Uelzener-Vorständin Imke Brammer-Rahlfs: „Wenn sich Frauen und Männer identisch verhalten, dann wird das Verhalten oft nicht gleich bewertet“

Imke Brammer-Rahlfs. Quelle: Uelzener Versicherung

Die Corona-Pandemie hat das Arbeiten in der Versicherungsbranche spürbar verändert. „Das stärkere digitale und mobile Arbeiten wird bleiben. Allerdings haben wir in diesem Jahr auch festgestellt, dass es für die Mitarbeiter ebenso wichtig ist, den sozialen Kontakt zu halten“, konstatiert Imke Brammer-Rahlfs, Vorständin der Uelzener Versicherung. Zudem dürfte die Pandemie auch „das Arbeitsleben von Frauen nachhaltig verändern“.

„Aus den Teams heraus kamen Anregungen zu einer virtuellen Kaffee- oder Mittagspause und Telefonmeetings während eines Spaziergangs an der frischen Luft. Das macht den Kopf frei und verbindet zugleich. Der Anspruch an Führungskräfte, den Kontakt zu den Mitarbeitern zu halten, ist übrigens spürbar größer geworden. Zugleich müssen unsere Führungskräfte auf die Work-Life-Balance unserer Mitarbeiter achten“, betont die Versicherungsmanagerin.

Zudem werde die Pandemie auch „das Arbeitsleben von Frauen nachhaltig verändern“, ergänzt Brammer-Rahlfs: „Viele Arbeiten lassen sich jetzt von zu Hause aus oder mobil erledigen – es bedarf keines langen Weges zur Arbeitsstelle. Das bringt besonders dann Vorteile mit sich, wenn eine Frau oder ein Mann Kind und Karriere verbinden möchte. Bei uns ist die Familie kein Hinderungsgrund für die Karriere und damit sind wir als Unternehmen sehr gut aufgestellt. Zudem hat die Digitalisierung auch bei uns neue Berufsfelder geschaffen. Auch das bedeutet für Frauen weitere Chancen auf dem Arbeitsmarkt.“

„Im Netzwerken haben Frauen sicher noch Nachholbedarf. Da sind Männer häufig besser unterwegs bzw. legen mehr Wert darauf. Außerdem ist meine Erfahrung, dass Frauen oft mehr Selbstzweifel und weniger Selbstbewusstsein haben könnten, was die eigenen Fähigkeiten betrifft. Was mir auffällt: Viele Frauen stehen sich auch mit ihrem Perfektionismus im Weg. Doch man kann es einfach nicht allen Recht machen. Entscheidend für den Weg an die Spitze sind die Soft-Skills, ein starker Wille und eine klare Lebensplanung.“

Imke Brammer-Rahlfs, Vorständin der Uelzener Versicherung

Zudem habe ihre Erfahrung gezeigt, „dass Unterschiede im Führungsstil weniger am Geschlecht, sondern vielmehr mit der jeweiligen Persönlichkeit zu tun haben. Was ich bei anderen Unternehmen oder in der Branche aber schon feststelle: Wenn sich Frauen und Männer identisch verhalten, dann wird das Verhalten oft nicht gleich bewertet. Dort, wo einem Mann eher Durchsetzungsstärke oder Macher-Qualitäten zugeschrieben werden, wird das Verhalten einer Frau zuweilen als zickig bewertet. Und das Aussehen ist bei Frauen oft wichtig. Bei Männern dagegen kaum. Und als Frau darf man sich häufig weniger Blöße geben.“

Derzeit liegt der Frauenanteil in Vorständen oder Geschäftsführungen von Unternehmen der DAX-Gruppen bei rund neun Prozent. Zwischen den verschiedenen DAX-Gruppen fällt der Frauenanteil unterschiedlich hoch aus: DAX-30-Unternehmen haben mit 14,7 Prozent (2019) einen höheren Frauenanteil als Vorstände von MDAX- (8,9 Prozent), SDAX- (5,8 Prozent) und Tec-DAX-Unternehmen (9,2 Prozent).

Quelle: Statista

Geht es nach Bundesfrauenministerin Franziska Giffey (SPD), soll der Frauenanteil in den Vorständen börsennotierter Unternehmen erhöht werden. Demnach sieht das Zweite Führungspositionen-Gesetz unter anderem vor, dass Vorstände mit mehr als drei Mitgliedern mindestens eine Frau berufen müssen. Einen entsprechenden Entwurf hat das Bundeskabinett bereits Anfang Januar 2021 verabschiedet. Giffey nannte dies einen „Meilenstein für mehr Frauen in Führungspositionen“.

„Frauen sind vielleicht manchmal noch Pionierinnen. Diversität macht Unter­nehmen erfolgreicher, weil vielfältige Sichtweisen zu qualifizierten Debatten und damit besseren Entscheidungen führen. Das ist nicht nur meine Überzeugung, sondern mittler­weile auch empirisch erwiesen. Gleichförmigkeit und Konformität führen zu Stagnation. Für echte Entwicklung und Kreativität braucht es Vielfalt und Kontroversen.“

Annabritta Biederbick, Vorständin der Debeka

Allerdings verdienen Frauen in börsennotierten Unternehmen laut einer Analyse der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young (EY) mehr als ihre männlichen Kollegen. Bei MDAX-Unternehmen fällt die Differenz bei der jährlichen Gesamtdirektvergütung mit über 100.000 Euro am größten aus. Weibliche Vorstände von SDAX-Unternehmen verdienen im Schnitt 70.000 Euro mehr als ihre männlichen Kollegen.

Bei DAX-Unternehmen ist der Unterschied vergleichsweise gering: So verdiente ein weibliches DAX-30-Vorstandsmitglied im Jahr 2019 im Mittel 2,93 Mio. Euro, bei den Männern waren es 2,9 Mio. Euro – ein Unterschied von 30.000 Euro. Vor fünf Jahren verdienten weibliche Vorstandsmitglieder in Unternehmen aus allen drei Indizes im Schnitt noch weniger als Männer.

Autor: VW-Redaktion

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