Coface: Staatliche Hilfen lassen Unternehmensinsolvenzen deutlich sinken

Quelle: Bild von Gerd Altmann auf Pixabay

Die staatlichen Corona-Maßnahmen für die Unternehmen haben sich positiv auf die Insolvenzzahlen ausgewirkt. Nach Angaben des Kreditversicherers Coface sind die Insolvenzen in Deutschland um 15 Prozent gesunken.

Demnach haben die staatlichen Stützmaßnahmen den eigentlichen Anstieg daher nicht nur ausgeglichen, sondern überkompensiert. Ein ähnliches Bild zeige sich nicht nur in Deutschland, sondern in fast allen Ländern, in denen Coface die Insolvenzen betrachtet – allerdings mit wenigen Ausnahmen. Lediglich die Türkei (tatsächlicher Insolvenzanstieg um 14 Prozent in 2020) und Island (23 Prozent) gleichen den Anstieg der Insolvenzen nicht vollständig durch staatliche Maßnahmen aus.

Auch für 2021 rechnen die Coface-Experten mit einer ähnlichen Entwicklung. Denn bereits jetzt ist klar, dass in vielen Staaten die Maßnahmen bis weit ins Jahr 2021 laufen. Der Blick auf die Realität bleibt also weiterhin so lange verschleiert, wie der Patient Wirtschaft am Tropf der staatlichen Maßnahmen hängt. Eine Insolvenzprognose für 2020 will der Kreditversicherer dennoch nicht abgeben.

„2020 hat gezeigt, dass klassische Insolvenzprognosen nicht mehr greifen. Sie werden mit Modellen errechnet, die funktionierende Marktkräfte unterstellen. Wenn der Staat, wie zum Beispiel in Deutschland, in den Markt eingreift, indem immer wieder die Insolvenzantragspflicht ausgesetzt wird und gleichzeitig Regierung und Zentralbank in nie dagewesenem Umfang die Wirtschaft unterstützen, sind Modellprognosen schlicht nicht mehr möglich.“

Christiane von Berg, Chefvolkswirtin von Coface Deutschland

Die Automobilbranche in Deutschland bleibe aber ein Sorgenkind. „Denn die Probleme, die es vor der Pandemie gab, haben sich nicht in Luft aufgelöst. Aber der extreme Produktions- wie auch Nachfrageeinbruch weltweit hat sich etwas gelegt“, sagt Coface-Chefvolkswirtin Christiane von Berg. Gerade die chinesischen Kunden fragten besonders deutsche Premiummodelle verstärkt nach. Ein neues Negativ-Thema werde dagegen der Lieferengpass bei den für die Elektronik notwendigen Chips sein. Positiver sieht es nach Ansicht von Coface für die Chemiebranche aus.

Insgesamt bleibe die Länderrisikoeinschätzung von Deutschland auch Anfang 2021 zunächst bei A3. „Es gab im Verlauf der Pandemie Momente, in denen die Daten für eine bessere Länderrisikonote gesprochen hätten. Aber gerade der zweite Lockdown und die erneut einbrechende Konjunktur zeigen, dass man den Tag nicht vor dem Abend loben sollte. Erst wenn die Impfungen weit fortgeschritten sind und die Pandemie unter Kontrolle ist, ergibt eine Anhebung Sinn“, ergänzt die Ökonomin.

„Wir erwarten für 2021 keine Insolvenzwelle“

„Insolvenzprognosen sind zurzeit sehr schwierig, weil wir nicht wissen, wie sich die staatlichen Stützungsmaßnahmen entwickeln werden. Unsere Volkswirte haben ausgerechnet, dass basierend auf der Konjunkturentwicklung die Insolvenzen im vergangenen Jahr eigentlich um neun Prozent hätten steigen müssen“, ergänzt Jochen Böhm, Regional Risk Underwriting Director bei Coface Deutschland.

„Es ist nicht im Interesse unserer Kunden, dass wir Limite künstlich aufrechterhalten, denn über den Selbstbehalt entstehen ihnen auch Schäden, wenn ein Abnehmer ausfällt. Aber: Die Lage kann sich ändern, wenn sich die Pandemie noch einmal zuspitzt – Stichwort Mutationen.“

Jochen Böhm, Regional Risk Underwriting Director bei Coface Deutschland

So zeige die aktuelle Entwicklung, „wie verzerrt die Situation ist. Generell kann man aber sagen: Wir erwarten für 2021 keine Insolvenzwelle, sondern ein selektives Ansteigen der Insolvenzen mit unterschiedlicher Intensität in unterschiedlichen Branchen“, betont der Experte im Interview mit der Online-Ausgabe des Finanzmagazins DerTreasurer.

Allerdings sei es „nicht in unserem Sinne, den Schutzschirm erneut zu verlängern. Wir haben das damals gemacht, weil wir unserer volkswirtschaftlichen Verantwortung gerecht werden wollten. Auch in einer Krise ist es aber unser oberster Auftrag, Risiken gemeinsam mit den Kunden zu steuern“.

So verwundert es auch nicht, dass 2020 für die Kreditversicherer nur auf den ersten Blick ein gutes Jahr war. Denn die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht für zahlungsunfähige (bis 30. September) und überschuldeter Firmen (bis 31. Dezember) verzerre die Zahlen: So sinkt die auf Basis der ersten Quartale hochgerechnete Schaden- und Kostenquote 2020 auf 76 Prozent (2019: 88 Prozent).

„Die deutsche Wirtschaft schiebt seit Monaten eine Welle von Insolvenzen vor sich her“, warnte Thomas Langen, Vorsitzender der Kommission Kreditversicherung im Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), im Dezember 2020 vor der Presse. „Erst wenn ab Januar sowohl überschuldete als auch zahlungsunfähige Unternehmen wieder einen Insolvenzantrag stellen müssen, werden wir erkennen, wie groß dieser Anstieg ist und welche wirtschaftlichen Verwerfungen die Corona-Pandemie tatsächlich angerichtet hat.“

Autor: VW-Redaktion

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