die Versorgungsstruktur aussieht. Wir gehen mindestens von 250.000 Arbeitsplätzen aus, die verlorengehen würden“, rechnete der Verbandchef vor.

Wenig verwunderlich, dass auch der Kreditversicherer Euler Hermes eine düstere Prognose für 2021 zieht. Nach dessen Einschätzung werde in der zweiten Jahreshälfte 2021 zusammen mit dem allmählichen Auslaufen der staatlichen Unterstützungsmaßnahmen für Unternehmen ein Wiederanstieg der lange ausbleibenden Insolvenzen in zahlreichen Ländern einsetzen.

Dabei dürfte die breit angelegte Verlängerung der „temporären“ Unterstützungsmaßnahmen bis 2021 dürfte laut Euler Hermes die Insolvenzen länger künstlich niedrig halten. „Jede neue Verlängerung in Bezug auf den Zeitpunkt oder das Ausmaß würde zu einem veränderten Ausblick führen, mit weniger Insolvenzen auf kurze Sicht, aber mehr Insolvenzen auf lange Sicht aufgrund der verstärkten ‚Zombifizierung“ von Unternehmen“, konstatiert der Euler Hermes.

Wie sehr die staatlichen Corona-Hilfen die aktuellen Insolvenzzahlen in Deutschland verzerren, zeigt eine aktuelle Analyse von Coface. Demnach haben die staatlichen Stützmaßnahmen den eigentlichen Anstieg daher nicht nur ausgeglichen, sondern überkompensiert. Ein ähnliches Bild zeige sich nicht nur in Deutschland, sondern in fast allen Ländern, in denen Coface die Insolvenzen betrachtet – allerdings mit wenigen Ausnahmen. Lediglich die Türkei (tatsächlicher Insolvenzanstieg um 14 Prozent in 2020) und Island (23 Prozent) gleichen den Anstieg der Insolvenzen nicht vollständig durch staatliche Maßnahmen aus.

Auch für 2021 rechnen die Coface-Experten mit einer ähnlichen Entwicklung. Denn bereits jetzt ist klar, dass in vielen Staaten die Maßnahmen bis weit ins Jahr 2021 laufen. Der Blick auf die Realität bleibt also weiterhin so lange verschleiert, wie der Patient Wirtschaft am Tropf der staatlichen Maßnahmen hängt. Eine Insolvenzprognose für 2020 will der Kreditversicherer dennoch nicht abgeben.

Von der Absage der heutigen Rosenmontagsumzüge sind die Versicherer bislang allerdings kaum betroffen. Der wirtschaftliche Schaden ist dennoch immens: So schätzt das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) den Schaden für die deutsche Wirtschaft durch die Karnevalsabsage auf rund 1,5 Mrd. Euro.

Autor: Tobias Daniel

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