Allianz, R+V, Generali, Signal Iduna: Das Kalkül der Versicherer hinter dem Sportsponsoring

Nach wie vor halten die großen Versicherer ungeachtet aller pandemischen Unwägbarkeiten fest an ihren Engagements im Sport fest. Quelle: Michal Jarmoluk auf Pixabay

Leere Ränge, abgesagte Turniere und Geisterspiele im Fußball: Corona hat in den vergangenen Monaten auch den Sport hart getroffen. Viele Profiklubs sind pandemiebedingt wegen fehlender Einnahmen aus dem Ticketverkauf teilweise tief in die roten Zahlen gerutscht. Dennoch haben sich die Sponsoren – allen voran die Versicherer – als verlässlicher Anker an der Seite der Sportvereine erwiesen. Die Allianz belegt als Geldgeber eine Spitzenposition.

Nach wie vor halten die großen Versicherer ungeachtet aller pandemischen Unwägbarkeiten fest an ihren Engagements im Sport fest. Die vom Hauptsponsorship wie bei Bayer 04 Leverkusen (Barmenia), dem 1. FC Nürnberg (Nürnberger Versicherung) und den Würzburger Kickers (BVUK) über Partnerschaften auf zweiter, dritter und vierter Ebene bis hin zu Naming-Rights an Stadien wie bei Borussia Dortmund (Signal Iduna) und dem FC Bayern München (Allianz). Im deutschen Profifußball gibt es tatsächlich keinen Verein ohne einen Sponsor aus der Versicherungsbranche. Eine der wenigen Ausnahmen ist jedoch die HDI: So hatte der Versicherer jüngst angekündigt, sein Engagement zum 30. Juni 2022 beenden und sich als Namensgeber der Arena zurückziehen.

Gemessen an den bislang getätigten Engagements führen derzeit die Allianz (Namensrechte am Stadion des FC Bayern München mit sechs Millionen Euro pro Jahr), Signal Iduna (Namensrechte am Stadion von Borussia Dortmund mit 5,8 Millionen Euro pro Jahr) und die Barmenia (Hauptsponsor von Bayer 04 Leverkusen, mit 5,5 Millionen Euro pro Jahr) das Ranking der werthaltigsten Sponsorships an. Zu diesem Ergebnis kommt die jüngste Analyse von Sponsors Data. Allerdings rücken auch andere Sportarten zunehmend in den Fokus der Versicherer. So hat beispielsweise zu Jahresbeginn die Württembergische Gemeinde-Versicherung einen Dreijahresvertrag als Hauptsponsor mit dem Deutschen Leichtathletik-Verband abgeschlossen (650.000 Euro pro Jahr). Zum selben Zeitpunkt gingen der Deutsche Tennis Bund und Generali eine Premium-Partnerschaft bis Ende 2023 ein (300.000 Euro pro Jahr). Laut einer Umfrage von YouGov Sport zufolge zählen für die Versicherungsentscheider sowohl Tennis als auch Leichtathletik zu den beliebtesten im TV verfolgten Sportarten – allerdings mit deutlichem Abstand zum Fußball.

Wie wichtig das Sportsponsoring für die Versicherer ist, zeigt auch eine Branchenumfrage der Versicherungswirtschaft im September 2021. Für die Allianz Deutschland ist das Sponsoring „ein zentraler Baustein unseres Marketings. Es hilft uns, aufmerksamkeitsstark und reichweitenstark unsere Inhalte zu kommunizieren. Wir sehen in der Marktforschung einen sehr positiven Effekt im Zusammenspiel mit unseren sonstigen Aktivitäten z.B. mit Online- oder Fernsehwerbung. Wichtig ist allerdings: Sportsponsoring auf Fußball zu reduzieren ist zu einfach gedacht. Andere Sport-Plattformen von Paralympischen Sportarten bis Volleyball oder Handball bieten ebenfalls ein sehr attraktives Preis-Leistungs-Verhältnis. Wir sind daher im Sponsoring bewusst breiter aufgestellt“, betont Thomas Lukowsky, Leiter Marketing und Sponsoring der Allianz Deutschland.

International stehen die Münchener an der Spitze des Sportsponsorings und investierten im Jahr 2021 103 Millionen Dollar – fast doppelt so viel wie ihr nächster Konkurrent Geico, der 54 Millionen Dollar ausgibt, berichtet Global Data. Das Münchener Unternehmen hält mit 44 Partnerschaften in diesem Jahr das höchste Vertragsvolumen

Bedeutung von Social Media steigt

Allerdings habe auch Corona einige Veränderungen mit sich gebracht „wie in vielen anderen Bereichen auch. Eine Entwicklung ragt jedoch heraus: Die Bedeutung der medialen Reichweite hat signifikant zugenommen. Insbesondere die sozialen Medien waren in der Zeit von Geisterspielen die einzige Möglichkeit, unser Engagement und unsere Botschaften zu kommunizieren. Das wird sicherlich auch Bestand über die Corona-Pandemie hinaus haben. Die intelligente und dauerhafte Social-Media-Kommunikation wird ein zunehmend wichtiger Baustein im Sponsoring werden – parallel zum eigentlichen Spiel/Event vor Ort.“

Signal Iduna betont, dass sich durch „die Corona-Pandemie auch im Bereich des Sponsorings enorme Einschränkungen ergeben haben, die größtenteils auch noch bis heute andauern. Ein wichtiger Bestandteil unserer Sponsoringaktivitäten rund um den BVB sind und bleiben die Stadionbesuche – egal ob B2B in der Loge oder B2C auf den Rängen. Fällt dieser enorm emotionale Aspekt weg, fehlt uns der wichtigste Teil in unserer Emotionalisierungsstrategie. Um das zu kompensieren, haben wir stärker in Maßnahmen investiert, die grundlegende Kommunikationsreichweite versprechen, zum Beispiel mehr LED-Bandenzeit oder digitale Kampagnen über unsere Kanäle.“ Zudem erreiche man mit den Sponsoringmaßnahmen in der Regel im Stadion zum Großteil dieselben Personen: Der BVB hat – im Normalbetrieb – 50.000 Dauerkarteninhaber. Daher sind für Signal Iduna normalerweise die Kontakte außerhalb des Stadionbesuchs vor Ort – über TV, Radio, Print und Web – quantitativ noch attraktiver.

Aufgrund der derzeitig erhöhten Kartenknappheit durch die Verringerung der Gesamtkapazität, ergeben sich für uns als Sponsoringnehmer mit einem Ticketkontingent Möglichkeiten, als Enabler für einen Stadionbesuch – beispielsweise durch Gewinnspiele – extrem positive Kommunikationskontakte zu generieren und Erlebnisse zu schaffen. Der Fan kommt aktuell ja noch seltener an Tickets als im Normalbetrieb. Hier kann Signal Iduna für den Fan da sein und helfen, betont Marc Lüke, Tribe Lead Digitaler Vertrieb und Kundenmanagement.

Schalke-Abstieg trifft R+V

Neue Wege beim Fußball-Sponsoring hat die R+V Versicherung eingeschlagen: „Die Pandemie hat wie in allen Lebensbereichen natürlich auch Auswirkungen auf den Sport und auf die Ausgestaltung von Sponsoring-Aktivierungen. Für uns ist es somit selbstverständlich, auf diese neue Situation entsprechend zu reagieren, indem wir coronabedingte Einschränkungen unserer Aktivitäten kompensieren: Waren zum Beispiel bei Heimspielen keine Stadionaktivierungen möglich, so haben wir unserer Zielgruppe unter Berücksichtigung der Hygieneauflagen andere Stadionerlebnisse geboten (z.B. Verfolgen eines Auswärtsspiels in der R+V-Loge auf Schalke inkl. Catering und Blick hinter die Kulissen als exklusives Event) und zudem die digitale Ansprache verstärkt.“

„Im Bereich E-Sports wurden die Corona-Einschränkungen, beispielsweise der Ausfall von Events vor Ort, insbesondere durch digitale Formate kompensiert (z.B. Influencer-Events wie der ‚R+V Community Showdown‘)“, erläutert ein Unternehmenssprecher. Dabei leiste das Sportsponsoring „im Rahmen unseres Marketing-Mix einen wichtigen Beitrag zu Markenbekanntheit und Image der R+V. Beim Fußball-Sponsoring setzen wir vor allem auf die Beliebtheit und Emotionalität dieses Sports, um unsere Ziele zu erreichen.“

Der Abstieg des FC Schalke 04 hat die R+V allerdings auch getroffen: „Die Zweitliga-Saison geht für uns als Sponsor mit Reichweiten-Einbußen einher (z.B. geringere Präsenz im TV), dennoch können wir unsere Zielgruppe mit unseren Maßnahmen weiterhin erfolgreich aktivieren“, betont der Unternehmenssprecher.

Nicht viel anders als die anderen geht auch die Generali mit den Herausforderungen der Pandemie um: „Gemeinsam mit unseren Sponsoringpartnern im Bereich Laufsport haben wir die Position entwickelt, ausschließlich auf sichere Veranstaltungen zu setzen und das Risiko an Covid-19-Ansteckungen zu vermeiden: auch wenn dadurch die Absage einer Veranstaltung trotz behördlicher Genehmigung notwendig geworden wäre“, berichten die Münchener. „So sind wir auch im Bereich Sponsoring neue Wege gegangen und haben die Erfahrung in der Eventorganisation mit der Kompetenz der Generali im Bereich der Digitalisierung gebündelt. Im Ergebnis kamen wir im Rahmen des Generali München-Marathon und dem Generali Köln-Marathon zu ganz neuen, hybriden – vor allem aber sicheren Formaten. Denn gerade das Laufen hat den Menschen in der Pandemie und insbesondere während der Lockdown-Phasen Halt im Leben gegeben“, konstatiert der Versicherer.

Zudem habe man die „hybriden Modelle“ weiter verfeinert, auch wenn 2021 wieder einige Events stattfinden konnten bzw. können. Für die physischen Events wurden mit unseren Partnern und Veranstalter sowie in enger Abstimmung mit den örtlichen Behörden sehr umfangreichen Hygiene- und Sicherheitskonzepte entwickelt und behördlich genehmigt. So war der Generali Berliner-Halbmarathon im August 2021 mit rund 15.000 Teilnehmern die bis dahin weltweit größte Laufveranstaltung und ein Pilot für andere Laufevents. Am 10. Oktober folgte mit dem Generali München-Marathon unser „Leuchtturm“ am Unternehmensstandort mit erneut über 10.000 Teilnehmern. Beide Events gehörten zu den wenigen Laufsportveranstaltungen, die in diesem Jahr überhaupt durchgeführt werden konnten.

Auf die Partnerschaft mit Angelique Kerber hatte die Pandemie laut Generali keine Auswirkungen: „Sie ist für uns Botschafterin im Bereich Tennis und unserer Partnerschaft mit dem Deutschen Tennisbund. Hier unterstützt sie uns bei einer Vielzahl von Aktivitäten, die wir im Tennis bis auf Clubebene betreiben.“

Wird E-Sport zum neuen Umsatzbringer?

Der E-Sport indes hat Auftrieb bekommen – der allerdings nicht zwangsläufig in geldbaren Umsatz umgemünzt werden konnte. Viele Menschen verbrachten mehr Zeit zu Hause und nutzten E-Sport als willkommene Ablenkung in der Freizeit. Länderübergreifend gaben 42 Prozent der Befragten, die bereits vor der Pandemie E-Sport-Inhalte geschaut haben, an, während der Einschränkungen mehr E-Sport verfolgt zu haben als vorher. Zudem konnte E-Sport in dieser Zeit auch viele neue Zuschauer begeistern: In Deutschland hat sich die Reichweite mehr als verdoppelt, 52 Prozent der E-Sport-Zuschauer gaben an, das erste Mal während der Pandemie eingeschaltet zu haben, heißt es in einer aktuellen Analyse von Deloitte. Zudem seien die Zuschauer im E-Sport besonders präsent, da die digitalen Kanäle hier eine große Rolle spielen und eine direkte Feedbackkultur fördern. Spieler, Veranstalter und andere Stakeholder können zum Teil in Echtzeit verfolgen, was beim Publikum gut ankommt und was nicht.

Und dieses Publikum ist für viele Unternehmen eine attraktive Zielgruppe: Im Schnitt sind E-Sport-Zuschauer jung, gut ausgebildet, mit digitalen Medien aufgewachsen, werteorientiert und verfügen über ein eher hohes Einkommen. Überraschend ist der genaue Blick auf die Altersgruppen, so ist nicht die jüngere Generation Z (16 bis 25 Jahre) unter den E-Sport-Zuschauern am stärksten vertreten, sondern die Millennials (26 bis 40 Jahre). Das beliebteste Game-Genre sind sogenannte Shooter. So gaben 50 Prozent der befragten E-Sport-Fans an, sich bereits Inhalte aus diesem Genre angeschaut zu haben, gefolgt von Sportsimulationen (48 Prozent) und Racing Games (39 Prozent).

Das Potenzial ist riesig. Die Allianz etwa ist in verschiedenen Kooperation – z.B. gemeinsam mit dem FC Bayern – im E-Sport aktiv. „Eine effektive Nutzung dieser Plattform ist inhaltlich anspruchsvoll. Hier kommt es weniger darauf an, unser Logo zu platzieren, sondern entscheidend ist vor allem, unsere Botschaften inhaltlich gut zu integrieren“, betont Lukowsky.

Autor: Tobias Daniel

Den vollständigen Beitrag lesen Sie in der aktuellen Dezemberausgabe der Versicherungswirtschaft.