Careflex-Aus zum Trotz: DFV nutzt Österreich als „Testfeld“ für Expansionspläne

Regelt DFV-Chef Stefan M. Knoll seine Nachfolge? Quelle: DFV

Wütend aber gefasst, angriffslustig und stolz – dieses Adjektivquartett beschreibt den Gemütszustand von Stefan Knoll bei der Vorstellung der Unternehmenszahlen der Deutschen Familienversicherung (DFV) treffend. Der CEO ist angefressen, dass die Bafin ihn „schuldlos“ aus dem Careflex-Chemie-Projekt kegelte; auf der anderen Seite ist er sichtlich zufrieden mit den 2020er-Ergebnissen im „schwierigen Coronajahr“. Die Ziele für die kommenden Jahre sind ambitioniert.

Soldatisch korrekt war der CEO auf die Fragen zum geplatzten Careflex-Deal vorbereitet. Die Barmenia, R+V und die DFV hatten gemeinsam “CareFlex” aufgelegt, wobei die DFV wohl der Initiator war. Nun findet das Projekt ohne die Frankfurter statt. Die Bafin zweifelte daran, dass die DFV die für das Projekt zu erwirtschaftenden Zinsen erzielen kann.

Quelle: DFV

Die DFV ist daher kurz vor knapp, am 30. Januar 2020, per Aufhebungsvertrag ausgestiegen und ist jetzt für die Rückversicherung zuständig, wie die Analyse zeigt. Für Knoll war es die „größte Enttäuschung des Jahres 2020“ – er kündigte weitere Wortmeldungen zum Thema an. Die DFV, die „3,5 Mio. Euro“ Projektkosten hatte, sei „aus Gründen herausgeflogen“, die sie „nicht zu verantworten habe“. Letztlich wollten die Frankfurter mit ihrem Rückzug „langfristige Rechtsstreitereien“ vorbeugen. Das Projekt habe „viel Zeit gekostet und war am Ende unnötig“, schließt Knoll mit einem für ihn typischen Zitat.

Die Aktionäre waren unzufrieden und straften die Frankfurter ab, wie der Börsenkurs zeigt.

Quelle: DFV

Wachstum im Jahr 2020

Abgesehen von Careflex war Knoll mit dem zurückliegenden Jahr „zufrieden“ –  VWheute hat alle wesentlichen Zahlen zusammengetragen. Die DFV hat in einigen maßgeblichen Feldern Zuwächse erzielt, auch wenn das angestrebte Jahresziel, „wegen der Ausfälle in der Auslandsreiseversicherung“, knapp verfehlt wurde.  

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Eigentlich wollte das Unternehmen die Profitabilität bereits im Jahr 2021 erreichen, doch wegen der CareFlex-Pleite und Corona müsse das „auf das kommende Jahr verschoben werden“.

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Doch statt von gestern wollte Knoll lieber von morgen sprechen, die Ziele sind, wie stets ambitioniert und schließen sowohl neue Kombiprodukte wie eine Expansion ein.

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Bei den zahlreichen Fragen nach den neuen Produkten hielt sich Knoll ungewohnt zurück und erklärte lediglich, dass die DFV „von Quartal zu Quartal“ neue Ideen „präsentieren würde“. Er wolle der Konkurrenz durch eine Vorabankündigung „keine Vorlaufchancen einräumen“. Die selbst auferlegte Verbalschonkost legte er aber Minuten bereits später wieder ab. „Die DFV hat sich (nach Careflex) geschüttelt und greift wieder an“. Das Unternehmen werden in diesem Jahr „eindrucksvoll wachsen“ und „noch digitaler werden“ verkündete er unter Nennung der Ziele.

Quelle: DFV

Die Alpen-Frankfurter

Wie zuletzt einige Unternehmen, unter anderem Getsafe und Roland, zieht es die DFV nach Österreich. Im „Testland“ wollen Knoll und sein neuer CFO Karsten Paetzmann Erfahrungen für weitere Expansionen sammeln. Es sei lohnend, den Sprung „erst in einem kleinen, deutschsprachigen Land mit ähnlicher Gesetzgebung zu probieren, erklärt der Jurist. Darüber hinaus führende Expansionen sind derzeit nicht geplant. Halb beiläufig erwähnte Knoll allerdings, dass es „vielleicht im Dezember“ eine neue Ankündigung gäbe.

„Die DFV bleibt Insurtech bis ans Ende meines Lebens“, antwortete Knoll auf die Frage, wie lange sich das Unternehmen noch das „Jungunternehmen-Mäntelchen“ umhängen wolle. Die DFV sei zwar mittlerweile kein Start-up, sondern eine „etablierte Gesellschaft“, habe allerdings die digitale Struktur und Herangehensweise, die ein technologiebasiertes, junges Versicherungsunternehmen präge. Hierzulande sei die „Perle DFV“ das „führende Insurtech“ und „größer als alle anderen zusammen“.

Ob die ambitionierten Pläne des Unternehmens auch 2021 aufgehen, werden die Quartalszahlen zeigen. Trotz einiger Rückschläge in der Vergangenheit haben die Frankfurter nichts von ihrer Angriffslust verloren. In Verbindung mit der digitalen Ausrichtung nicht das schlechteste Zukunfts-Omen für die „Perle DFV“.

Anmerkung der Redaktion: In der ursprünglichen Version des Textes war vom „Henkel-Aus“ gesprochen worden. Es ist aber nicht das Geschäft mit Henkel, sondern der Careflex-Deal betroffen. Wie bitten den Fehler zu entschuldigen.

Autor: Maximilian Volz

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