Montagskolumne mit DFV-CEO Knoll: Armin Laschet der bedauernswerte Mann?
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Stefan Knoll, CEO der Deutschen Familienversicherung. Quelle: DFV - von der Redaktion bearbeitet

Der CDU fehlt es überall an fachlicher Kompetenz; den „Störenfrieden“ der CSU geht es nur um den „Egomanen“ Markus Söder. Unser Kolumnist Stefan M. Knoll geht mit seiner Partei hart ins Gericht, der gescheiterte Kanzlerkandidat Armin Laschet tut ihm leid. Was eine SPD-geführte Regierung für das Land bedeutet, thematisiert der DFV-Chef in seiner Kolumne.

Da setzt die Kanzlerin und CDU-Vorsitzende eine Nachfolgerin an der Parteispitze der CDU durch, die mit dieser Aufgabe überfordert sein wird und gerade einmal eine scheinbare Befriedung mit der CSU hinbekommt. An ihrer Seite wird ein Generalsekretär installiert, der bisher weder ausbildungstechnisch noch beruflich unter Beweis gestellt hat, dass er zur operativen Führung und zur Vollendung von etwas Angefangenem befähigt ist. Und schon nach dem Debakel in Thüringen stellt die neue CDU-Vorsitzende ihre Führungsschwäche öffentlich unter Beweis, auch indem sie zurücktritt. Dafür bekommt unsere Bundeswehr eine weitere kompetenzfreie Führung aus der Union, wie in den letzten 16 Jahren.

In der CDU beginnt nun eine Hängepartie, bei der keiner der Partei-Granden in der Lage ist, Führung zu zeigen oder zu übernehmen. Nur mahnende Worte und ein erbitterter Machtkampf im Hintergrund um die Nachfolge an der Spitze.

Die Folge ist ein mühsam durchgesetzter neuer Vorsitzender, daran anschließend ein unerträglicher Kampf um die Nominierung des Kanzlerkandidaten und ein viel zu spät verabschiedetes Wahlprogramm. Und so geht die Union in einen Wahlkampf, mit einem durch die CSU restlos beschädigten Kanzlerkandidaten, einem Wahlprogramm, das jede Tiefe vermissen lässt, und einer Kanzlerin im Hintergrund, die nichts unternimmt, um den neuen CDU-Vorsitzenden und Kanzlerkandidaten zu stärken. Dennoch ist dieser so honorig, sich nicht von der politischen Leistung der Kanzlerin in den letzten Jahren abzusetzen, obwohl er dazu allen Grund hätte.

Digitaler Stillstand

Die Versäumnisse im Bereich der Digitalisierung und dem Umweltschutz sind nur zwei Beispiele einer langen Liste, die den Abstieg unseres Landes begründen und wofür Merkel die Verantwortung trägt. Stattdessen lässt er es zu, dass die SPD von Aufbruch und vom Überwinden des Stillstandes reden kann, obwohl diese Partei zwölf  lange Jahre mitregiert und die Kanzlerin nichts ausgelassen hat, um dem Koalitionspartner entgegenzukommen.

Nun hat die CDU/CSU diese Bundestagswahl krachend verloren. Und war am Anfang noch Armin Laschet an allem alleine schuld, setzt sich ganz langsam die Erkenntnis durch, dass eine solche Konzentration der Verantwortlichkeit auf den Kanzlerkandidaten der Union weder fair noch inhaltlich zutreffend ist.

Bemerkenswert ist dabei, dass immer noch kein führender Politiker der CDU von der dauerhaften Beschädigung des Unions-Kanzlerkandidaten durch die CSU und deren Vorsitzenden spricht. Einem Egomanen, der jede staatspolitische Verantwortung seinen höchstpersönlichen Interessen unterzuordnen bereit ist. Und warum spricht keiner davon, dass eine ganze Partei von 16 Jahren politischer Mittelmäßigkeit ausgelaugt ist; warum thematisiert niemand, dass fachliche Kompetenz bei der Besetzung von Ministerämtern in der von Merkel geführten Verwaltungsregierung schon lange keine Rolle mehr gespielt hat? Und warum stellt niemand die Frage, warum die Union als Ganzes das Credo der Merkel-Regierung, „verwalten statt gestalten“, mindestens in den letzten acht Jahren kommentarlos zugelassen hat?

Unter diesen Voraussetzungen einen Wahlkampf zu gestalten, ist schon schwierig genug. Die CDU beauftragte jemanden, der schon sein Studium nicht organisieren konnte. Sekundiert wurde er von einem CSU-Generalsekretär, der mit der zuvor verlorenen Landtagswahl in Bayern schon einmal zeigte, dass er es nicht kann. Das alles belegt, dass die Ursache der Wahlniederlage nicht alleine bei Laschet gesucht werden kann.

Olaf Scholz

Und ich frage mich, warum in einem Wahlkampf um das Amt des Regierungschefs die Themen Cum-Ex, die größte Plünderung des Staates in der Geschichte unseres Landes, ebenso wenig eine Rolle spielt, wie das Versagen bei Wirecard, obwohl Scholz für beides politisch verantwortlich ist. Dagegen nimmt sich seine Teilnahmslosigkeit bei den Krawallen in Hamburg während des Weltwirtschaftsgipfels, als Scholz Erster Bürgermeister war, geradezu als Petitesse aus. Und so ein Politiker will die größte Volkswirtschaft in Europa führen – lächerlich. Doch das wird alles nicht thematisiert. Bei der CDU wegen Unvermögen und bei der CSU, weil Söder die Bundestagswahl nie gewinnen wollte.

Dem SPD-Mann Scholz stellt die Union mit Armin Laschet einen Kanzlerkandidaten gegenüber, der das größte Bundesland erfolgreich führt, der die letzte Landtagswahl im Gegensatz zu Söder gewonnen hat und sich nun der Clan-Kriminalität erfolgreich entgegenstellt. Der den Kohle-Ausstieg erfolgreich managt, der die Fehlentscheidungen seiner sozialdemokratischen Vorgängerin zweckvoll beseitigt, zu der auch die von den Grünen mit verfügte Abholzung des Hambacher Forstes gehört.

Dass all das im Wahlkampf nicht thematisiert wurde, soll nur an Armin Laschet liegen? Ja, er hat nicht glücklich agiert und sein Lachen beim Besuch des Bundespräsidenten im Hochwassergebiet war katastrophal, auch wenn er nie die Betroffenen verhöhnen wollte. Der Hinterlistigkeit der sogenannten sozialen Netzwerke war er nicht gewachsen. Denn wer hat denn gesehen, mit welcher empathischen Betroffenheit der gleiche Laschet einen Mann getröstet hat, der weinend vor ihm stand, weil er sein ganzes Hab und Gut verloren hat. Ja, der Sichtbarkeitswert bei Google war bei Laschet von Anfang an im Keller, übrigens genauso wie bei Friedrich Merz und allen anderen Spitzenvertretern der Union. Bei Olaf Scholz war der gleiche Sichtbarkeitsindex viel weiter oben. An dieser Statistik konnte das Wahlergebnis schon Wochen vor der Stimmabgabe prognostiziert werden. Doch was haben die Generalsekretäre beider Unionsparteien unternommen? Einen digitalen Parteitag zu organisieren ist für einen erfolgreichen Wahlkampf ebenso zu wenig Expertise, wie den eigenen Chef in der Beschädigung des gemeinsamen Kanzlerkandidaten zu unterstützen.

Kompetenz und Erneuerung

Und dann ist da noch das angebliche Kompetenzteam von Laschet, das ausschließlich aus unbekannten Personen besteht und wo mindestens die Entsendung einer Vertreterin aus der CSU das Vorhandensein jeglicher Kompetenz schon wieder zwingend infrage stellt; wie das bei CSU-Bundesministern durchaus keine Seltenheit ist. Hier wird das ganze Dilemma der Union deutlich. Es fehlt an fachlicher Kompetenz – überall.

Der einzig wirkliche Machtpolitiker ist Söder, dem es mit seinem Generalsekretär erfolgreich gelungen ist, Laschet auch die letzte Chance zu nehmen. Es geht in der CSU eben nur um Söder und nicht um Bayern und niemals um Deutschland. Und wo bleibt der Schulterschluss in der CDU; wo bleibt die Selbstkritik der Delegierten, die auf zwei Parteitagen die Weichen für das Debakel gestellt haben? Und wie will sich die Union erneuern, wenn sie nicht beginnt, auch die Ära Merkel kritisch zu würdigen? Mir jedenfalls tut Armin Laschet leid.

Wenn die Union in die Opposition muss, und danach sieht es nun aus, wird das für mindestens vier, vielleicht auch für acht Jahre der Fall sein. Dann hat die Partei genug Zeit, um sich zu erneuern. Man könnte daher auch das Fortbestehen der Fraktionsgemeinschaft von CDU und CSU thematisieren. Doch dazu bräuchte es bei der CDU einen echten Machtpolitiker, um einen CDU-Landesverband in Bayern zu gründen, damit diese Störenfriede dort endlich zur Raison gebracht werden. Die CSU ist längst keine Kanzler-Ermöglicher-Partei mehr, sondern eine nationale Regional- und europäische Splitterpartei. Doch statt diese Debatte zu beginnen, kapriziert man sich auf die Forderung nach einem Generationswechsel, was schon strukturell der falsche Ansatz ist. Was soll das bringen, wenn damit nicht auch die Wende von der Inkompetenz zur Kompetenz verbunden ist?

Die Union hat die Wahl auch verloren, weil sie keines ihrer angestammten Themen mehr besetzen kann. Wirtschaft, Technologie, innere und äußere Sicherheit waren unbestrittene Kompetenzfelder der Union, doch was ist davon übriggeblieben? Dort wieder Boden gutzumachen, geht nicht über einen Generationswechsel, sondern nur über Fachlichkeit. Deshalb darf die Union nie wieder einen wirtschaftspolitischen Sprecher oder gar Wirtschaftsminister stellen, der nicht in der Wirtschaft an verantwortlicher Stelle, als Unternehmensführer oder Unternehmer tätig war. Das Gleiche gilt für die anderen Kompetenzfelder analog.

Verteilungspolitiker voraus?

Und die Union hat es eilig. Sie muss mit neuer Mannschaft spätestens in vier Jahren bereitstehen. Denn es ist nicht ausgeschlossen, dass die SPD zum dritten Mal nach schwierigen Entscheidungen, die der Linken nicht gepasst haben, wie dem NATO-Doppelbeschluss und der Agenda 2010, wieder in die Opposition muss. Oder glaubt denn irgendjemand an die „ökologische und soziale Wende“? Wo soll denn die Energie herkommen, woher die fehlenden Stromtrassen, woher die zusätzlichen Schienen?

Und jetzt soll das Land digitalisiert und die Rente, die Pflege- und die Sozialversicherung umgebaut werden. Wer glaubt das denn? Was funktionieren wird, ist die Erhöhung des Mindestlohnes und das Ausweiten der Sozialausgaben – und auch eine Preissteigerung der Energie. Bei Letzterem kann man schon jetzt eine beginnende Nervosität in der Politik beobachten. Die nächste Wahl wird nicht über Mindestlohn und Windkrafträder entschieden, sondern an der Zapfsäule und am Strom- und Gaszähler. Und hoffentlich würgen die Verteilpolitiker der neuen Koalition bis dahin nicht alles ab.

Zum Autor: Stefan M. Knoll ist Gründer und Vorstandsvorsitzender der Deutschen Familienversicherung. Er ist u.a. für den Digitalisierungsprozess des Unternehmens verantwortlich und hat das Unternehmen an die Börse geführt. Er blickt auf eine jahrzehntelange Karriere als Unternehmer zurück.

2 Kommentare

  • Der Kommentar von Herrn Knoll zeigt, dass Unernehmenslenker doch sich nicht als Politiker betätigen sollten. Klar kann und muss man eine politische Meinung haben, gerade als Wirtschaftlenker, aber dermaßen ideologisch geprägt führt dies zu Abschreckung, Ansehensverlust. Joe Kaeser hat es vorgemacht, wie man dies elegant löst. Auch er hat klar Partei bezogen, aber nicht mit solch diffamierenden Aussagen gegenüber der anderen politischen Seite. Dies ist der Unterschied.
    Herr Knoll, ein Familienversicherer sind Sie nicht, diesen können Sie nicht repräsentieren. Aufgabe einer Familie ist es, alle zu integrieren und allen in ihrer Individualität gerecht zu werden und ihnen die Entwicklungschancen zu bieten.

  • Na schon etwas viel Anti-Bayerisches wettern, wo doch Umfragen recht klar gezeigt haben, dass die Union mit Söder um die 30% bekommen und die Wahl gewonnen hätte. Und Bayern ist ja nunmal nicht gerade der failed state im deutschen Föderalismus, für den man ihn nach soviel CSU-bashing nach der Lektüre des Artikels halten könnte.
    Das war nicht geschickt von Söder, aber inhaltlich hatte es natürlich von Anfang an recht, dass Laschet mit diesem Schlafwagen-Wahlkampf nicht gewinnen konnte! Das geht nur bei (quasi) Amtsinhabern, wie Scholz…
    Nun darf man gespannt sein, ob es doch noch ein erstauntes AHA geben wird, wenn die bunten Bullerbü-Sätze aus dem Sondierungspapier der potenziellen Ampel-Koalitionäre echten Beschlüssen mit Substand weichen werden – und wie man darauf reagiert, wenn ein um 25% steigender Mindestlohn die ohnehin schon recht hohe Inflation weiter anheizt!

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