Wie Lloyd’s sein Portfolio von London auf Brüssel überträgt

Formal ist Großbritannien bereits Ende Januar 2020 aus der EU ausgeschieden, bis 31. Dezember 2020 gilt jedoch noch eine Übergangszeit. Noch können Policen, die sich auf den europäischen Wirtschaftsraum beziehen von London aus gezeichnet und administriert werden, ab 1. Januar 2021 hingegen wäre dies illegal und gelte als non-compliant.

Daher läuft derzeit der Antrag von Lloyd’s of London an den High Court of England and Wales sämtliche in den Zeichnungsjahren 1973 bis 2020 übernommenen Risiken auf die seit dem 1. Januar 2019 von der belgischen Aufsichtsbehörde lizensierte 100prozentige Tochtergesellschaft Lloyd’s Insurance Company S.A. zu übertragen. Dies soll mit gerichtlicher Billigung per 30. Dezember.2020 geschehen. Bis 11. November 2020 haben alle diejenigen, die meinen in ihren Rechten vom Übertrag beschnitten zu werden, Gelegenheit ihre Bedenken dem High Court mitzuteilen.

Die Position des Erstversicherers geht zwar auf Lloyd’s Bruxelles über, die übertragenden Syndikate werden jedoch 100prozentige Rückversicherer – die von ihnen bislang platzierte passive Rückversicherung wird zur Retrozession. Für netto ändert sich somit nichts. Es geht um ca. 4,7 Mrd. Euro an technischen Verbindlichkeiten, davon 1,4 Mrd. Euro Casualty und 0,7 Mrd. Euro Marine.

Rechtsgrundlage des Übertrags wird Part VII des Financial Services and Markets Act 2020. Der Antrag an den High Court beruht auf dem Bericht des unabhängigen Gutachters, Carmine Papa (PKF Littlejohn LLP). Sein Gutachten kommt zum Schluss, die Position der Versicherten verschlechtere sich nicht in materieller Hinsicht. Dies basiert darauf, dass die Solvabiltitäts-Erfüllung durch Lloyd’s Bruxelles unverändert bleiben soll.

Bislang ist Lloyd’s Bruxelles mit 248 Mio. Euro kapitalisiert und bedarf einer Mindestsolvabilität von 189 Mio. Euro, woraus sich eine 131prozentige-Adäquanz ergibt. Durch den Transfer wird sich die für Counterparty Risk benötigte Solvabilität von 131 Mio. Euro auf 289 Mio. Euro erhöhen, gleichzeitig aber soll eine Kapitalerhöhung von 313 Mio. Euro erfolgen, welche dem Central Fund der Corporation entnommen werden wird.

Die 131prozentige Solva-Adäquanz (eine nicht allzu beeindruckende Ratio, große Rückversicherer liegen bei 180 bis 200 Prozent) bleibt gewahrt. Die essentielle Position Counterparty Risk wiederum ist eine Funktion des gegenwärtigen Ratings der Corporation of Lloyd’s: A+ bei S&P, AA- bei Fitch, A bei AM Best. Der Gutachter vertritt die Ansicht, dass die Ratings stabil seien.

Autor: Philipp Thomas

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