Bewegtes Jahr: Durchkreuzt 2020 die Langfristpläne des Big Players Zurich?

Konzernsitz der Zurich. Quelle: Zurich

Die Zurich Gruppe veröffentlicht heute als erster großer Player der Branche ihre Geschäftszahlen für das abgelaufene Jahr. Wie groß sind die Spuren der Corona-Pandemie in der Bilanz des Schweizer Versicherers, etwa mit Blick auf Betriebsschließungen oder Zahlungen in der Reiseversicherung? Wie hart trafen weltweite Naturkatastrophen das Geschäft? Obwohl die Gewinne fallen werden deutet vieles darauf hin, dass die Bilanz der Zurich stark genug ist, um die Ereignisse zu schultern. Ein deutscher Top-Manager hat seinen Anteil daran.

Zurich schreibt 2020 einen Gewinn von rund 3,83 Mrd. US-Dollar

Die Zurich hat im letzten Jahr wie erwartet durch die Folgen der Corona-Krise einen deutlichen Gewinneinbruch hinnehmen müssen. Am Jahresende stand unter dem Strich ein Reingewinn von rund 3,83 Mrd. US-Dollar – einem Minus von acht Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Schäden durch Covid-19 wie etwa Betriebsunterbrechungen oder der Ausfall von Großveranstaltungen summierten sich Unternehmensangaben zufolge auf 852 Mio. Dollar. Katastrophenschäden schlugen bei dem Schweizer Versicherer mit weiteren 588 Mio. Dollar zu Buche. Die Combined Ratio stieg gegenüber 2019 um zwei Prozentpunkte auf 98,4 Prozent.

Glaubte man der Einschätzung einiger Analysten, dürfte sich der Reingewinn für 2020 auf etwa 2,959 Mrd. US-Dollar (2019: 4.147 Mrd. US-Dollar) belaufen. Dabei dürften vor allem die Zahlungen für coronabedingte Firmenschließungen und die Folgen der Naturkatastrophen im letzten Jahr deutliche Spuren hinterlassen. So rechnen die Ökonomen für 2020 mit einer Schaden-Kostenquote von rund 98,5 Prozent (2019: 96,4 Prozent).

Bislang ist die Zurich stabil durch die Krise gekommen: So stiegen die Prämieneinnahmen in den ersten neun Monaten des Geschäftsjahres 2020 um drei Prozent auf 27,26 Mrd. US-Dollar. Aufgrund der schweren Hurrikan-Saison und anderer Wetterkapriolen dürften die Verluste allerdings infolge von Naturkatastrophen um rund zwei Prozentpunkte höher liegen, als dies in der zweiten Jahreshälfte üblich sei, erklärte Zurich. Die Schäden durch die Corona-Pandemie beziffern die Schweizer unverändert auf 450 Mio. US-Dollar.

In der Lebensversicherung gingen die Prämieneinnahmen im gleichen Zeitraum deutlich um 19 Prozent auf 2,57 Mrd. US-Dollar zurück. Allerdings verzichtet die Zurich auf eine Gesamtprognose für das Gesamtjahr. “Ich kann Ihnen keine Prognosen für das vierte Quartal oder die Zeit in 2021 hinein geben. Aber es ist heute unsere beste Schätzung, entsprechend dem, was wir an Reaktionen von Regierungen und wahrscheinlichen Auswirkungen sehen. Wir erwarten davon keine bedeutenden Auswirkungen auf die Gruppe”, konstatierte Finanzvorstand George Quinn bei der Vorstellung der Q3-Zahlen im November.

Grecos Sanierungskurs trägt Früchte

Die zweite Pandemiewelle dürfte nur zu einer geringfügig höheren Belastungen im Sachgeschäft führen, da Deckungen für Betriebsschließungen reduziert oder gar eliminiert worden seien, erklärte Finanzchef Quinn im November 2020. Dafür erwartet die Zurich höhere Verluste aus Hurrikan- und anderen Wetterereignissen. Bis dato fällt die Bilanz von Konzernchef Mario Greco bislang eher gemäßigt aus: Demnach sei „es gelungen, die Folgen der Pandemie besser zu managen, als wir in diesen Szenarien erwartet haben“.

„Die letzte weltweite Pandemie war die Spanische Grippe. Basierend auf dieser Erfahrung hatten wir unsere Modelle geformt. In unseren Szenarien rechneten wir mit schlimmeren Verläufen und mehr Fällen. Rückblickend ist es gelungen, die Folgen der Pandemie besser zu managen, als wir in diesen Szenarien erwartet haben“, konstatiert der Italiener jüngst im Gespräch mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ). Für die Versicherer hätte dies bedeutet: „Mehr Tote, höhere Schäden, höhere Verluste. Wir hatten immer noch zu viele Tote, aber es waren weniger, als wir es in der Geschichte erlebt haben.“

Zudem zehre die Corona-Pandemie „an den Gewinnen, aber nicht am Kapital. Wir werden das überleben. Die Branche wird das nicht stark verändern, es wird keine Insolvenzen geben. In den Ergebnissen von 2020 wird die Pandemie jedoch ihre Spuren hinterlassen. Wir müssen Schäden durch Lockdowns oder andere Folgen auszahlen. Wir durchleben aber gleichzeitig eine technische Revolution und eine geografische Neubalancierung in Richtung Asien und China. Covid hat diese beiden Trends nochmals beschleunigt“.

Dass die Zurich bislang glimpflich durch die Krise gekommen ist, verdankt sie auch dem harten Sanierungskurs ihres Konzernschefs. Der gebürtige Italiener hat das Schweizer Flaggschiff in den vergangenen Jahren kräftig durcheinander gewirbelt: Die Führungsstruktur hat „Iron Mario“ verschlankt, die Löcher im kriselnden US-Geschäft gestopft, das Sparprogramm von 1,5 Mrd. Franken bis 2019 praktisch erfüllt. Mittlerweile hat Greco die Sachsparte wieder auf gesunde Füße gestellt – so gesund, dass die Zurich noch kurz vor Jahresende in den USA das Schaden- und Unfallversicherungsgeschäft von Metlife übernommen hat.

Indes haben sich die Schweizer aus Projekt Nordstream 2 – wegen der neuerlichen US-Sanktionen – zurückgezogen. Der Zurich scheint das Projekt offensichtlich wohl zu heiß geworden zu sein.

Wie schlägt sich die Deutschland-Tochter?

Auch bei der Deutschland-Tochter scheint das Programm aus Kulturwandel und Neuausrichtung der Strategie bislang Früchte zu tragen. „In den letzten drei Jahren haben wir gemeinsam viel in Bewegung gesetzt und konnten zahlreiche Erfolge für uns verbuchen. Geschäftlich ist es uns gelungen, das Schiff zu drehen. Wir wachsen wieder, und zwar deutlich schneller als der Markt. Das kombinierte Programm aus Kulturwandel auf der einen und Neuausrichtung der Strategie auf der anderen Seite funktioniert“, betonte Deutschlandchef Carsten Schildknecht jüngst im Exklusiv-Interview mit der Versicherungswirtschaft.

Auch beim Management der Thomas-Cook-Pleite fällt die Bilanz eher positiv aus: „In der Rückschau kann ich sagen, dass wir die uns betreffenden Folgen der Insolvenz von Thomas Cook insgesamt recht gut gemanagt haben. Als Versicherer für die Reisesicherungsscheine sind wir von Anfang an aktiv auf die Thomas-Cook-Kunden zugegangen und haben nicht gewartet, bis die Schäden eingereicht werden. Wir haben unsere Pflicht erfüllt und hatten damals die Rückführung von fast 140.000 Reisenden innerhalb von rund zwei Wochen sichergestellt.“

Welche Folgen die Pandemie auf die Geschäftsbilanz haben wird, scheint allerdings noch nicht ganz absehbar zu sein. So hat die Zurich Deutschland im ersten Halbjahr 2020 noch einen Gewinn von 150,9 Mio. Euro erzielt. Dies entspricht einem Minus von 10,8 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Der Versicherer begründet dies vor allem mit den Auswirkungen der Corona-Pandemie.

Die Schaden-Kostenquote lag in den ersten sechs Monaten des Jahres mit 95,9 Prozent insgesamt 2,1 Prozentpunkte höher als im Vorjahreszeitraum. Gleichzeitig stiegen die Bruttobeitragseinnahmen gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 8,2 Prozent auf insgesamt 3,106 Mrd. Euro (HJ 2019: 2,872 Mrd. Euro).

Trotzdem betont Schildknecht: „Die Pandemie wird sich – je länger sie dauert – auch in den Zahlen abbilden. Aber nicht substanziell – unsere Basis ist solide. Natürlich spürt man den Lockdown auch in der Herangehensweise an neue Projekte. Andererseits werden durch ihn auch neue Arbeitsweisen und Technologien beschleunigt, was sich sicher positiv auf die Arbeitswelten und Erfolge der Zukunft auswirken wird.

An den bis Ende 2022 gesetzten Finanzzielen dürfte bei der Zurich trotz Corona-Pandemie nicht gerüttelt werden. Unter anderem strebt die Gruppe auf dem Betriebsgewinn (BOP) eine Kapitalrendite von „über 14 Prozent“ an.

Autor: VW-Redaktion

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