NGO: Axa und Swiss Re sollten für Allianz und Munich Re Vorbilder beim Kohleausstieg sein
Mehr Versicherer steigen aus Kohlegeschäft aus. Die Zahl der Versicherer, die die Absicherung von Kohle eingeschränkt haben, hat sich seit Beginn dieses Jahres verdoppelt. Zwei große Unternehmen schreiten dynamisch vorneweg, zwei weitere namhafte Häuser trotten mürrisch hinterher.
Inzwischen haben 17 der weltweit größten Versicherer Kohlegeschäfte reduziert. Sie kontrollieren rund 46 Prozent des Rückversichungs- und knapp zehn Prozent des Direktversicherungsmarktes. Dies ist das Ergebnis der dritten Klimaanalyse zur Versicherungsindustrie des globalen NGO-Netzwerks Unfriend Coal, dessen deutsches Mitglied Urgewald ist. Die Studie wird heute auf der Versichererkonferenz Insurance & Climate Risk in London und zum Start der UN-Klimakonferenz in Madrid vorgestellt.
Auf Druck von Unfriend Coal und Urgewald haben die meisten dieser Versicherer inzwischen die Versicherung neuer Kohleminen und –kraftwerke beendet, glaubt die NGO. Besonders klimabewusste Versicherer haben auch Absicherungen für bestehende Kohleprojekte und die verantwortlichen Firmen eingestellt. Außerdem haben viele Versicherer ihre Kohle-Investitionen stark zurückgefahren, wodurch mittlerweile für etwa 37 Prozent der globalen Vermögenswerte der Industriekohle Ausschlüsse gelten.
Allianz wird kritisiert
Die Allianz (Platz 7 im int. Versicherer-Ranking) sagte im Mai 2018 zu, ihre Investitionen in Kohle weiter einzuschränken und künftig auch keine Projekte für Kohlekraftwerke und Kohleminen mehr zu versichern. Außerdem will das Unternehmen bis 2040 gänzlich aus dem Geschäft mit Kohle aussteigen.
Mit Blick auf die Konkurrenz „hinkt die Allianz allerdings inzwischen in mehreren Bereichen hinterher“. Im Gegensatz zu Zurich schließt die Allianz klimaschädliche Ölsandfirmen nicht von Geschäften aus und versichert noch Unternehmen, die bereits gebaute Kohlekraftwerke betreiben. Außerdem gilt der Abzug von Kohle-Investitionen nur für die Eigenanlagen, nicht für die deutlich größere Anlagesumme, die Allianz für externe Kundinnen verwaltet, wird kritisiert.
Der Konkurrent Axa schließe für einige solcher Drittanlagen Kohle aus. Auch beim Ausstiegsdatum für Kohle ist die Allianz von der Axa überholt worden – der Wettbewerber verkündete am Mittwoch ein Enddatum schon für 2030 für EU- und OECD-Länder.
Hannover Re soll sich Axa als Beispiel nehmen
Auch Hannover Re und dessen Mutterkonzern Talanx (beide Platz 10) haben mit ihrem Kohle-Enddatum 2038 in der Axa nun „wieder ein Vorbild“. Sie schließen nur die Direkt- bzw. Rückversicherung von Kohle-Einzelprojekten aus. Talanx habe zudem „schwerwiegende Schlupflöcher“ der eigenen Richtlinie für Kohlevorhaben zum Beispiel in Polen eingestanden.
Zwei Konkurrenten der deutschen Firmen, Swiss Re bzw. Zurich, schließen auch Geschäfte mit Unternehmen im Kohlesektor unter bestimmten Bedingungen aus sowie die Absicherung bereits bestehender Kohleprojekte. Auch im Bereich Teersande haben Talanx und Hannover Re noch großen Verbesserungsbedarf. Beim Abzug von Kohle-Investitionen schneiden sowohl Swiss Re als auch SCOR im Vergleich zum Konkurrenten Hannover Re „deutlich besser“ ab.
Harte Kritik an Munich Re
Munich Re (Platz 13) habe „noch keinen Plan“, bis wann der Konzern seine Kohlegeschäfte vollständig einstellen will. Auch er schließt, im Gegensatz zu Swiss Re, nur die Rückversicherung für konkrete Kohleprojekte aus. Weiterhin rückversichere der Konzern bestehende Kohlekraftwerke und –minen. Beim Abzug von Kohle-Investitionen schneiden die Konkurrenten Swiss Re und SCOR deutlich besser ab.
Regine Richter, Energie-Campaignerin bei Urgewald, kommentiert: „Angesichts der Klimakrise reichen die Schritte der deutschen Versicherer bei allem guten Willen nicht aus. Vor allem sollten sie aufhören laufende Kohlekraftwerke zu versichern, deren CO2-Emissionen Tag für Tag die Chancen senken, dass wir die Pariser Klimaziele noch erreichen können. Es ist gut, dass sie in Unternehmen wie Axa und Swiss Re Vorbilder haben, um beim Klimaschutz noch besser zu werden.“
Mit Blick auf die gesamte Industrie ergänzt Richter: „Die Einschränkung von Kohleversicherungen zeigt bereits Wirkung. Versicherungsmakler berichten, dass die Kosten für die Versicherung von Kohle mit dem Schrumpfen des Marktes steigen dürften. Das ist eine gute Nachricht für das Klima und eine Aufforderung an die Versicherungskonzerne noch konsequenter Kohle und andere fossile Energieträger auszuschließen.“
Peter Bosshard, Koordinator der Unfriend Coal-Kampagne, ergänzt mit Blick auf die globale Situation: „Der Abzug der Versicherer aus Kohlegeschäften hat sich seit dem Start unserer Kampagne im Jahr 2017 stark beschleunigt. Versicherer sollen die Risiken der Gesellschaft absichern. Es ist ihre Verantwortung und in ihrem Eigeninteresse, einen Beitrag gegen die Klimakrise zu leisten.“
Wie die Unternehmen abgeschnitten haben, sehen Sie in der Tabelle:
Autor: VW-Redaktion