VWheute-Umfrage: Versicherer bangen um ihre gute Geschäftsdynamik

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Die Versicherer führen bei Covid-19 einen Kampf an mehreren Fronten. Die Schadenzahlen steigen, zudem schwächelt der Vertrieb wegen der Kontaktsperre. Vielleicht sind die Folgen aber noch tiefgreifender, einige Marktbeobachter haben eine Änderung des Kundenverhaltens festgestellt. Wie sehr Corona den Vertrieb verändert und welche Lücken sich in den Zwischenbilanzen auftun, haben die Versicherungschefs beantwortet.

Zu den eher zögerlichen Unternehmen gehören die Generali und die Gothaer. Die Münchener mit der italienischen Mutter erklären, dass man sich zur aktuellen Geschäftsentwicklung „nicht äußern“ wolle. Etwas ausführlicher ist der Versicherer aus Köln: „Wir haben alles getan, um unseren Vertriebspartnern auch ohne direkten Kundenkontakt eine professionelle Betreuung der Kunden zu ermöglichen[…].“  Das Unternehmen will „weiterhin für die Kunden da sein“ und sie begleiten.

Am anderen Ende der Auskunftsfreudigkeitsskala befindet sich die Alte Leipziger-Hallesche, die aus gutem Grund sehr detailliert antwortet. Verglichen mit dem Vorjahr erhielt der Versicherer mit Sitz in Stuttgart und Oberursel (Hessen)  zwischen Januar und April 2020 insgesamt „20 Prozent mehr Anträge für Angebote der privaten Altersvorsorge und der Berufsunfähigkeitsversicherung (BU)“. Dabei steche die Nachfrage nach der neuen BU mit 40 Prozent Anstieg besonders hervor.

Verglichen mit dem Vorjahreszeitraum lässt sich bei der Hallesche Krankenversicherung kein quantitativer Unterschied in der Kundenkommunikation feststellen. Dasselbe gelte bei Geschäftskunden in der Betrieblichen Altersversorgung (bAV).

Einen Wehrmutstropfen gibt es allerdings, das Unternehmen registriert im Privatgeschäft, dass Anfragen von Kunden nach Beitragsstundung bzw. -aussetzung „stark zunehmen“. Darauf reagiert das Unternehmen mit zinslosen Stundungslösungen. In der bAV gäbe es vermehrt Anfragen nach Beitragsstundung und in der GKV-Zusatzversicherung ist eine „leichte Zunahme von Kündigungen zu beobachten“.

Der fehlende Außendienst schmerzt

Die Aussagen der Debeka und R+V ähneln sich. Die R+V kann die Auswirkungen auf Kundenzahl und Beiträge nicht mit „konkreten Zahlen“ belegen, spürt allerdings die Auswirkungen. Fest stehe, dass sich der „Wachstumskurs der vergangenen Jahre nicht ungebremst fortsetzen wird“. Die Wiesbadener rechnen damit, dass sich „im Firmen- wie im Privatkundengeschäft“ die dynamische Neugeschäftsentwicklung des Jahresbeginns 2020 „deutlich abschwächen“ wird. Die prognostizierte steigende Zahl an Insolvenzen wird sich ebenso niederschlagen wie der „Wunsch von Kunden nach Beitragsfreistellungen“, erklärt der Versicherer offen.

Die Koblenzer von der Debeka hatten im ersten Quartal 2020 „ein stabiles Neugeschäft“, das „sogar leicht“ über dem Vorjahreszeitraum lag. Allein schon wegen der eingeschränkten Kontaktmöglichkeiten zu den Mitgliedern und Interessenten stellt das Unternehmen „seit einigen Wochen“ einen „Rückgang des Neugeschäfts“ fest. Das Unternehmen wird seinen Außendienstmitarbeitern „in Kürze“ Lösungen an die Hand geben, die eine „digitale Beratung und auch den digitalen Abschluss von Verträgen“ weiter erleichtern.

Allianz und Digitalität

Fehlt noch der Branchenpriums. Bei der Allianz lassen sich belastbare Aussagen zu Kundenverhalten und Geschäftsauswirkungen zum jetzigen Zeitpunkt „nur sehr eingeschränkt“ machen. Genaue Prognosen seien „nicht möglich“. Das Unternehmen sehe aber, dass die Kunden digitale Angebote „vermehrt nutzen“.

Beim Online-Kundenportal Meine Allianz habe sich die Zahl der Neuregistrierungen pro Woche zuletzt mehr als verdoppelt. Die Alte-Leipziger registriert ähnliches, die Zahl der Besucher der Kunden-App fin4u hat sich seit dem Inkrafttreten der Ausgangsbeschränkungen um knapp zehn Prozent erhöht. Auch die Gothaer registriert eine „gute Annahme“ der digitalen Angebote.

Der ONE-Chef Oliver Lang erklärte kürzlich gegenüber VWheute, dass sich die Corona-Krise „je länger sie dauert“ um so positiver auf digitale Vertriebsmodelle auswirken wird. Die Auswirkungen auf die Vermittler könnte dagegen gravierend sein, wenn sie sich den neuen Gegebenheiten nicht anpassen. Zuletzt hatte sich der Präsident des Bundesverbandes der Versicherungskaufleute, Michael H. Heinz, von den Vermittlern mehr digitale Flexibilität gewünscht.

Die befragten Unternehmen fühlen die Auswirkungen des coronabedingten Kontaktverbots bereits, nur die Alte-Leipziger-Hallesche trotzt dem Trend, zumindest im Bereich der Altersvorsorge. Ob es im Laufe des Jahres zu einem vertrieblichen Nachholeffekt kommen wird und ob der momentane Digitaltrend anhält, wird die Zukunft des Vertriebs bestimmen. Einen post-Coronaplan haben die genannten Versicherer jedenfalls bereits in der Tasche.

Autor: VW-Redaktion

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