Votum-Kritik: Misst die Bafin mit unterschiedlichem Maß?
Die Bafin ist für einige Unternehmen und Verbände wie ein strenger Vater. Eine offene Rebellion ist nicht möglich, aber Entscheidungen können kritisiert werden. Ein Beispiel: Als kürzlich gerichtlich festgestellt wurde, dass Check24 gegen das Provisionsabgabeverbot verstieß, lobte der Votum Verband das Urteil und stichelte gegen den Finanzaufseher. Der „Vater“ wäre gegenüber Check 24 zu nachsichtig gewesen, bei anderen Unternehmen werde strenger gehandelt. Die Finanzaufsicht reagiert souverän.
Der Votum Verband begrüßt die kürzlich erfolgte Entscheidung des Landgerichts München I, das Portal Check24 wegen Verstoßes gegen das Provisionsabgabeverbot zu verurteilen. Gleichzeitig schiebt der Verband in einer Pressemitteilung hinterher: „Während die Bafin bei dem relativ unbedeutenden Insurtech Gonetto umgehend auf den Plan trat, und die von ihr beaufsichtigten Versicherungsunternehmen aufforderte, die Zusammenarbeit einzustellen, blieb das Amt bei Check24 merkwürdig zurückhaltend und konnte sich nicht einmal zu einer Missbilligung durchringen.“
Votum habe gegenüber der Bafin mehrfach darauf hingewiesen, dass hierdurch dem Eindruck, „die Kleinen hängt man, die Großen lässt man laufen“, Vorschub geleistet wird. Die Aufsicht habe hierzu lediglich „sibyllinisch“ erklärt, dass man bei einer Prüfung zu einer „abweichenden Rechtsbeurteilung gelangt sei“.
Die Entscheidung des Landgerichts München I sei ein klarer Fingerzeig für die Bafin, die dort zum Nachdenken führen sollte, ob man nicht bei dem Vorgehen gegen Gonetto und dem Nichthandeln gegenüber Check24 mit zweierlei Maß gemessen hat.
Alles hat einen Grund
Die Kritik von Votum kommt nicht aus dem blauen Himmel, sondern hat einen Grund. Die Bafin steht offenbar kurz davor, die Kontrollinstanz über die Finanzanlagevermittler zu werden, was dem Votum-Verband und anderen ein Dorn im Auge ist. Vor diesem Hintergrund sind die folgenden Zeilen von Votum viel verständlicher.
Das Bundesfinanzministerium habe die angedachte Vermittleraufsicht durch die Bonner insbesondere damit begründet, „dass die zunehmende Komplexität des zu beachtenden Rechts eine Befassung der Bafin zwingend erfordere“. Der Check24-Fall zeige, dass dem nicht so sei.
Das Agieren der Bafin im Bereich der Verstöße von Check24 gegen das Provisionsabgabeverbot sei für eine „vermeintlich überlegene Rechtsaufsicht“ der Bafin „tatsächlich kein Beleg.“
Das sagt der Angegriffene
VWheute hat in Bonn nachgefragt, was sie zu den Vorwürfen von Votum sagen möchte.
Das Urteil liege vor und werde, obwohl noch nicht rechtskräftig, „gegenwärtig daraufhin ausgewertet, inwieweit sich aus den wettbewerbsrechtlichen Ausführungen des Gerichts Folgerungen für ein aufsichtsbehördliches Tätigwerden der Bafin ergeben“.
Dabei gehe es auch um die Frage einer eventuellen Ordnungswidrigkeit, wobei sich das Provisionsabgabeverbot nach § 48b VAG seinem Wortlaut nach „nur an Versicherungsunternehmen und Versicherungsvermittler richtet.“
In anderen Worten: Der Vater muss nicht tätig werden, es ist nicht sein Aufgabengebiet. Die Zuständigkeit für die Aufsicht über Versicherungsvermittler/-makler wie Check24 liegt derzeit noch bei den Industrie- und Handelskammern.
Die Bafin ist für die Aufsicht über Versicherungsunternehmen zuständig – auch bei Verstößen gegen das Provisionsabgabeverbot. Nach dem Wortlaut des § 48b VAG kann nur ein Versicherungsunternehmen oder ein Versicherungsvermittler gegen das Provisionsabgabeverbot verstoßen.
In vorliegendem Fall war, anders als bei Gonetto (offenbar) kein Versicherer direkt beteiligt, womit die Bafin außen vor bleiben muss. Aus gut unterrichteten Kreisen erfuhr VWheute, dass die Bafin den Check24-Fall durchaus daraufhin untersucht(e), ob Versicherer am Verstoß beteiligt waren. Damit sind sie nicht allein, der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) tut dasselbe.
Für Check24 ist der Fall dagegen offenbar schon Geschichte. Das Urteil sei bedeutungslos und ein persönlicher Kreuzzug des BVK-Präsidenten Michael H. Heinz.