Allianz und Axa verstärken Klimabemühungen, Munich Re-CEO Wenning stutzt Politiker

Die Versicherer sorgen sich wegen des Klimawandels. Bild von RÜŞTÜ BOZKUŞ auf Pixabay

„Wir hätten früher auf die Klimaforscher hören sollen, uns geht die Zeit aus“, sagt Munich-RE-Chef Joachim Wenning auf der Klimakonferenz in Glasgow. Mit deutlichen Worten kritisiert er die staatlichen Klimabemühungen und erhob Forderungen bezüglich einer wirtschaftsfreundliche(re)n Politik. Derweil ergreifen neben seinem Unternehmen auch andere Häuser wie die Axa und Allianz weitere Maßnahmen, um dem Klimawandel entgegenzuarbeiten. Ob es reicht, ist fraglich.

Der Klimawandel ist menschengemacht, das Handeln der Politik ist ungenau und die Probleme werden zunehmen. Das waren die wesentlichen Aussagen Wennings in der Pressekonferez in Glasgow. „Je länger wir als Weltgemeinschaft den Klimawandel nicht richtig bekämpfen, desto größer werden die Risiken durch Naturkatastrophen und die daraus resultierenden Schäden“, attestierte Ernst Rauch, Chef-Klima- und Geowissenschaftler bei Munich Re. Die Auswirkungen des Klimawandels sind längst aus der Theorie in die wirkliche Welt geschwappt. „Zumindest teilweise“ sei der Klimawandel beispielsweise für das „schiere Ausmaß der jüngsten Hochwasserkatastrophe in Mitteleuropa“ verantwortlich. Da die Temperaturen weiter steigen, werden verschiedene Arten von extremen Wetterereignissen in verschiedenen Regionen der Welt „noch häufiger auftreten“. Aus solchen Begebenheiten gäbe es nur einen Schluss, die Anpassung an die Folgen des Klimawandels.

Eine Möglichkeit dafür wären Verbindungen zwischen Staaten und der Versicherungsbranche, sogenannte Public-Private-Partnerships, sagte Wenning. Dies könnte auch in ärmeren Ländern funktionieren, ein Beleg wäre die Caribbean Catastrophe Risk Insurance Facility. Günstig ist die Abfederung des Klimawandels nicht zu haben. „Es wird teuer“, erklärte Wenning während der Konferenz wiederholt. Das gelte besonders für die reicheren Länder, die neben Selbstschutz auch Regionen helfen müssten, die vom Klimawandel weit stärker betroffen sind als Europa.

Staaten zu unpräzise

Untypisch direkt war die Klimakritik Wennings an den Regierungen. Auf staatlicher Ebene konzentrieren sich die einzelnen Länder oft nur auf die Risiken in ihrem Zuständigkeitsbereich, kritisierte der CEO. Eine ganzheitliche Bewertung, geschweige denn eine umfassende Verantwortung „fehle dagegen meist“. Die Katastrophenvorsorge in diesen Ländern werde zudem häufig durch „unzureichend definierte Zuständigkeiten behindert“.

Schlimmer noch, die Länder hätten keinen gemeinsamen Plan, wie der Klimawandel angegangen werden soll. Gelingen könnte eine Bekämpfung des Klimawandels nur, wenn Staaten und Politik enger zusammenarbeiten, doch dafür würden Regeln fehlen.

Der Munich Re CEO Wenning zum Klimawandel. Quelle: Unternehmen.

„Der private Sektor müsse wissen, wo unter welchen Bedingungen investiert werden soll und kann“, erklärt Wenning. Die Wirtschaft brauche eine „unterstützende Politik“, denn sie erarbeite das Kapital, das in (staatliche) Umweltmaßnahmen fließt. Die Regeln, Vorschriften und Investitionsvorgaben seitens der Politik müssten „klar und verlässlich“ sein.  

Gordischer Knoten

Die geforderte Klarheit bei der Umsetzung einer einheitlichen Klimapolitik fehlt den Versicherern aber oft selbst, wie Umweltschützer beim Branchentreffen in Baden-Baden und aktuell in den Medien aufzeigen. Zuletzt fand sich Axa-CEO Thomas Buberl auf der Anklagebank wieder, zuvor traf es unter anderem die Allianz, Munich Re und Talanx. Der Vorwurf ist stets derselbe, die Versicherer würden Wasser predigen, aber Wein trinken; also von Umweltschutz reden und dennoch in Fossilunternehmen investieren und diese versichern.

Die Branche versucht diesem Ruf entgegenzuarbeiten, speziell während der laufenden Klimakonferenz. Die Axa hat ihre Kohle- und Gasausschlüsse erweitert, die Allianz hat gemeinsam mit der  International Finance Corporation eine Partnerschaft für 1,5°C-konforme Investitionen in Schwellenländern aufgelegt und auch Munich Re ziehe sich weiter aus umweltschädlichen Projekten zurück, bestätigte Wenning. EIOPA wird neben anderen Maßnahmen das erste europaweite Dashboard zur Schutzlücke bei Naturkatastrophen fertigstellen und immer mehr Versicherer unterstützen Net-Zero-Ziele.

Bei aller glaubhaften Umweltsorge, komplett selbstlos ist das Engagement nicht. Die (Rück-)Versicherer befinden sich in einer heiklen Lage. Die CEOs werden an aktuellen Zahlen gemessen, gleichzeitig erschwert der Klimawandel aber zunehmend das Geschäftsmodell, nämlich die Absicherung von (Umwelt-)Gefahren. Zieht sich die Branche aus dem umweltschädlichen und oft einträglichen Geschäft zurück, fehlen Gewinnbestandteile, die über Steuern und Abgaben wenigstens teilweise in staatliche Maßnahmen fließen.

Das Grundproblem

Klare Umwelt- und Investitionsregeln seitens der Politik, wie von Wenning gefordert, würden das Handeln der Branche erleichtern, dennoch ist das globale Ziel einer Kimawandelfolgenminderung fraglich. Selbst bei einer konkreten und skalierbaren Gefahr wie COVID gelang auf staatlicher Ebene kein gemeinsames Vorgehen, weder inner- noch außerhalb der eigenen Grenzen.

Fraglich, ob vor diesem Hintergrund in Glasgow geeignete Maßnahmen beschlossen werden können. Fraglicher, ob diese länger Bestand hätten wie die in Paris 2015 festgelegten Marken; an die sich kaum noch jemand gebunden fühlt. „Anders als die Corona-Pandemie wird der Klimawandel eine beständige Bedrohung sein“, mahnt Wenning. Möge er gehört und die Gefahr vereint und dauerhaft bekämpft werden.

Autor: Maximilian Volz