Rollinger: „Solche gewaltigen wirtschaftlichen Schäden kann unsere Branche finanziell nicht schultern“

Norbert Rollinger. Quelle: R+V

Warum können Versicherer keinen Schutz gegen Pandemien anbieten und mit welchen Kosten rechnet die Brache durch die Corona-Krise? „Wir können noch gar nicht abschätzen, wie hoch die Schäden sein werden. Die hängen von den politischen Entscheidungen ab“, konstatiert R+V-Vorstandsvorsitzender Norbert Rollinger.

„Klar ist nur: Wir reden von Hunderten Milliarden Euro, einem nennenswerten Teil unseres Bruttoinlandsproduktes. Zum Vergleich: Die gesamte Versicherungsbranche nimmt jedes Jahr mittels Prämien rund 200 Milliarden Euro ein – und zwar für alle Versicherungen, die sie anbietet. Die Schäden, mit denen wir rechnen müssen, stellen also ein Vielfaches dieser Summe dar. Das können die Versicherer nicht alleine lösen. Die Prämien für die Kunden wären sonst unbezahlbar hoch oder die Branche würde bei der nächsten Pandemie selbst untergehen“, betont der Chef des Wiesbadener Genossenschaftsversicherers gegenüber T-Online.

In der Betriebsschließungsversicherung (BSV) sieht Rollinger indes keine Anti-Corona-Versicherung: „Diese Versicherung ist für den Fall gedacht, dass einzelne Unternehmen geschlossen werden müssen und nicht alle versicherten Betriebe gleichzeitig. Wichtig war sie bislang vor allem in der Gastronomie oder im Lebensmittelhandel – Betriebe, bei denen die Behörden immer wieder eine zeitweise Schließung anordnen können, etwa bei einem Salmonellen-Befall. Eine Totalschließung der ganzen Republik aber kann niemand versichern.“

Zudem werde die Branche nach Ansicht des R+V-Chefs „insgesamt sicherlich mehr als 300 Mio. Euro auszahlen. Bei der R+V gehen wir von Kosten in Höhe von 50 bis 60 Mio. Euro aus. Das ist ein Vielfaches dessen, was wir mit der Versicherung eingenommen haben – die Summe entspricht den Prämieneinnahmen von etwa hundert Jahren, die damit perdu sind. Obwohl klar ist, dass Corona in unseren Policen nicht mitversichert ist, wollen wir aber jetzt Hilfe leisten.“

Zudem begrüßt Rollinger den Schutzschirm der Bundesregierung und der Kreditversicherer. „Durch die Corona-Krise ist er zum Zeitpunkt der Lieferung insolvent – er musste sein Geschäft schließen. Er kann also die Rechnung für die Schuhe nicht bezahlen. In diesem Fall springt die Warenkreditversicherung ein: Wir bezahlen dann den Lieferanten. Die Warenkreditversicherung ist damit das Rückgrat der Wirtschaft. Weil dieser Fall jetzt tausendfach eintreten kann, ist es wichtig, dass der Staat hier eine Garantie abgibt.“

Dabei rechnet der R+V-Chef damit, dass die gesamte Branche „dem Staat zwischen 500 und 600 Mio. Euro unserer Prämie abgeben müssen. Das heißt, wir behalten rund 250 Mio. Euro. Das deckt normalerweise unsere Verwaltungskosten. Zugleich haben wir uns verpflichtet, einen zehnprozentigen Selbstbehalt bei Schäden bis zu einer Gesamtsumme von 500 Mio. Euro selbst zu begleichen, bevor der Staat einspringt.“

Autor: VW-Redaktion

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