Versicherungskarrieren und Corona: Wer kommt nach oben, wer fällt zurück?

Markus Rieß, Ergo; Oliver Bäte, Allianz; Norbert Rollinger, R+V ;Immo Querner, Talanx (v.l.o. im Uhrzeigersinn)

Versicherer wissen genau, welchen Typus Manager sie brauchen, um Erfolge einzufahren oder Krisen wie aktuell Corona zu überwinden. Hervorragend ausgebildet, exzellent vernetzt, durchsetzungsfähig. Nach diesem Schema verlaufen die meisten Auswahlprozesse. Für aufstrebende Talente ist das eine gute Nachricht, einerseits. Sie können ihre Karrieren von Beginn an selbst aktiv steuern. Auf der anderen Seite ist es vorgezeichnet, wer am Ende in der Konzernspitze ankommt – und wie das Unternehmen geführt wird. In Coronazeiten ist aber auch das anders.

Sie sind kein Diplom-Kaufmann oder Betriebswirt, haben weder eine Promotion noch einen MBA, waren kein Vorstandsassistent, sind jünger als 43 Jahre, verfügen nicht über mindestens 16 Jahre Berufserfahrung, haben nicht in Köln, Münster oder München studiert und sind weiblich, dann sind, und verzeihen Sie mir an dieser Stelle meine Direktheit, Ihre Chancen heute Vorstand zu werden, eher gering.“

Die Auswahl der Top-Manager verläuft nämlich genau nach diesen Kriterien, nach einem bestimmten Muster. Davon ist Christoph Netta überzeugt. Der Mitbegründer und Gesellschafter der Personalberatung Heads hat in den letzten zehn Jahren in mehr als 100 Fällen Versicherungsgesellschaften bei der Suche und Auswahl von Vorständen begleitet. Sein Fazit: Die Karrierewege an die Unternehmensspitzen sind geprägt von Vielfalt – und dennoch überschneiden sich die Lebensläufe der Kandidaten im Auswahlprozess um den Top-Job immer wieder an den gleichen Punkten.

Im Kundenstamm des Headhunters haben mit einer Ausnahme alle Kandidaten studiert – 19 unterschiedliche Richtungen von der Chemie bis zur Medizin, Mathematiker und vor allem Juristen dagegen sind heute die Ausnahme. Das Gros der Vorstände absolvierte ein betriebswirtschaftliches Studium und punktete beim Aufsichtsrat mit Promotion, MBA oder einer zusätzlichen internationalen Ausbildung. In konkreten Zahlen sind laut Heidrick & Struggles 64 Prozent der neu berufenen Chief Executive Officers in Besitz eines höheren akademischen Grades, 27 Prozent verfügen über einen Master of Business Administration (MBA).

„Sozialen Geländegängigkeit“

Doch hilft das auch bei der Bewältigung von Krisen, wie gegenwärtig im Fall von Corona? Headhunter Christoph Trah seinerseits ist überzeugt davon, dass sich die wahre Qualität der Top-Manager gerade in solchen Zeiten zeigt. Und die Versicherungswirtschaft gibt in den Führungsspitzen ein differenziertes Bild ab. Allianz-Chef Oliver Bäte und der Axa-Vorstandsvorsitzende Thomas Buberl gehen wie gewohnt in die Offensive.

R+V-Boss Rollinger sprach in gemäßigterem Ton, besonnen von der Bedrohung Corona, oder auch der Swiss Re Chief Underwriting Officer Edi Schmid, der die finanziellen Folgen für ungewiss hält, aber für „absolut beherrschbar“. Talanx-Finanzvorstand Immo Querner sprach im Interview mit VWheute ganz nüchtern über die Krise. Er habe keine große Hoffnung, dass das Epidemierisiko künftig durch ein paar kreative Versicherungsprodukte gelöst werden könne. Andere Leader wie Ergo-Vorstand Markus Rieß halten sich dagegen komplett zurück mit öffentlichen Statements.

Welcher Leader ist also besser? Schwer zu sagen. Bei der Definition der Anforderungen an die Persönlichkeit verwendet Profirecruiter Netta gerne den Begriff der „sozialen Geländegängigkeit“. Charaktereigenschaften wie Empathie, Authentizität, Aufrichtigkeit und Respekt sind unabdingbar für Positionen, in denen manchmal schmerzhafte Entscheidungen zu treffen sind.

Wichtig sei laut Netta ebenso der unbedingte Wille zum Erfolg, Hartnäckigkeit und eine klare Definition der Ziele. Gerade in der Versicherungswirtschaft werden Anführer gesucht, die Mitarbeitern strategische Handlungsoptionen aufzeigen, sie „mitnehmen“ und auf eine besonnene Art Eigenverantwortung vermitteln.

„Wirklich nach oben kommt man nur, wenn man am Ende auch Sichtbarkeit bei Vorgesetzten, Vorständen und letztlich auch bei den Aufsichtsräten erlangt, und hierfür müssen sich in den vorgelagerten Verantwortungsstufen entsprechend sichtbare Erfolge einstellen“, weiß Headhunter Trah.

Autor: Michael Stanczyk

Den vollständigen Artikel lesen Sie in der neuen Maiausgabe des Magazins Versicherungswirtschaft.

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