Nach neuen US-Sanktionen gegen Nord Stream 2: Weitere Versicherer könnten Zurich folgen
Die Zukunft des Infrastrukturprojektes ist unsicherer geworden. Der Grund sind weitere amerikanische Sanktionen, die den Druck auf am Projekt Nordstream teilnehmende Unternehmen verstärkt. Einige Teilnehmer haben sich bereits zurückgezogen, beispielsweise die Zurich.
Die Zurich Insurance Group sollte die Bauarbeiten der Pipeline versichern, die russisches Erdgas durch die Ostsee nach Deutschland leiten soll. Laut Medienberichten ist der Schweizer Versicherer aus dem Projekt nun ausgestiegen, um möglichen US-Sanktionen aus dem Weg zu gehen. Aus Vertraulichkeitsgründen wollte Zurich die Entscheidung nicht kommentieren.
Zurich Insurance ist laut Medienberichten eines von 20 Unternehmen, die Versicherungsdienstleistungen für Nord Stream 2 erbringen. Durch eine Verschärfung der Gesetze sind mittlerweile auch Versicherer und Zertifizierer von möglichen US-Sanktionen betroffen.
Das Ziel von Nordstream ist eine Pipeline von Russland nach Deutschland unter Auslassung der Ukraine. Bei Abschluss der rund 1.230 Kilometer langen Pipeline hätte Deutschland Energiesicherheit und Russland eine sichere Einnahmequelle.
Projekt-federführend ist das russische Unternehmen Gazprom, das der Putin-Regierung nahe steht und für das der ehemalige Bundeskanzler Gerhard Schröder arbeitet. Beim Projekt selbst finden sich, neben Schröder, einige deutsche und europäische Wirtschafts- und Politikergrößen im Aktionärsausschuss. Dazu gehören Hans-Ulrich Engel, Aufsichtsratsvorsitzender und Mitglied des Vorstands der BASF und Mario Mehren, Vorsitzender des Vorstands und CEO der Wintershall Dea GmbH. Das verdeutlicht, wie wichtig einigen Wirtschaftsgrößen das Projekt ist. Zum Abschluss fehlen noch rund 160 Kilometer.
Die Amerikaner befürchten, dass die Fertigstellung für die Ukraine erhebliche Probleme mit sich bringen würde. „Die Pipeline würde der Ukraine überlebenswichtige Einnahmen entziehen und für weitere russische Aggressionen öffnen“, erklärt der – mittlerweile ehemalige – US-Außenminister Michael Pompeo. Russland und die Ukraine befinden sich seit der russischen Annexion der Krim im Jahr 2014 in einem kriegsähnlichen Zustand. Ein politischer Kurswechsel der USA ist unter dem neuen Präsidenten Joe Biden nicht zu erwarten, das hat Auswirkungen auf die Versicherer, wie VWheute analysierte. Der wohl kommende amerikanische Außenminister Antony Blinken ist „entschlossen alles zu tun“, um den „Abschluss des Projekts zu verhindern“.
Mittlerweile hat der Druck auf Deutschland auch aus einer anderen Richtung zugenommen. Nach der erneuten Verhaftung des regierungskritischen Oppositionellen Alexej Nawalny, auf den zuvor ein Giftanschlag erfolgte, will das EU-Parlament einen Baustopp von Nord Stream 2 fordern.
Weitere Stoppversuche
Die neuen US-Sanktionen richten sich unter anderem gegen das Schiff „Fortuna“, dass für die Verlegung der Röhrenbestandteile benötigt wird. Das Schiff wurde zwischenzeitlich mindestens zweimal auf neue Besitzer umgeschrieben, um den Problemen zu entgehen. Es gehört final wohl zu Gazprom, vermuten Insider. Zudem hat das amerikanische Außenministerium die deutsche Regierung sowie die beteiligten Firmen „darüber informiert“, welche Folgen der Abschluss der Nordstream hätte.
Einigen Unternehmen ist das Projekt mittlerweile zu heiß, so hat sich die Zurich bereits zurückgezogen. Andere Versicherer sind aber weiter involviert, analysiert insurancejournal. Ebenfalls vom Projekt zurückgetreten ist das „Zertifizierungs-Unternehmen“ Det Norske Veritas Holding AS und die Ingenieursfirma Ramboll.
Es ist eine schwierige Zeit für Nordstream 2, erklärt Richard Morningstar, „founding Chairman“ des Atlantic Council’s Global Energy Center und ehemaliger US-Botschafter für die EU. Die letzten Ereignisse lassen für ihn die Frage aufkommen, ob „Russland das Projekt beenden kann.“ Es würde Sinn machen, den Bau „zeitweise auszusetzen“ und neu zu verhandeln, erklärt er weiter.
Deutschland will wohl vollenden
Die deutsche Regierung hat bereits Gesetze und Regeln in Kraft gesetzt, um Sanktionen für am Projekt beteiligte Unternehmen zu verhindern. Insbesondere die Region Mecklenburg-Vorpommern ist betroffen, dort trifft die Pipeline auf deutsches Festland.
Im Verlauf des Projektes geriet beispielsweise der Hafen von Sassnitz ins Visier. Der Fährhafen Sassnitz GmbH wurde von hochrangigen amerikanischen Politikern mit „finanzieller Zerstörung“ gedroht.
Zum Abschluss des Projekts fehlen nur noch 160 Kilometer, trotzdem steht der Abschluss derzeit in den Sternen. Das ist auch für die beteiligten Versicherer eine schwierige Situation.
Autor: VW-Redaktion