Blick in die Bücher: Wie stark profitiert die Huk-Coburg von der Krise?
Die Kfz-Versicherer gehören bislang scheinbar zu den heimlichen Gewinnern der Coronakrise: Weniger Mobilität, weniger Autoverkehr und damit weniger Unfälle und weniger Verkehrstote. Heute zieht die Huk-Coburg ihre Bilanz für das Geschäftsjahr 2020: Die Vorzeichen deuten auf gute Zahlen hin.
Konkrete Zahlen sind zwar noch nicht bekannt: „Die Schadenhäufigkeit dürfte im gesamten Jahr um rund 15 Prozent gesunken sein, wahrscheinlich sogar mehr. Dagegen läuft die Inflation. Die Ersatzteile werden teurer, aber auch die Lohnkosten steigen“, betonte Vorstandschef Klaus-Jürgen Heitmann bereits Mitte Januar 2021. Mit Blick auf die Schadenquote rechne er „mit einem um zehn bis 15 Prozentpunkte besseren Ergebnis“. Der bayerische Versicherer kann dabei wohl dennoch – trotz Pandemie – auf ein positives Jahr zurückblicken. So hat das Neugeschäft laut Huk-Chef Heitmann „um 4,4 Prozent zugelegt, und zwar ausgehend von 1,43 Millionen neuen Verträgen im Jahr 2019“.
„Wir sind aus Überzeugung günstig und fair. Aggressiv würde ich nur jemanden nennen, der niedrige Preise anbietet, sich dies aber eigentlich nicht leisten kann. Wenn wir in der Combined Ratio besser liegen als der Markt, dann ist dies Resultat einer nachhaltigen Preisgestaltung. Was wir unternehmerisch verantwortlich anbieten können, das bieten wir an.„
Klaus-Jürgen Heitmann, Vorstandsvorsitzender der Huk-Coburg
Einen wesentlichen Anteil daran, dass die Huk derzeit nahezu unangefochten den Markt dominiert – und dies noch vor dem Branchenprimus Allianz – liegt im Wesentlichen auch am aktuellen Konzernchef Klaus-Jürgen Heitmann. Der Manager selbst hat dem Versicherer aus Franken viel zu verdanken, gibt aber auch viel zurück. Er identifiziert sich mit Unternehmen, Region und Mitarbeitern. Heitmann geht mit seiner Verantwortung äußerst sensibel um. Waghalsige Experimente sind nicht Sache des geerdeten Managers. Wenn die Münchener Konkurrenz im Kfz-Geschäft gelegentlich zum Angriff bläst, kontert Heitmann geschickt, ohne sich in Wortgefechten zu verfangen und an natürlicher Authentizität einzubüßen.
Inzwischen verkauft die Huk selbst Autos und hat die Telematiktarife für alle Altersgruppen geöffnet. Im ersten Jahr des Telematik-Angebots konnte man an Fahrer unter 25 Jahren etwa 60.000 Policen vermitteln. Heute haben fast 300.000 Kunden eine entsprechende Police abgeschlossen.
„Telematik Plus wird von unseren Kunden, quer durch alle Altersgruppen, sehr gut angenommen. Wir sind vor knapp 16 Monaten mit Telematik Plus gestartet und haben heute bereits deutlich mehr als 260.000 Verträge mit Telematik-Baustein. Das Interesse der Kunden, vor allem auch neuer Kunden, am Produkt ist nach wie vor sehr hoch und die Anzahl der Telematik-Kunden wächst stetig.“
„Mein Eindruck ist, dass Telematik sich so langsam herumspricht und dass das allgemeine Interesse am Thema steigt. Auch im privaten Umfeld erlebe ich immer wieder, dass immer mehr Autofahrer die Vorteile von Telematik Plus für sich entdecken. Immer häufiger sind die in der App ‚Mein Auto‘ angezeigten Fahrwerte ein Gesprächsthema. Viele Menschen interessieren sich dafür zu erfahren, wie sie ihr persönliches Unfallrisiko senken und dabei Geld sparen können“, konstatierte Thomas Körzdörfer, Leiter Telematik Analytics, Huk-Coburg Datenservice und Dienstleistungen, Anfang September 2020 im VWheute-Interview.
Huk-Coburg im Rückblick: Die Höhepunkte der vergangenen Monate
29.09.2020: Huk-Coburg verändert Vorstand und ernennt neue Kräfte
Alles neu macht der September im Huk-Coburg-Vorstand. Das Unternehmen reagiert mit den Änderungen auf die „zunehmenden Anforderungen des Kapital- und Finanzmarktes“ und hat zugleich die Nachfolge von Sarah Rössler geregelt.
14.07.2020: Sarah Rössler hört 2021 bei der Huk-Coburg auf
Sarah Rössler (49) legt mit Ablauf ihres Vertrages zum 30. Juni 2021 ihr Vorstandsmandat bei der Huk-Coburg auf eigenen Wunsch nieder, um künftig mehr Zeit für ihre private Lebensplanung zu haben. „Wir bedauern das geplante Ausscheiden sehr“, sagt Professor Heinrich R. Schradin, Aufsichtsratsvorsitzender des Unternehmens.
18.06.2020: Huk-Coburgs Direktversicherer nimmt sich ein Beispiel an Google
Seit ihrer Gründung vor rund 20 Jahren richtet die Huk24 ihr Geschäftsmodell Online Only aus. Was anfangs wie Utopie klang, gilt heute als erfolgreiches System. Das unterscheidet den ersten deutschen Onlineversicherer von anderen Wettbewerbern, die bis heute wesentliche Teile ihres Neugeschäfts über Telefon oder Vermittler erzielen. Neben dem Stichwort „Direkt“ gilt die Kennzahlen-basierte Steuerung (KPI) als wesentliche Leitlinie. Huk24 hat für sich eine eigene Effizienzkultur geschaffen.
29.05.2020: Kfz-Versicherung: Huk-Coburg zuversichtlich bei Prämienentwicklung, Telematik strategisch wichtig
Die Corona-Pandemie wird die Kraftfahrzeugversicherung 2021 nicht senken. „Wegen Corona werden wir keinen Prämienrückgang sehen“, ist sich Jörg Rheinländer sicher. Der Trend abnehmender Schadenhäufigkeiten setze sich aber fort und gehe demzufolge in die Prämienberechnung ein, sagte der Vorstand der Huk-Coburg bei der Online-Konferenz „Mobilität im Fokus – Versicherung 2030“.
23.04.2020: Darum wird Huk-Coburg nicht der große Corona-Gewinner sein
Leere Straßen, kaum Unfälle! Das ist ein Effekt der sozialen Distanzierung, die die Regierung zur Eindämmung der Corona-Pandemie angeordnet hat. Viele Autofahrer fragen daher bereits, ob es eine zeitnahe Prämienrückerstattung gibt. Die Versicherer – allen voran Marktführer Huk-Coburg – sind hier zurückhaltend. Zudem scheint der Verkehr schon wieder zuzunehmen. Die Schadenlücke – die der „Lockdown“ verursacht hat – ist wohl nur von kurzer Dauer.
23.04.2020: Huk-Coburg setzt sich vor Gericht erneut gegen Check24 durch
Die Oberfranken haben auch im neuen Verfahren gegen das Vergleichsportal Check24 gewonnen. Der Nachgestandene wiegelt ab, das Urteil habe „keine praktischen“ Auswirkungen und kritisiert seinerseits, dass es dem Versicherer nicht um die Kunden ginge. Der Kern des Prozesses war die „Nirgendwo-Günstiger-Garantie“ des Portals.
Allein 2019 hat die Huk in fast allen Geschäftsbereichen erneut Marktanteile dazugewonnen. Mehr als 1,4 Millionen Fahrzeuge wurden neu versichert, womit sich der gesamte Bestand auf nunmehr 12,4 Millionen Kfz summiert. 215.000 neue Kunden brachten die Telematiktarife, die das Unternehmen vor allen Dingen als Übungsfeld für Big Data und als Statement zur Datengewinnung gegenüber den Automobilherstellern betrachtet. Gestiegen sind auch die gebuchten Brutto-Beitragseinnahmen um 2,4 Prozent auf 7,8 Mrd. Euro (Vorjahr 7,7 Mrd. Euro).
Als Ergebnis der normalen Geschäftstätigkeit wies die Huk-Coburg für 2019 einen Gewinn von 640 Mio. Euro vor und 453 Mio. Euro nach Steuern aus. Das Kapitalanlageergebnis lag ebenfalls mit einem deutlichen Plus von 24,6 Prozent auf 852 Mio. Euro über Plan. Das gleiche Bild präsentiert sich im Segment Haftpflicht-, Unfall- und Sachversicherung mit einem Plus von 4,8 Prozent auf 962,7 Mio. Euro, im Segment Rechtsschutz mit einem Plus von 2,5 Prozent auf 274,9 Mio. Euro sowie im Bereich Leben: Um 11,8 Prozent legte das Neugeschäft gemessen in der Brutto-Beitragssumme auf 1,52 Mrd. Euro. Ein spürbares Bestandswachstum wurde auch in der Krankenversicherung realisiert. Hier stiegen die Prämieneinnahmen um 3,1 Prozent auf heute 1,6 Mrd. Euro.
Bei den Kunden zumindest hat die Huk-Coburg bislang noch die Nase vorn: So spreche die Huk-Coburg am stärksten die „Kontrollierten“ und „Fürsorglichen“ an, hieß es im jüngsten „Markenmonitor 2020“ des Marktforschungs- und Beratungsinstituts Heute und Morgen. Inwieweit dies die Kunden auch in der Bilanz honorieren, werden die heutigen Zahlen zeigen.
Autor: VW-Redaktion