AGCS: Covid-19 erhöht Combined-Ratio in Q2 auf 117 Prozent

Corona betrifft auch die AGCS. Quelle: Bild von Gerd Altmann auf Pixabay
Der Spezialversicherer der Allianz hat sich mit den Schadenszenarien für Unternehmen und Versicherer während der Corona-Pandemie beschäftigt. Mit konkreten Einschätzungen tat man sich schwer. Das ist verständlich, schließlich ist die Pandemie noch nicht beendet. Interessanter als die Gegenwart war allerdings die Frage, welche Trends die Allianz-Tochter für die Zukunft sieht.
Das größte Thema in der globalen Versicherungswelt ist derzeit die Absicherung der Betriebsunterbrechung, natürlich insbesondere in den großen Märkten Amerika, Großbritannien und hierzulande. Im Vereinigten Königreich sprach sich der High Court aktuell gegen die Versicherer aus, in Amerika sind die Urteile eher unternehmensfreundlich, hierzulande variieren die Entscheidungen. Die AGCS ist insgesamt „komfortabel“ mit der Ausgestaltung ihrer Verträge. In Deutschland wäre das Unternehmen in diesem Bereich „nur im Großkundengeschäft tätig“.
Sehr wohl betroffen ist das Unternehmen jedoch insgesamt von Corona. Laut Pressemitteilung wurden 450 Mio. Euro für erwartete Covid-Ansprüche reserviert, laut AGCS Results Update sind es genau „488 Mio. Euro erwartete Schäden für 2020, Stand Q2 2020“, wie das Unternehmen auf Nachfrage ausführt. Der Großteil davon kommt aus der Sparte Entertainment, davon stammen rund 40 Prozent aus Veranstaltungsausfall und 60 Prozent aus Unterbrechung von Filmproduktionen. Das beinhaltet auch die Hollywoodproduktionen, dort sei die AGCS „Marktführer“.

Weniger Arbeit, weniger Schäden
Erwartungsgemäß sanken die Schäden in der Sach- und Haftpflichtversicherung während des Lockdowns. Viele Unternehmen hatten ihre Arbeit eingestellt oder zurückgefahren. Das ist ein „zweischneidiges Schwert“, wie ein Unternehmenssprecher in der Online-Konferenz erklärt. Beispielsweise wurde ein US-Automobilzulieferer im Frühjahr von einem Tornado getroffen, doch der Betriebsunterbrechungsschaden fiel deutlich geringer, denn die Produktion war stark eingeschränkt. Umgekehrt können Maßnahmen zur Pandemieeindämmung die Betriebsunterbrechungen allerdings auch verlängern, da Zugangsbeschränkungen eine zügige Wiederinbetriebnahme verhindern. Ebenso sind stillgelegte Produktionsanlagen beim Wiederhochfahren schadengefährdet, beispielsweise ist das bei Chemieunternehmen der Fall.
Experten erwarten eine D&O-Klagewelle nach der Pandemie – VWheute hat sich aktuell im SCHLAGLICHT damit befasst – die AGCS konnte keine konkreten Angaben liefern, sieht die Gefahr allerdings auch. Im Bereich Luftfahrt fielen die Schäden „um etwa 50 Prozent“, allerdings sanken auch die Einnahmen, sodass unklar ist, wie sich die Combined Ratio entwickelt. Für den Bereich Haftpflicht konnte das Unternehmen noch keine Einschätzung zur Schadensituation liefern, es ist zu erwarten, dass die Schäden sinken.
Das kommt
Interessant ist, wie die AGCS die Zukunft sieht.

Wie das Schaubild zeigt, rechnet der Versicherer mit einer Zunahme der Bereich Fernwartung und -überwachung. Bei den Schäden sorgt sich die AGCS insbesondere um eine Zunahme bei den Cybergefahren. Während der Pandemie hätten sich die Cyberrisiken erhöht, zahlreiche Berichte verweisen darauf, dass Ransomware- und Business E-Mail-Compromise-Attacken zugenommen haben. Selbst wurden bei der AGCS „wenige Cyber-Schadenfälle registriert“, die im Zusammenhang mit der Pandemie stehen.
„Wir beobachten die dadurch neu entstehenden Risiken in der Industrie genau, beispielsweise im Bereich Cyber, und berücksichtigen diese im Underwriting. Zugleich setzen wir auch selbst auf digitale Tools wie MirrorMe, die uns geholfen haben, während des Lockdowns unsere Services in Risikoberatung und Schaden aufrechtzuerhalten.
Dass der Versicherer eine Reorganisation der Lieferketten nicht ausschließt, wissen VWheute-Leser bereits seit dem Interview mit Hans-Jörg Mauthe, Verantwortliche für Central & Eastern Europe AGCS: „Wenn die Lieferketten wieder lokaler würden, sehen wir zwei Auswirkungen: Einerseits würde dies vermutlich zu weniger Schadenaufwänden führen, da globale Abhängigkeiten reduziert würden. Auf der anderen Seite würden Teile der Produktion wieder in europäische Hochlohnländer verlagert werden, was bei einem Betriebsunterbrechungsschaden wieder ins Gewicht fiele“, erklärt der Experte.
Umbau und 117 Prozent
Das Unternehmen befindet sich derzeit im personellen wie strukturbetreffenden Umbau, wie sie in der großen Geschichte in der Versicherungswirtschaft lesen können. Das ziel ist die Reduktion der Combined Ratio.
Eine Verlangsamung des Umbaus durch Covid das Virus sieht das Unternehmen nicht. „Wir treiben unser Transformationsprogramm ‚New AGCS‘ und die Neuausrichtung unseres Versicherungsportfolios weiter mit voller Energie voran und erreichen die geplanten Meilensteine in diesem Jahr. Wir erwarten 2021 eine deutliche Verbesserung des versicherungstechnischen Ergebnisses.“
Schadentechnisch ist bei AGCS mitten in der Krise vieles unklar. Sicher ist dagegen, das Unternehmen will den eingeschlagenen Weg zu mehr Digitalität fortsetzen, um das genannte 2021-Ziel zu erreichen. Aktuell befindet sich das Unternehmen jedoch in der harten Covid-19 Gegenwart: „Die Covid-19-Pandemie beeinflusst die Schaden-Kosten-Quote der AGCS in diesem Jahr, für Q2 2020 lag diese bei 117 Prozent“.
Autor: Maximilian Volz