Erneute Korrektur: „Bernd“ kostet Versicherer noch mehr als gedacht

In den vergangenen zehn Jahren gab es etwa dreimal so viele schwere Überschwemmungsereignisse wie tropische Zyklone. Quelle: Gothaer

Die Schadenbelastung durch Sturmtief „Bernd“ könnte für die Branche deutlich teurer werden als bislang erwartet. Der Gesamtverband der Deutschen Versicherer (GDV) taxiert die Schäden nun auf eine Summe von rund sieben Mrd. Euro. Bislang ging der Branchenverband noch von rund 5,5 Mrd. Euro aus.

Davon entfielen rund 6,5 Mrd. Euro auf Wohngebäude, Hausrat und Betriebe sowie rund 450 Mio. Euro auf Kraftfahrzeuge. Aktuell gehen die Versicherer von rund 250.000 Schadenfällen aus – rund 200.000 an Häusern, Hausrat und Betrieben und bis zu 50.000 an Kraftfahrzeugen. „Mit fortschreitender Schadenaufnahme und -regulierung zeigt sich erst die Dimension dieses Extremereignisses“, konstatiert GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen.

„Zusammen mit den hohen Hagelschäden im Frühsommer zeichnet sich ab, dass 2021 für die Versicherer eines der teuersten Naturgefahrenjahre überhaupt wird.“

Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer des GDV

Damit sei die Flutkatastrophe im Juli laut Branchenverband die historisch schadenreichste Naturkatastrophe in Deutschland. Die Schäden liegen über denen der Hochwasser im August 2002 (4,75 Mrd. Euro) und im Juni 2013 (2,25 Mrd. Euro) sowie dem Orkan „Kyrill“ (3,6 Mrd. Euro).

Laut einer Umfrage der Bafin rechnen die deutschen Versicherer nach der Flutkatastrophe im Rheinland und in der Eifel mit Schäden von bis zu 5,7 Mrd. Euro. Zudem rechnen die deutschen Rückversicherer schlimmstenfalls mit einer Nettobelastung von rund einer Milliarde Euro.

Allein für die R+V Versicherung dürfte “Bernd” schon jetzt das teuerste Schadenereignis in der Geschichte sein. Der Genossenschaftsversicherer in Wiesbaden rechnet derzeit mit einer Schadenbelastung von bislang rund 470 Mio. Euro. Insgesamt seien rund 14.000 Schadenmeldungen eingegangen. Das endgültige Ausmaß der Schäden steht aber noch lange nicht fest.

Deutlich teurer fällt im Vergleich die Bilanz der Provinzial aus: Bislang haben die Kunden der Provinzial konzernweit insgesamt 35.976 Schäden mit einem Volumen von 1.023 Mio. Euro gemeldet. „Das Tiefdruckgebiet ‘Bernd’ ist das größte und teuerste Schadenereignis in der Geschichte der Provinzial“, konstatierte Wolfgang Breuer, Vorstandsvorsitzender der Provinzial Holding.

Die Allianz treffen Juli-Unwetter mit Sturmtief “Bernd” hart: Insgesamt verzeichnete der Versicherer bislang mehr als 30.000 Schadenmeldungen zu beschädigten Häusern und Hausrat sowie von über 5.000 Fahrzeugschäden mit einem Schadenvolumen vor Rückversicherung in Höhe von mehr als 500 Mio. Euro. Dabei habe die Allianz von den bisher gemeldeten 14.500 Sachschäden durch “Bernd” (Gebäude und Hausrat) bereits 4.700 Schadenfälle vollständig mit den Kunden abgerechnet. Bis heute wurden schon über 58 Mio. Euro ausbezahlt.

Bei der Talanx schlagen die Überschwemmungen in West-Europa nach jetzigem Stand der Bruttoschäden von mindestens 600 Mio. Euro zu Buche. Für das dritte Quartal 2021 geht die Talanx von einer Belastung in Höhe von etwas über 300 Mio. Euro aus. „Die durchschnittlichen Schadensummen übersteigen alles, was wir in Deutschland bisher hatten“, betonte Finanzvorstand Jan Wicke bei der Präsentation der Halbjahreszahlen. Die Gründe dafür sieht der Versicherungsmanager vor allem im hohen Maß an Dekontamination von Häusern, Grundstücken, Leitungen und Rohren.

Die Gothaer zieht ebenfalls eine erste Schadenbilanz nach Sturmtief „Bernd“: So schätzt der Versicherer die Kosten derzeit auf eine Summe zwischen 400 und 450 Mio. Euro. Dabei haben die Kölner nach eigenen Angaben bereits rund 140 Mio. Euro Soforthilfe an die Kunden ausgezahlt. Bislang seien der Gothaer rund 7.200 Schäden gemeldet worden. Mehr als 28 Prozent der Schäden konnten bereits vollständig bewertet und reguliert werden, heißt es in einer Unternehmensmitteilung. Zudem habe der Versicherer einen Hilfsfonds mit einem Volumen von zunächst 500.000 Euro ins Leben gerufen.

Die LVM Versicherung rechnet bislang mit mehr als 9.400 Schäden in der Sach- und in der Autoversicherung sowie einem Gesamtaufwand von mehr als 260 Mio. Euro. Von dem Gesamtschaden entfallen rund 245 Mio. auf Elementarschäden in der Wohngebäude- und der Hausratversicherung. Die LVM-Autoversicherung kalkuliert mit Schäden in Höhe von 18 Mio. Euro. Aus NRW wurden mehr als 5.000 Schäden an Gebäuden und Hausrat gemeldet, über 1.000 Schadenmeldungen erreichten die LVM aus Rheinland-Pfalz.

Autor: VW-Redaktion

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