Lloyd’s mit hohem Verlust und ungelösten Problemen

Konzernsitz von Lloyd's of London. Quelle: Lloyds

Wenn Covid aus dem Milliardengewinn ein sattes Minus macht: Lloyd’s hat im vergangenen Jahr einen Verlust von 900 Mio. Pfund eingefahren. Ursächlich waren Corona-Schäden in Höhe von 3,4 Mrd. Pfund im Bereich der Rückversicherung. Doch das ist nur ein Problem des Versicherungsmarktes.

Für ein Unternehmen mitten in einer Umbauphase war Corona keine Hilfe, wie das Beispiel Lloyd’s zeigt. Der Marktplatz will massiv sparen und gleichzeitig technisch aufrüsten, um der Konkurrenz in Asien weiter gewachsen zu sein. Eingespart werden soll bei Operating Costs für Broker, Underwriter und Geschäftspartnern, erklärten die Londoner. Das Ziel sind Einsparungen von 800 Millionen, der Umbau soll im Jahr 2022 abgeschlossen sein. „Die Pandemie habe gezeigt, dass sich Lloyds schnell an ein sich änderndes Umfeld anpassen kann, erklärte Chairman Bruce Carnegie-Brown bei der Präsentation des zweiten Teils der Umbaupläne – er hatte Inga Beale ersetzt, die mittlerweile Verwaltungsratspräsidentin der Mediclinic-Gruppe ist. Die gezeigte Wandlungsfähigkeit habe das Unternehmen darin bestärkt, den technischen Fortschritt weiter voranzutreiben, erklärte Carnegie-Brown.

Mit Corona haben die Londoner allerdings weiter zu kämpfen, nachdem das Unternehmen im Jahr 2019 einen Gewinn von 2,5 Mrd. Pfund erzielt hatte. Bei den aktuellen Zahlen zeigt sich, wie groß der Corona-Einfluss tatsächlich ist. Die prognostizierten Auszahlungen im Zusammenhang mit der Pandemie erreichen 6,2 Mrd. Pfund auf einer „Bruttobasis“. Die Schäden erhöhten die Combined-Ratio um 13,3 Prozent auf 110,3 Prozent, erklärt das Unternehmen.

Wie geht es weiter?

Im Jahr 2020 konnte ein Anstieg der Premium-Rates um 10,8 Prozent gesehen werden, der sich „im ersten Quartal des laufenden Jahres fortsetzte“. Das Unternehmen habe weiterhin eine „starke Kapital- und Solvency II-Basis“. Die Anmerkung zu Solvency, „Central 209 Prozent“ und „Market Wide 147 Prozent“ ist wesentlich, auch wenn das Unternehmen wegen des Brexits jetzt in einem anderen Wirtschaftsraum tätig ist. Die Londoner hatten ihr Europageschäft nach Brüssel übertragen wollen, was sich als herausfordernd herausstellte.  Es existiert ein Antrag an den High Court of England and Wales sämtliche in den Zeichnungsjahren 1973 bis 2020 übernommenen Risiken auf die seit dem 1. Januar 2019 von der belgischen Aufsichtsbehörde lizensierte Lloyd’s Insurance Company S.A. zu übertragen. Kein Prozess, der nebenbei erledigt wird, sind doch mittlerweile sowohl die kontinentalen wie auch die englische Aufsicht beteiligt.

Neben solchen unangenehmen und umfangreichen Übertragungsarbeiten muss das Unternehmen sich einer weiteren Herausforderung stellen, einer misogynen Firmenkultur und Alkoholismus im Dienst. Die Vorwürfe weiblicher Angestellter sind nicht neu und wollen nicht verstummen, fast jeder zehnte Mitarbeiter ist von Übergriffen und Belästigungen betroffen. Die ehemalige Chefin Beal soll hinter ihrem Rücken als  „Muffmuncher“ bezeichnet worden sein – ein Schmähbegriff für eine (lesbische) Frau, die Cunnilingus praktiziert. Überhaupt scheint das Wort „Lesbe“ ein beliebtes Schimpfwort bei Lloyds zu sein. Frauen mit Lunchboxen wurden mit diesem Begriff bezeichnet.

Carnegie-Brown hat also mehrere Baustellen, Covid, Umbau, Brexit und Firmenkultur. Zu beneiden ist er bei dieser Aufgabenfülle nicht.

Autor: VW-Redaktion

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