Amerikas Versicherer ringen mit Corona und Präsident Trump

Geht Präsident Trump in der Krise gegen Versicherer vor? Bild von Maret Hosemann auf Pixabay

Auf den ersten Blick kämpft Amerika mit denselben Covid-19 Problemen wie Deutschland. Beim zweiten Hinsehen wird die größere Dimension allerdings erschreckend deutlich. In New York besserte sich die Corona-Lage auf erschreckendem Niveau, doch für eine weitere Großstadt steht das Schlimmste noch bevor, während die Todeszahlen im Land insgesamt steigen. Als wäre das noch nicht genug, kämpft die Versicherungsbranche mit klagewilligen Kunden und ihrem Präsidenten Donald Trump.

Die USA haben dieselben Probleme wie Deutschland beim Kampf gegen Covid-19. Einige Unternehmer verklagen ihre Versicherer wegen mangelnder Leistung in der Betriebsschließungsversicherung (BSV) und der Staat ringt mit den Einzelstaaten, ob und wann die Einschränkungen des (Wirtschafts-) Lebens gelockert werden sollen. Im Gegensatz zur überwiegend sachlichen Informationspolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel und den Ministerpräsidenten herrschen in Amerika schrille Töne.

Bei einer Pressekonferenz des Weißen Hauses musste eine NBC-Reporterin den Präsident Trump darauf hinweisen, dass im Land eine Gewaltenteilung existiert. Dieser hatte in einer „denkwürdigen Pressekonferenz“ (Frankfurter Rundschau) beim Thema Corona  von „totaler Autorität“ seiner Administration gesprochen. Er könne und werde allein entscheiden, wann die Einschränkungen zur Eindämmung der Corona-Pandemie enden, erklärte Präsident Trump bei der Pressekonferenz.

Die Betonung des eigenen und totalen Führungsanspruchs ist eine Reaktion auf die Bestrebungen mehrerer Staaten, ihre individuelle Strategie mit den Nachbarstaaten abzustimmen, weniger mit dem Weißen Haus. Vielleicht haben viele Verantwortliche in den Einzelstaaten bei ihren Überlegungen die Bilder aus New York und die Vorwürfe des dortigen Gouverneur Andrew Cuomo vor Augen, der wegen mangelnder Hilfe  mit Washington hart ins Gericht ging.

Die Großstädten im Osten

Die Zahl an erkrankten Menschen steigt, es sind bereits mehr als 20.000 Menschen in den USA an Corona gestorben, mehr als anderswo auf der Welt. Besonders hart hat es die Metropole New York getroffen, dort werden laut BBC bereits Massengräber ausgehoben, um der Flut an Toten Herr zu werden. Derweil könnte mit Chicago bald eine weitere Großstadt in ähnlichem Ausmaß betroffen sein. Die Krankheit ist längst in der Stadt, doch die „eigentliche Welle“ wird erst in etwa einer Woche erwartet, meldet die FAZ. Immerhin besteht Grund zur Hoffnung, die Stadt sieht sich medizinisch und materiell gut vorbereitet.

Die afroamerikanische Bürgermeisterin Chicagos, Lori Lightfoot, wies darauf hin, dass das Virus die afroamerikanische Bevölkerung überproportional treffe, was nicht nur für Chicago gilt. Obwohl nur etwa 30 Prozent der Bevölkerung Chicagos Afroamerikaner sind, bilden sie mit 72 Prozent der Toten die größte Opfergruppe.

Die Bürgermeisterin geriet wie Gouverneur Cuomo bereits mit der Regierung Trump wegen Reisebeschränkungen und Materialbeschaffung aneinander, weitere Konflikte werden wegen der angedachten Lockerungen der Maßnahmen erwartet.

Das Problem mit der BSV

Abseits der großen Politik kämpfen derweil die Versicherer, genau wie hierzulande, mit Klagen ihrer unzufriedenen Kunden. Viele um ihre berufliche Existenz ringenden Restaurant- und Barbesitzer verklagen ihre Versicherer, weil diese den Betriebsausfall wegen Corona nicht übernehmen wollen. Zuvor hatten sich bereits mehrere Chefköche gegen die Versicherungswelt aufgelehnt.

Wie auch hierzulande dreht sich die Diskussion der Haftung um den Ausschluss Virengefahr. Viele Versicherer haben nach dem SARS-Ausbruch im Jahr 2006 einen Ausschluss der Haftung bei einer bakterien- oder virenbedingten Schließung vereinbart, meldet der Philadelphia Inquirer, während in der Stadt das Pflegepersonal hart gegen das Virus kämpft.

Die Versicherungswelt war unangenehm überrascht, als sich Präsident Trump beim freitäglichen Coronavirus-Briefing  höchstpersönlich in die Haftungsdebatte einschaltete. Er würde es „gerne sehen“, wenn die Versicherer bezahlen würden, „wenn sie es müssten“. Es gäbe in einigen Fällen vertragliche Ausschlüsse, aber oft „sehe er diese nicht“.

Die Argumentation ist im Kern dieselbe, wie sie hierzulande viele Anwälte gegenüber der Branche aufbringen. Der GDV-Präsident Wolfgang Weiler hat im Exklusivinterview die Branche verteidigt: „Wir versuchen zu helfen, so gut es geht“, erklärte er.

Die Äußerung des Präsidenten bringen die Versicherer in eine schwierige Lage, erklärt Ian Katz, ein Analyst von Capital Alpha Partners, einem Strategic-Policy-Research-Unternehmen, doch wäre die Botschaft ambivalent.

Mr. Trump sandte in seiner Ansprache nicht nur kritische Worte an die Branche, sondern vermittelte auch versicherungsfreundliche Signale. Laut Katz könnten einige seiner Äußerungen auch so verstanden werden, dass in der BSV der Wortlaut der Verträge gelte. Damit könnten die Versicherer laut Katz „gut leben“, denn in vielen Papieren wären, wie bereits erwähnt, Viren und Bakterien ausgeschlossen. Der Analyst glaubt, dass die Branche in der Lage wäre, eine „rückwirkende“ Änderung der Verträge erfolgreich abzuwehren.

Vertrag ist Vertrag?

Das Thema BSV spaltet die amerikanische Wirtschaft. Bereits im letzten Monat hatten 18 „U.S. Lawmakers“ in einem offenen Brief gefordert, dass die Versicherer mit ihren Kunden zusammenarbeiten sollten. Das Ziel müsse sein, die Covidfälle als Teil der BSV zu behandeln. Doch es gibt auch gewichtige Gegenstimmen zu dieser Ansicht.

Sieben Senatoren der republikanischen Partei haben den Präsidenten brieflich davor gewarnt, rückwirkend in die Versicherungsverträge einzugreifen. Es würden massive Gewinneinbrüche oder sogar Insolvenzen drohen, wenn die Versicherer Gefahren übernehmen müssten, die nicht vereinbart und eingepreist waren.

Zudem waren die Senatoren „sehr skeptisch“, was eine Absicherung für künftige Pandemie-Fälle anbetrifft, auch hier liegt Amerika auf einer Wellenlänge mit Deutschland. Der Talanx-Vorstand Immo Querner stimmt der Einschätzung inhaltlich zu, kürzlich erklärte er, „keine große Hoffnung“ zu haben, dass das „Epidemierisiko künftig durch ein paar kreative Versicherungsprodukte gelöst werden kann“.

„Das Thema Pandemie-Versicherung wird das Land noch lange beschäftigen“, glaubt Katz. Das gilt besonders dann, wenn Präsident Trump die Coronabeschränkungen aufheben wird, ein Indikator dafür könnte folgende Äußerung sein: „Gouverneure, bringt eure Test-Möglichkeiten auf Vordermann. Bereitet euch auf große Dinge vor. Keine Entschuldigungen.“

Autor: Maximilian Volz

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

sieben + siebzehn =