Sturm „Bernd“: Bafin rechnet mit Schäden von bis zu 5,7 Mrd. Euro

Schäden durch Sturmtief "Bernd". Quelle: Bernd Engelien / Zurich.

Die deutschen Versicherer rechnen nach der Flutkatastrophe im Rheinland und in der Eifel mit Schäden von bis zu 5,7 Mrd. Euro. Dies geht aus einer aktuellen Umfrage der deutschen Finanzaufsicht Bafin hervor. Zudem rechnen die deutschen Rückversicherer schlimmstenfalls mit einer Nettobelastung von rund einer Milliarde Euro.

Demnach liege die Nettobelastung in der Wohngebäudeversicherung bei rund 700 Mio. Euro, in der Hausratversicherung und in der Kfz-Kaskoversicherung jeweils bei rund 200 Mio. Euro, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf die Bafin-Umfrage. „Diese Kennzahlen stufen wir als recht valide ein“, betont Bafin-Exekutivdirektor Frank Grund. Die deutsche Finanzaufsicht hat rund 150 Erstversicherer und 28 Rückversicherer zu den Folgeschäden von „Bernd“ befragt.

„Aus den bisherigen Meldungen lässt sich aber ablesen, dass keine Bestandsgefährdungen drohen – weder bei den Schaden- und Unfallversicherern noch bei den Rückversicherern.“

Frank Grund, Exekutivdirektor bei der Bafin

Sorgen um die Existenz macht sich Grund laut Bericht allerdings nicht – auch wenn es regional große Unterschiede gebe. Allerdings betonte er, dass Hauseigentümer die Überflutungen zum Anlass nehmen sollten, über ihren Versicherungsschutz nachzudenken. Weniger als die Hälfte der von der aktuellen Flutkatastrophe betroffenen Immobilienbesitzern und Unternehmern hätte eine Elementarschadenversicherung abgeschlossen.

Quelle: Statista

Lediglich 45 Prozent der deutschen Wohngebäude sind mit „erweitertem Naturgefahrenschutz (Elementar)“ und damit gegen Starkregen oder Hochwasser versichert. Nach Angaben des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) waren 2019 in Rheinland-Pfalz 35 Prozent und in Nordrhein-Westfalen 45 Prozent der Wohngebäude entsprechend versichert. Bis 2017 waren Bayern, Nordrhein-Westfalen und Sachsen die Bundesländer, in denen Starkregen die höchsten Schäden deutschlandweit verursacht hatte.

Der GDV rechnet bislang mit einer Schadenbelastung durch „Bernd“ in Höhe von 4,5 bis 5,5 Mrd. Euro. „Die Schäden dürften sogar noch über denen des August-Hochwassers im Jahr 2002 von 4,65 Mrd, Euro liegen“, betone GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen. Damit dürfte 2021 für die Versicherer das wohl schadenträchtigste Jahr seit 2002 werden. Damals lag der versicherte Unwetterschaden laut GDV bei 10,9 Mrd. Euro.

Quelle: GDV

Allein für die R+V Versicherung dürfte „Bernd“ schon jetzt das teuerste Schadenereignis in der Geschichte sein. Der Genossenschaftsversicherer in Wiesbaden rechnet derzeit mit einer Schadenbelastung von bislang rund 470 Mio. Euro. Insgesamt seien rund 14.000 Schadenmeldungen eingegangen. Das endgültige Ausmaß der Schäden steht aber noch lange nicht fest.

„Wir stocken unsere Schadenreserven täglich auf, weil die Gutachter bei der Besichtigung vor Ort feststellen, dass die Zerstörungen vielfach weit schlimmer sind als befürchtet.“

Norbert Rollinger, Vorstandsvorsitzender der R+V Versicherung

Deutlich teurer fällt im Vergleich die Bilanz der Provinzial aus: Bislang haben die Kunden der Provinzial konzernweit (Stand: 2. August 2021) insgesamt 33.142 Schäden mit einem Volumen von 761,3 Mio. Euro gemeldet. „Das Tiefdruckgebiet ‘Bernd’ ist das größte und teuerste Schadenereignis in der Geschichte der Provinzial“, konstatierte Wolfgang Breuer, Vorstandsvorsitzender der Provinzial Holding.

Auch die Allianz treffen Juli-Unwetter mit Sturmtief „Bernd“ hart: Insgesamt verzeichnete der Versicherer bislang mehr als 30.000 Schadenmeldungen zu beschädigten Häusern und Hausrat sowie von über 5.000 Fahrzeugschäden mit einem Schadenvolumen vor Rückversicherung in Höhe von mehr als 500 Mio. Euro. Dabei habe die Allianz von den bisher gemeldeten 14.500 Sachschäden durch „Bernd“ (Gebäude und Hausrat) bereits 4.700 Schadenfälle vollständig mit den Kunden abgerechnet. Bis heute wurden schon über 58 Mio. Euro ausbezahlt.

Bei der Talanx schlagen die Überschwemmungen in West-Europa nach jetzigem Stand der Bruttoschäden von mindestens 600 Mio. Euro zu Buche. Für das dritte Quartal 2021 geht die Talanx von einer Belastung in Höhe von etwas über 300 Mio. Euro aus. „Die durchschnittlichen Schadensummen übersteigen alles, was wir in Deutschland bisher hatten“, betonte Finanzvorstand Jan Wicke bei der Präsentation der Halbjahreszahlen. Die Gründe dafür sieht der Versicherungsmanager vor allem im hohen Maß an Dekontamination von Häusern, Grundstücken, Leitungen und Rohren.

Die LVM Versicherung rechnet mit mehr als 9.400 Schadenmeldungen in der Sach- und in der Autoversicherung sowie einem Gesamtaufwand von etwa 165 Mio. Euro. Von dem Gesamtschaden entfallen rund 147 Mio. Euro auf Elementarschäden in der Wohngebäude- und der Hausratversicherung. Die LVM-Autoversicherung kalkuliert mit Schäden in Höhe von 18 Mio. Euro. Aus Nordrhein-Westfalen wurden bislang mehr als 4.600 Schäden an Gebäuden und Hausrat gemeldet. Etwa 900 Schadenmeldungen erreichten die LVM aus Rheinland-Pfalz.

Die Versicherungskammer Bayern (VKB) rechnet nach den Unwettern im Juli 2021 mit einem Schadenaufwand von 150 bis 225 Mio. Euro. Zudem geht die Versicherungskammer insgesamt von 40.000 bis 50.000 Schäden aus, bisher wurden bereits etwa 500 Großschäden gemeldet. Das jüngste Starkregenereignis im Landkreis Rosenheim, insbesondere in Halfing am 28. Juli, wurde hingegen noch nicht berücksichtigt.

Die Munich Re beziffert die Flutschäden aktuell auf einen dreistelligen Millionenbetrag. Für die Flutschäden in Deutschland, Belgien, den Niederlanden, der Schweiz und Österreich im Juli rechnet die Hannover Rück anhand der ersten Schadensanalysen mit einer Nettobelastung zwischen 200 und 250 Mio. Euro. Die Zahlen seien noch mit hohen Unsicherheiten belastet. Die Deutsche Rückversicherung AG (Deutsche Rück) beziffert die Schäden durch Sturmtief „Bernd“ auf eine Summe zwischen 40 und 50 Mio. Euro.

Autor: VW-Redaktion

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