Branchenpuls: PKV, Allianz, Ecclesia, Lebensversicherung, Commerzbank

Was lässt den Puls der Branche höher schlagen? Quelle: OpenClipart-Vectors auf Pixabay.

Was hat die Branche in der vergangenen Woche bewegt? Und welche Themen dominieren in dieser Woche die Agenda? Ab heute brieft Sie die VWheute-Redaktion immer montags über die Ereignisse der Woche und zieht Bilanz der letzten sieben Tage.

Was bisher geschah …

Zweistellige Millionenforderungen, „Heilungsversuche“ und heikle Fragen beschäftigen noch immer die Juristen, wenn es um die Frage der Prämienerhöhungen in der privaten Krankenversicherung geht. So hatte der Bundesgerichtshof (BGH) zwar im Dezember 2020 über die Prämienerhöhung in der privaten Krankenversicherung (PKV) geurteilt. Die Entscheidung dürfte allerdings gravierende Folgewirkungen für die privaten Krankenversicherer haben. Allein die Kanzlei Pilz hat 2.000 weitere Klagen anhängig und spricht von „über 5.000 Euro zuzüglich Zinsen“ als „durchschnittlichen Rückerstattungsbereich“. Zweifelsohne das Topthema der vergangenen Woche mit mehr als 40.000 Klicks bei VWheute.

Zu einem teuren Vergnügen sind allerdings auch die Altbestände in der Lebensversicherung geworden. So überrascht es natürlich nicht, dass die Branche nun an jeder Stellschraube dreht, um die Kosten angesichts dauerhaft niedriger Zinsen weiter nach unten zu drücken. Aktuelles Beispiel: Die Allianz will nun die Treuhänderklausel nutzen, um den Rentenfaktor bei rund 750.000 Policen zu senken. Die Aussichten der Kunden für einen erfolgreichen Widerspruch scheinen indes gering.

Widerspruch gibt es hingegen wieder einmal beim Thema Riester. Jüngstes Beispiel: Versicherungs-Youtuber Stephan Peters polterte dieser Tage in seinem neuesten Video gegen die viel gescholtene Altersvorsorge mit staatlicher Unterstützung. Das Urteil der VWheute-Redaktion: Einiges ist nah am Pennälerhumor, doch überwiegend ist das Video witzig und lehrreich. Der heimliche Held des Geschehens ist aber Hermann-Josef Tenhagen.

Zu heimlichen Helden könnten indes auch Frauen in den Führungsetagen werden. Noch immer ist das weibliche Geschlecht in den Vorstandsetagen deutlich unterrepräsentiert. Die Versicherungsbranche gibt dabei bekanntlich kein gutes Beispiel ab. Allerdings besteht noch Grund zur Hoffnung: So dürfte die Pandemie auch „das Arbeitsleben von Frauen nachhaltig verändern“, konstatiert Imke Brammer-Rahlfs, Vorständin der Uelzener Versicherung. Politische Unterstützung gibt es dabei durch das geplante Zweite Führungspositionen-Gesetz von Bundesfrauenministerin Franziska Giffey (SPD), wonach Vorstände mit mehr als drei Mitgliedern mindestens eine Frau berufen müssen.

Wichtiges Thema war jüngst auch die Shopping-Tour des Detmolder Versicherungsmaklers Ecclesia. Einen Tag nach dem Einstieg beim britischen Versicherungsmakler LIVA Partners gab die Holding die Beteiligung an der Xolv Gruppe bekannt. Das Unternehmen befinde sich, wie es selbst berichtet, in einem permanenten Wachstumsmodus.

Was diese Woche jeder wissen muss

Die Zukunft um die Lebensversicherung wird die Branche jedenfalls weiter beschäftigen. So würden die „Lebensversicherer auf ein gutes Jahr 2020 zurück, was im März oder April keiner geglaubt hätte. Die Geschäfte sind ordentlich gelaufen, die Storni sind zwar leicht angestiegen, aber immer noch im Rahmen, und auf der Kapitalanlageseite sind die Unternehmen ohne größere Blessuren durch das Jahr gekommen“, konstatierte DAV-Vorstandschef Guido Bader jüngst im Interview mit der Börsen-Zeitung. Wie es allerdings um die Überschussbeteiligungen und Garantien 2021 steht, wird die Ratingagentur Assekurata am Dienstag in ihrer neuen Marktstudie zeigen.

Eine weitere wichtige Frage dieser Tage: Wie steht es um die Geschäfte der Versicherer? BSV-Schäden, Absagen von Großveranstaltungen, Imageprobleme. 2020 war für die Versicherer ein Problemjahr. Mit Beginn der Berichtssaison in diesem Monat wird sich auch im Zahlenwerk zeigen, welche konkreten Spuren die Pandemie in den Bilanzen hinterlassen wird.

Am Donnerstag öffnet mit der Zurich ein erster großer Player seine Geschäftsbücher für eine Bilanz des zurückliegenden Pandemie-Jahres. Dabei sind die Eidgenossen bislang den Folgen der Pandemie bislang nur mäßig betroffen. So rechnet der Konzern derzeit mit einer zusätzlichen Belastung durch die Pandemie von rund 450 Mio. US-Dollar. Dabei stiegen die Prämieneinnahmen in den ersten neun Monaten des Geschäftsjahres 2020 um drei Prozent auf 27,26 Mrd. US-Dollar. Der strikte Konsolidierungskurs von Mario Greco scheint sich bislang jedenfalls ausgezahlt zu haben. Die Führungsstruktur des Schweizer Versicherers ist schlanker, das Sachgeschäft gesünder, sogar prominenten Personalzugänge gelingen. Und doch hat „Iron Mario“ noch nicht genug.

Was über die Branchengrenzen hinaus wichtig ist

Dass harte Rosskuren auch in Führungsetagen auf wenig Gegenliebe stoßen zeigt übrigens der Blick in die Bankenbranche. So billigte der Aufsichtsrat der Commerzbank am Mittwochabend in einer Sondersitzung mehrheitlich die Sparpläne von Vorstandschef Manfred Knof (55). So soll der ehemalige Allianz-Manager das zweitgrößte Kreditinstitutes in Deutschland mit weiteren harten Einschnitten fit machen für eine erfolgreichere Zukunft. Weltweit sollen 10.000 Vollzeitstellen gestrichen werden, in Deutschland halbiert das Institut die Zahl seiner Filialen von 790 auf 450.

Zudem will Knof die Commerzbank wieder profitabler machen. Wie nötig das ist, zeigen die Geschäftszahlen – so endete das Geschäftsjahr 2020 mit tiefroten Zahlen: Nach vorläufigen Zahlen liege der Konzernverlust bei knapp 2,9 Mrd. Euro. Darin enthalten sind 800 Millionen der insgesamt 1,8 Mrd. Euro Aufwendungen für den Konzernumbau, berichtete das Manager-Magazin. Belastet werde das Jahresergebnis 2020 zudem dadurch, dass das Institut 1,5 Mrd. Euro abschreibt, weil sich übernommene Geschäfte der Dresdner Bank und der polnischen MBank nicht so gut entwickelten hätten.

Dass ein solch einschneidender Sanierungskurs dennoch Früchte tragen kann, zeigte jüngst die Deutsche Bank: Erstmals seit Jahren schrieb Deutschlands größtes Bankhaus 2020 mit 115 Mio. Euro wieder einen kleinen Gewinn. Ironie der Geschichte: Gerade dank der Investmentsparte entwickelte sich die Deutsche Bank zu einer Profiteurin der Corona-Krise.

Über den weiteren Kurs in der Corona-Politik entscheidet jedenfalls an diesem Mittwoch wieder die berühmt-berüchtigte Ministerpräsidenten-Konferenz mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Im Mittelpunkt der Schaltkonferenz steht erneut die Frage, ob der aktuell geltende harte Lockdown über den 14. Februar hinaus verlängert wird. Zudem soll bis zu dem Treffen ein „nationaler Impfplan“ vorliegen, um mehr Berechenbarkeit und Verlässlichkeit bei den Impfstofflieferungen zu erreichen.

In der Bevölkerung wächst jedoch zunehmend der Unmut über den Umgang der Politik mit der Pandemie. Dies befeuere zunehmend die Furcht der Deutschen vor einer Rezession und immer wiederkehrenden Lockdowns bis zum Ende der Impfungen, heißt es in einer Sonderbefragung zur R+V-Studie „Die Ängste der Deutschen“ Ende Januar 2021.

„Der Widerstand gegenüber den staatlichen Beschlüssen zur Pandemie-Bekämpfung wächst. Dass viele Kritiker ihren Unmut äußern, indem sie die Corona-Maßnahmen ignorieren, löst bei vielen Menschen große Ängste aus.“

Manfred G. Schmidt, Politikwissenschaftler von der Ruprecht-Karls-Universität in Heidelberg

Uneinigkeit herrscht in der Politik auch in der Frage möglicher Lockerungen. Während die Kanzlerin in einem Interview mit den Fernsehsendern RTL und NTV erneut die Hoffnungen auf eine zeitnahe Lockerung der Corona-Beschränkungen gedämpft hat, drängen einige Ministerpräsidenten aber nun auf Pläne für Lockerungen ab Mitte Februar.

So arbeitet Thüringens Landesregierung nach Angaben von Ministerpräsident Bodo Ramelow (Die Linke) an einem Corona-Stufenplan, der in dieser Woche vorgestellt und im Landtag verabschiedet werden soll. Dabei orientiere sich der Freistaat  an den Ländern Schleswig-Holstein und Niedersachsen, die bereits Stufenpläne vorgestellt haben. Ob sich die Kanzlerin mit den übrigen 16 Regierungschef dabei auf einen bundesweiten Fahrplan einigen kann, ist bislang aber noch offen.

Autor: Tobias Daniel

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