Staatlich-privater Epidemieschutz: Bäte und Buberl ziehen an einem Strang

Quelle: Allianz/ World Economic Forum / Jakob Polacsek/ Flickr (www.creativecommons.org)

In der Versicherungswelt gilt manchmal das vom Historiker Henry Thomas Buckle geprägte Prinzip: „Erst zweifeln, dann untersuchen, dann entdecken“. Nachdem Allianz-Chef Oliver Bäte in einem Zeitungsinterview davon gesprochen hat, bringt auch sein Amtskollege von der Axa, Thomas Buberl, die Idee eines staatlich-privaten Versicherungssystems gegen Großgefahren wie Corona ins Spiel. Laut Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft sei es allerdings noch zu früh, um über neue Modelle zu sprechen.

Buberl will ein staatlich-privates Versicherungssystem gegen Großgefahren aufbauen und ist dabei hierzulande auf gemischte Reaktionen gestoßen. Der Axa-Chef hat ein System von privater und staatlicher Hand gegen „sanitäre Katastrophen“ wie Corona im Kopf, an der Staat und Privatwirtschaft jeweils die Hälfte halten“, wie die FAZ meldet. Nicht jeder ist in der derzeitigen Situation für solche Gedankenspiele offen. „Wir müssen jetzt erst einmal auf Sicht fahren“, erklärt der GDV, die Ausmaße und Folgewirkungen der derzeitigen Krise seien unklar, weswegen es für neue Modell zu früh sei.

Allianz und Munich Re hören interessiert zu

Den Allianz-Vorsitzenden Oliver Bäte, auch ein Mann großer Pläne, hat er auf seiner Seite. Das Coronavirus verglich er in seinen Auswirkungen mit einer Atombombe und erklärte kürzlich, dass es für solche Situationen in vielen Ländern eine Kooperation zwischen öffentlicher Hand und Privatwirtschaft gäbe, „weil die Versicherungsbranche solche Systemausfälle nicht beherrschen kann“. Das entspricht im Wesentlichen die Aussage Buberls. Sein Unternehmen erklärte gegenüber der Zeitung, dass „Public-Private-Partnership oder ähnliche Konstrukte“ entwickelt werden müssten.

Das dritte internationale Schwergewicht, Munich Re, wollte sich zu dem Modell nicht äußern, ließ aber zwischen den Zeilen Wohlwollen durchblicken. Das überrascht nicht, schließlich haben die Münchener gemeinsam mit der Weltbank ein Projekt in Kraft gesetzt, dass der Idee Buberls im Grunde ähnlich ist. Die Pandemic Emergency Facility ist im Wesentlichen eine 500 Mio. US-Dollar schwere Risikovorsorge, um Länder bei einer Epidemie wie der Spanischen Grippe  oder Corona zu unterstützen – VWheute-Leser kennen das Konzept bereits.

Buberl macht ernst

Auf die Deutschen möchte Buberl bei seiner Lösung nicht warten. Er will als Vorsitzender des europäischen Verbandes Paneuropean Insurance Forum (PEIF) seine Idee vorantreiben. „Wir müssen über einen Mechanismus der gegenseitigen Lastenteilung nachdenken, der bei sanitären Krisen in Kraft treten kann“, erkläre Buberl im Gespräch mit der französischen Sonntagszeitung JDD kürzlich. Das PEIF ist für solche Ideen wie gemacht, denn dort diskutieren die CEOs der großen europäischen Versicherer Ideen für Gegenwart und Zukunft. Selbstverständlich ist neben Buberl auch Bäte und Joachim Wenning (Munich Re) Mitglied.

Der Vorschlag von Buberl orientiert sich am französischen Modell der Versicherung für Naturkatastrophen, in den die französischen Versicherer heute rund zwölf Prozent der Einnahmen aus Schadensversicherungen einzahlen. Im Katastrophenfall deckt der Fonds bis zu 200 Prozent der Prämieneinnahmen ab; für darüber hinausgehende Schäden kommt der französische Staat auf, schreibt die FAZ.

In Deutschland gibt es den Spezialversicherer Extremus, der Großrisiken über 25 Mio. Euro in der Bundesrepublik Deutschland gegen Sach- und Betriebsunterbrechungsschäden durch Terrorakte versichert, sofern die Anschläge im Inland begangen wurden. Auf Initiative der Versicherungswirtschaft und der Industrie haben 16 deutsche Versicherungsunternehmen im Jahr 2002, nach den Terroranschlägen am 11. September 2001 in den USA, den Spezialversicherer gegründet. Der Staat unterstützt Extremus, was zeigt, dass Partnerschaften zwischen Staat und Versicherungswirtschaft hierzulande keineswegs eine einmalige Angelegenheit wären.

Der französische Versichererverband FFA überlegt derzeit offenbar bereits, wie eine Lösung à la Buberl aussehen könnte, nicht zuletzt deswegen, weil das französische Finanzministerium darauf gedrängt hatte. Es wäre aber noch „viel Arbeit“ zu erledigen, kann aus dem Ministerium vernommen werden.

Die europäische Finanzaufsicht EIOPA, bei einer solchen Idee der natürliche Verbündete der Herren Bäte und Buberl, konnte vor Redaktionsschluss keine Einschätzung zur Idee liefern. Die Antwort wird nachgereicht.

Autor: Maximilian Volz

Ein Kommentar

  • Ridschie Blanko

    Sehr schön sieht man die verzweifelten Versuche etwas zu unternehmen. Einfach nur etwaS. Auch wenn es nur irgendetwas ist. Gerade die Versicherungswirtschaft unterliegt einem gefühlten Wahn handeln zu müssen. Manchmal könnte weniger mehr sein. Auf der einen Seite bekommt der Versicherungsmarkt in Punkto PKV und privater Altersvorsorge so derart von der Politik in die Fresse gehauen, dass nicht nur Zähne fehlen, nein der gesamte Kiefer ist irreparabel für immer zerstört. Und bei einer Coronakrise springen die größten Gegner kuschelnd in ein Bett. Ähnliche Situationen kennt man eher aus dem Prostitutionsgewerbe mit Zuhältern. Das sind Themen die den Vermittler veranlassen zu Tausenden den Markt Versicherungen abzuschwören. Jeder der heute dem Markt abschwört braucht sich ab morgen keine Gedanken über diesen chaotischen Markt mehr zu machen. Ich treffe nur ausgeschiedene Kollegen, welche heilfroh sind raus zu sein aus diesem System. Ich habe leider nicht den Mut und erzähle jeden Tag weiter die Schauermärchen des so risikoreichen Lebens.

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