Branchenpuls: Satire, Zurich, Mario Greco, Gleichberechtigung

Was lässt den Puls der Branche höher schlagen? Quelle: OpenClipart-Vectors auf Pixabay.

Die Ostertage sind vorüber, die versteckten Ostereier wurden – hoffentlich – alle gefunden. Den richtigen Weg im Umgang mit dem Negativ-Bild in der Öffentlichkeit scheint die Branche jedoch noch nicht gefunden zu haben. Auch bei der Impfstrategie sucht die Politik noch immer nach dem richtigen Weg – auch zum Unmut in Vermittlerkreisen.

Was bisher geschah …

So geriet die Branche vor wenigen Tagen ins Visier der Heute-Show des ZDF. Die machte vor allem den Umgang der Branche mit Betriebsschließungen und deren Absicherung zum Thema. Man bediente sich der altbekannten Kritik, dass die Unternehmen im Schadenfall einen Rückzieher machen würden. Doch dabei blieb es nicht. Bitter: In der Öffentlichkeit brennt sich immer mehr ein Negativbild der Branche ein. Immerhin: Mit rund 4.000 Klicks war die vermeintliche Satire das Topthema der Woche bei VWheute.

Vermeintlicher Klartext über die Versicherungswelt kommt allerdings auch aus den eigenen Reihen. Ob „Herr Kleinhirn“ oder der „diabolische Klinkenputzer Göker“: Der Tausendsassa Klaus Hermann scheint mit seinen beruflichen Aufgaben als Kabarettist, Buchautor, Versicherungsmakler und Keynotespeaker sträflich unterfordert. Sein neues YouTube-Format „Hermann’s Blick“ soll vor allem einen Zweck erfüllen – die Schattenseiten der Versicherungsbranche offenzulegen.

„Es macht keinen Sinn, alles schönzureden und die Fehler der Vergangenheit zu verschweigen. Wir müssen auch den Mut haben, die Schattenseiten der Branche zu beleuchten. Nur dann haben wir auch die Chance, die Wahrnehmung unseres Berufes zu verbessern, den Menschen zu zeigen, dass die Finanzdienstleistungsbranche hochinteressant, voller aufregender Menschen und längst nicht so schlimm ist wie viele glauben.“

Klaus Hermann, Keynote-Speaker

Wesentlich ernstere Sorgen hatte in den vergangenen Tagen die Politik, wenn es um die vermeintliche Impfstrategie im Kampf gegen das Corona-Virus geht. Kurz vor den Feiertagen hatte die Bundesregierung entschieden, dass der Impfstoff wegen wiederholter Nebenwirkungen nicht mehr an Menschen unter 60 Jahren verabreicht werden soll.

Ob und inwieweit die Entscheidung auch Auswirkungen für die Versicherer hat, scheint noch nicht abschließend klar zu sein. „Wie hoch eine Entschädigung nach einem Corona-Impfschaden ausfällt, ist bisher nur schwer vorauszusehen, da sie stets von der Art und dem Umfang des eingetretenen Schadens im Einzelfall abhängt. In schweren Fällen könnten sicher auch fünfstellige Beträge oder mehr erreicht werden“, glaubt Ralph Steinbrück, Fachanwalt für Medizinrecht aus München. Im Einzelfall ist der Beweis eines Impfschadens schwierig, denn diesen müssen die Opfer beweisen. Allein bei „grob sorgfaltswidrigem Verhalten“ gibt es eine Beweiserleichterung.

Unter den Vermittlern gibt es – wie in weiten Teilen der Bevölkerung auch – jedenfalls sehr unterschiedliche Meinungen über die aktuelle Impfstrategie der Bundesregierung. Die Versicherungsbranche will zwar ihre Mitarbeiter im Innen- und Außendienst auf freiwilliger Basis selbst impfen. Mit der Vakzination-Performance der Bundesregierung waren die Häuser eher unzufrieden. Diesen Unmut teilen auch viele Vermittler. Bei der Frage nach der Sinnhaftigkeit einer Impfung scheiden sich die Geister. Eine Mitte gibt es nicht, entweder die Spritzimmunisierung wird radikal abgelehnt oder vollumfänglich begrüßt. Einig sind sich die Befragten bei einer Ablehnung der Impfpflicht, auch Kritik an der medialen Berichterstattung ist zu vernehmen.

Was diese Woche jeder wissen muss

Sicher ist nur: Heute soll auch in den Hausarztpraxen mit den Impfungen gegen Corona begonnen werden. Diese sollen im ersten Schub rund 920.000 Dosen erhalten, bestätigte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Donnerstag in Berlin. „Das wird noch kein großer Schritt sein, aber ein wichtiger“.

Bei der Zurich kommen die Aktionäre am morgigen Mittwoch zur virtuellen Generalversammlung zusammen. Dabei kann Konzernchef Mario Greco den Anteilseignern auch in diesen Corona-Zeiten zumindest noch passable Zahlen präsentieren. So hat der Schweizer Versicherungskonzern im letzten Jahr wie erwartet durch die Folgen der Corona-Krise weniger verdient. Am Jahresende stand unter dem Strich ein Reingewinn von rund 3,83 Mrd. US-Dollar – einem Minus von acht Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Die Schäden durch Covid-19 wie etwa Betriebsunterbrechungen oder der Ausfall von Großveranstaltungen summierten sich Unternehmensangaben zufolge auf 852 Mio. Dollar. Darin enthalten sind auch Schäden von 450 Mio. US-Dollar im Schaden- und Unfallversicherungsgeschäft Katastrophenschäden – insbesondere die Hurrikan-Saison in Nordamerika – schlugen bei dem Schweizer Versicherer mit weiteren 588 Mio. Dollar zu Buche. Die Combined Ratio stieg gegenüber 2019 um zwei Prozentpunkte auf 98,4 Prozent.

„Die letzte weltweite Pandemie war die Spanische Grippe. Basierend auf dieser Erfahrung hatten wir unsere Modelle geformt. In unseren Szenarien rechneten wir mit schlimmeren Verläufen und mehr Fällen. Rückblickend ist es gelungen, die Folgen der Pandemie besser zu managen, als wir in diesen Szenarien erwartet haben.“

Mario Greco, Vorstandsvorsitzender der Zurich Gruppe

Dennoch scheint sich Grecos strikter Konsolidierungskurs in den vergangenen Jahren ausgezahlt zu haben. Die Führungsstruktur des Schweizer Versicherers ist schlanker, das Sachgeschäft gesünder, sogar prominente Personalzugänge gelingen. Und doch hat „Iron Mario“ noch nicht genug.

Dabei hatte der Italiener zu Beginn seiner Amtszeit mit einer Reihe von Problemen wie zum Beispiel vielen verlustträchtigen Verträgen zu kämpfen. Wegen dieser Probleme musste unter anderem die Übernahme des Konkurrenten RSA abgeblasen werden. Die Folge: Greco trennte sich von einigen Bereichen, senkte die Kosten und beschleunigte die Prozesse.

Seinem Image dürfte sein Kurs jedenfalls sehr zuträglich sein: So belegte Greco beim jüngsten Image-Ranking der Sonntagszeitung unter den Schweizer CEOs im Jahr 2020 überraschend den Spitzenplatz. Nachdem der Zurich-Chef im zweiten Quartal noch an der erforderlichen medialen Präsenzhürde scheiterte, gelang ihm durch eine höhere Sichtbarkeit und gute Imagewerte im zweiten Halbjahr 2020 zunächst der Wiedereinstieg ins Ranking und dann der Sprung an die Spitze. Immerhin: Die NZZ am Sonntag sieht den “erfolgreichen CEO des Versicherungskonzerns” gar als möglichen Nachfolger von Axel Weber als Verwaltungsratspräsident der UBS.

Ein potenzieller Kronprinz für den passionierten Radfahrer an der Spitze der Zurich ist derzeit allerdings noch nicht wirklich in Sicht. Auch Greco selbst hat bislang öffentlich noch keine Ambitionen für einen Abgang signalisiert.

Was über die Branchengrenzen hinaus wichtig ist

Wesentlich dunklere Wolken ziehen sich derzeit über der Konzernzentrale der Commerzbank zusammen. So steht der Aufsichtsrat des zweitgrößten deutschen Kreditinstitutes augenscheinlich vor einem gravierenden Umbruch. Medienberichten zufolge haben nach Hans-Jörg Vetter (68) und Andreas Schmitz (61) gleich drei weitere Kontrolleure ihren Abgang angekündigt: Aus Unternehmenskreisen heißt es, dass Victoria Ossadnik (52), Rainer Hillebrand (64) und Tobias Guldimannen (59) ebenfalls ihren Stuhl räumen wollen. Anlass dafür scheint auch diesmal wieder der Einfluss des Bundes auf die Arbeit des Aufsichtsrates zu sein.

Den ehrgeizigen Plänen des ehemaligen Allianz-Managers Manfred Knof, der nunmehr als Chef der Commerzbank das zweitgrößte Kreditinstitut Deutschlands wieder in profitable Sphären bringen soll, scheinen die Querelen im Aufsichtsrat jedenfalls nicht im Wege zu stehen. Das selbstgesteckte Ziel: Im laufenden Jahr will das Institut nun wieder über die Nulllinie kommen und 2024 dann einen Betriebsgewinn von 2,7 Mrd. Euro erzielen.

Von der Gewinnzone sind jedoch viele Unternehmen infolge der coronabedingten Folgen derzeit jedoch meilenweit entfernt. In der Zahl der Insolvenzen hat sich dies bislang aber noch nicht widergespiegelt. So haben die deutschen Amtsgerichte im Jahr 2020 insgesamt 15.841 Unternehmensinsolvenzen gemeldet. Das waren nach Angaben des Statistischen Bundesamtes (Destatis) 15,5 Prozent weniger als 2019. Die Zahl der beantragten Unternehmensinsolvenzen sank damit auf den niedrigsten Stand seit Einführung der Insolvenzordnung im Jahr 1999. Einen Anstieg hat es zuletzt im Krisenjahr 2009 gegeben (plus 11,6 Prozent gegenüber 2008).

Die meisten Pleiten habe es im Baugewerbe mit 2.500 Fällen (2019: 3.044) gegeben. Unternehmen des Wirtschaftsbereichs Handel (einschließlich Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen) stellten 2.466 Insolvenzanträge (2019: 3.166). Im Gastgewerbe wurden 1.775 (2019: 2.156) Insolvenzanträge gemeldet. 

Die voraussichtlichen Forderungen der Gläubiger aus beantragten Unternehmensinsolvenzen beliefen sich im Jahr 2020 auf knapp 44,1 Mrd. Euro. 2019 hatten sie noch bei rund 26,8 Mrd. Euro gelegen. Dem Kreditversicherer Euler Hermes macht die Entwicklung aber Sorgen: Mit der Verlängerung und Ausweitung dieser Maßnahmen Ende 2020 erwartet Euler Hermes auch für 2021 keinen sprunghaften Anstieg.

Ausgehend von den aktuellen Rahmenbedingungen prognostiziert der Kreditversicherer in seiner aktuellen Analyse zwar einen Zuwachs der Insolvenzen in Deutschland im Jahr 2021 um sechs Prozent, allerdings erst ab dem zweiten Halbjahr und von „sehr niedrigem Niveau kommend“. Erst im Laufe von 2022 dürften die Pleiten um rund 15 Prozent zunehmen. Die Fallzahlen 2022 dürften dann jedoch „nur etwa vier Prozent höher liegen als 2019“, also vor der Pandemie. Dieses Niveau entspreche dann in etwa dem Level von 2017.

„Es ist paradox: Trotz einer der größten Wirtschaftskrisen sind Insolvenzen in Deutschland im vergangenen Jahr mit rund minus 15 Prozent deutlich auf einen neuen Niedrigstand seit 1993 gesunken. Das zeigt, wie stark die Insolvenzentwicklung von der tatsächlichen gesamtwirtschaftlichen Entwicklung und dem aktuellen Zustand der Unternehmen entkoppelt ist.“

Ron van het Hof, CEO von Euler Hermes in Deutschland, Österreich und der Schweiz

Jüngst hatte die deutsche Assekuranz das Risiko „versteckter“ Insolvenzen durch staatliche Corona-Maßnahmen ermittelt. Es liegt für Deutschland bei 21 Prozent. Eigentlich hätten die Insolvenzen 2020 im Vergleich zu 2019 um rund sechs Prozent steigen sollen. Das geht aus der Coface-Modellanalyse anhand von Umsatzzahlen hervor. „In der Regel bedeutet ein Rückgang der Wirtschaftsaktivität einen Anstieg der Unternehmenspleiten“, konstatierte die Volkswirtin Christiane von Berg vom Kreditversicherer Coface aus Mainz.

Doch das Gegenteil ist eingetreten. In Deutschland sank 2020 die Zahl der Pleiten um 15 Prozent. Daher gibt es für 2021 ein gefährliches Potenzial an „versteckten“ Insolvenzen, die durch staatliche Maßnahmen bisher verhindert wurden. Allein für Deutschland errechnet Coface insgesamt eine Zahl von 3.950 ausgebliebenen Insolvenzen. Viele dürften nur aufgeschoben sein. Daher steht ein erheblicher Anstieg der Insolvenzen bevor, befürchtet der Kreditversicherer.

Der sogenannte Schutzschirm für Warenkreditversicherungen gilt aber nur noch bis zum 30. Juni 2021. Nach Angaben des Branchenverbandes GDV soll dieser allerdings nicht mehr verlängert werden. „Der gemeinsame Schutzschirm des Bundes und der Warenkreditversicherer läuft vereinbarungsgemäß am 30. Juni 2021 aus. Gespräche mit dem Bund über eine darüber hinausgehende Verlängerung gibt es derzeit nicht, eine erneute Verlängerung wird nicht angestrebt“, betonte Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), vor einigen Tagen.

Besondere Aktions- und Gedenktage in dieser Woche

06.04.2021: Am Welt-Olympiatag wird an die Eröffnung der ersten Olympischen Spiele der Neuzeit 1896 in Athen vor 60.000 Zuschauern erinnert. Damals traten insgesamt 295 männliche Sportler (ausschließlich Amateure) aus 13 Nationen in verschiedenen Wettbewerben gegeneinander an.

07.04.2021: Der Weltgesundheitstag wurde 1948 von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ins Leben gerufen. Dabei soll jedes Jahr an diesem Aktionstag ein vorrangiges Gesundheitsproblem in das Bewusstsein der Weltöffentlichkeit gerückt werden.

10.04.2021: Der Weiße Sonntag – auch Klein-Ostertag oder Kleinostern genannt – ist der erste Sonntag nach Ostern. In vielen katholischen Kirchengemeinden wird an diesem Tag traditionell die Erstkommunion gefeiert, bei der Kinder erstmals die heilige Kommunion empfangen.

Für deutliche Verzögerungen hat die Corona-Krise auch bei der Gleichberechtigung der Geschlechter gesorgt. Laut dem aktuellen Gender Gap Report 2021 des World Economic Forums (WEF) wird es wohl noch 136 Jahre dauern, bis Frauen Männern weltweit gleichgestellt sind. Zum Vergleich: Im Vorjahr waren es noch rund 100 Jahre. Im internationalen Ranking verschlechterte sich Deutschland um einen Platz und steht nun auf Rang elf von 107 Ländern weltweit. Am besten ist die Gleichstellung von Frauen in Island, gefolgt von Finnland, Norwegen und Neuseeland.

Quelle: Statista

Glaubt man übrigens einer aktuellen GfK-Studie im Auftrag der Generali Deutschland, fürchten sich 68 Prozent der jungen Frauen in Deutschland vor Altersarmut. Dabei glauben 69,3 Prozent der Frauen zwischen 18 und 32 Jahren, dass die gesetzliche Rente nicht mehr zum Leben ausreichen würde.

Bei einigen rührt die Sorge auch aus der Unübersichtlichkeit der Angebote heraus: 20,7 Prozent der Frauen mit dieser Befürchtung finden das Thema Altersvorsorge zu komplex. Sie haben das Gefühl, nicht zu wissen, was sie tun sollen. Da ist offenbar auch die Öffentlichkeit keine Hilfe. Vor allem junge Frauen (68,2 Prozent) vermissen passende Informationen und fühlen sich im Vergleich zu Männern (44,3 Prozent) schlechter informiert. Noch drastischer ist das Informationsdefizit im Hinblick auf die Politik: Mit dem hohen Anteil von 87,3 Prozent fühlen sich fast alle Frauen von der Politik schlecht informiert – 28,3 Prozent davon sogar extrem schlecht.

Die kurzfristigen Folgen der Corona-Krise sind für junge Frauen teilweise schon jetzt spürbar: 27,1 Prozent geben an, bereits Angespartes in der Corona-Krise für andere Zwecke genutzt zu haben als sie eigentlich vorgesehen hatten – wie etwa für Urlaube, Einrichtungen oder Altersvorsorge. Bei den Männern liegt der Wert sogar bei 45,5 Prozent. Allerdings macht sich jede dritte Frau bedingt durch die Covid-19-Pandemie Sorgen um ihre finanzielle Zukunft (33,0 Prozent).

Bisher verzeichnen bereits 9,4 Prozent der Frauen zum Teil starke finanzielle Einbußen und 16,1 Prozent geben an, ihren Lebensstil bereits als Folge dessen angepasst zu haben. Jede dritte junge Frau geht davon aus, dass die Pandemie ihre Möglichkeiten zur finanziellen Vorsorge noch zwei bis drei Jahre beeinflussen wird. Jede vierte ist der Meinung, dass sie diese Folgen sogar für die kommenden vier bis fünf Jahre spüren wird.

Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes haben Frauen im Jahr 2020 in Deutschland im Schnitt etwa 18 Prozent weniger verdient als Männer. Der Verdienstunterschied zwischen Frauen und Männern – der unbereinigte Gender Pay Gap – war damit um einen Prozentpunkt geringer als 2019. 

Autor: Tobias Daniel

Ein Kommentar

  • Aigner Dieter

    Schwarze Schafe gibt es in jeder Branche. Verunglimpfungen einer Branche durch oberflächlich arbeitende Medienvertreter haben einen langen Bart.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

17 − zehn =