Verstöße gegen „Loyalität und Vertraulichkeit“: Covea und CEO Derez müssen Millionenstrafe zahlen

Covea-Chef Thierry Derez, Photo Stéphanie Têtu

Der Krimi endet mit einem Paukenschlag. Der französische Versicherer Covea buhlte ab 2018 um Scor, dann wurde das Kaufangebot plötzlich zurückgezogen, der Aktienkurs des Umworbenen purzelte. Sofort kamen Vorwürfe gegen Covea auf, denn deren CEO Thierry Derez saß im Verwaltungsrat von Scor und soll für das Angebot Insiderinformationen genutzt haben. Ein Handelsgericht hat sich nun mit dem Fall beschäftigt und eine Millionenstrafe ausgesprochen.

Für Covea war die Angelegenheit mit dem Rückzug der Offerte eigentlich beendet, zuvor beschwerte sich das Unternehmen allerdings noch, dass sich Scor „feindselig“ verhalten habe. Das Unternehmen kaufte danach Partner Re; nur um im Anschluss die Offerte zurückzuziehen. Das ursprüngliche Angebot an Partner Re war VWheute ein eigenes SCHLAGLICHT rund um die schillernde Unternehmerfamilie Agnelli wert.

Für Scor war die (Schein-) Offerte von Covea der Start für eine Klagewelle. Das Unternehmen witterte einen Compliance-Verstoß. Der Ex-Mitarbeiter Derez hätte zuvor eingesehene Insiderinformationen für die Offerte genutzt, die vom Scor-Aufsichtsrat final abgelehnt wurde. Ein Handelsgericht, Paris Commercial Court, bestätigt die Ansicht von Scor nun und hat hohe Strafen ausgesprochen.

Das Unternehmen muss fast 20 Millionen Euro, der CEO nicht ganz 500.000 Euro für die Verfehlung bezahlen. Hinzu kommen für beide Parteien noch die angehäuften Zinsen.

Gegen alles verstoßen

Der CEO Derez habe einen „erheblichen Verstoß“ gegen seine rechtlichen und treuhänderischen Pflichten als „Director“ von Scor zu verantworten, erklärte das Gericht laut Scor. Der ehemalige Verantwortliche habe Verstöße gegen „Loyalität und Vertraulichkeit“ begangen. So habe Derez „enthüllende“ Scor-Informationen und Dokumente sowohl Covea wie deren Beratern zukommen lassen. Das hätte nur ein Ziel gehabt, nämlich die Vorbereitung und Durchführung eines „unaufgeforderten Kaufangebots“ durch Scor.

Das Gericht habe zudem festgestellt, dass Covea SGAM und Covea Cooperations bewusst an den Verfehlungen von Derez teilgenommen und daran partizipiert haben, zudem wäre die öffentliche Kommunikation ihrer ungewollten Kaufofferte ungerechtfertigt gewesen.

Weitere Klagen

Der ehemaliger Scor-Director habe einen Bruch seines Vertrages begangen, für den er zivilrechtlich haftet, erklärt das Gericht laut Scor. Das ist in zwei Punkten interessant, erstens ist damit eine D&O-Haftung wegen Vorsatz vom Tisch, zweitens stärkt es die Erfolgsaussicht weiterer Klagen. Dass diese bereits laufen, hat Scor direkt mitverkündet.

Die erste Klage ist eine strafrechtliche Verfolgung gegen Derez und Covea in Verbindung mit dem ungewollten Angebot wegen Vertrauensbruchs und  „Verdeckung eines Vertrauensbruchs“. Der Prozess findet am 5. und 6. Juli 2021 vor dem Paris Criminal Court statt.

Eine Zivilklage gegen das Finanzunternehmen Barclays ist der zweite Rechtsfall. Die Londoner waren Coveas finanzieller Berater und finanzierende Bank bei der Offerte, ihnen werden Vertrauensvorstöße und das Brechen von Geschäftsdetails vorgeworfen. Dieser Prozess wird am 14. bis 23. Juli 2021 vor dem London High Court of Justice stattfinden. Die Scor-Covea-Geschichte wird also noch ein wenig andauern.

Autor: Maximilian Volz

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