Erste Hauptversammlung per Video: Das kommt auf Munich Re-Chef Wenning zu

Joachim Wenning, Vorstandsvorsitzender der Munich Re. Quelle: Munich Re

Drei Probleme auf einmal hat CEO Joachim Wenning auf der heutigen Hauptversammlung vor sich.  Mehr Anstrengungen für den Klimaschutz fordert die Umweltorganisation Urgewald, zudem will der Konzern in der Krise eine Rekorddividende auszahlen und hat ein schwieriges Jahr 2020 noch fast komplett zu absolvieren. Es wird auf jedes Wort Wennings ankommen.

Das Problem der Munich Re ist ihr letztjähriger Erfolg und die tiefen Taschen in Verbindung mit der derzeitigen Krise. Trotz der durch Corona verursachten globalen wirtschaftlichen Probleme will der Rückversicherer die im Dax höchste Einzeldividende ausschütten; stolze 9,80 Euro je Aktie.  Das ist in der heutigen Zeit kritisch, denn die Diskussion um Dividendenzahlungen in der Krise läuft auf Hochtouren, die Munich Re könnte unverschuldet unter den Zug geraten.

Mehrere Politiker bemängeln, dass manches Dax-Unternehmen, namentlich die Autobauer, Staatshilfen wie Kurzarbeit beantragen und dennoch Aktionäre bedienen. Der Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD), erklärt: „Wer einen Kredit bekommen will aus den KfW-Hilfsprogrammen, darf keine Gewinne oder Dividenden ausschütten“, sagte der SPD-Politiker kürzlich. Auch bei Bonuszahlungen fordert er strikte Regeln, das sei sonst „niemandem zu vermitteln“.

Laut einer aktuellen Studie der DZ Bank hat die Wirtschaft bereits reagiert, rund 24 Prozent der europäischen Unternehmen haben ihre Dividendenzahlungen ausgesetzt oder reduzieren diese. „Ein Rückgang von rund 35 Prozent beim Dax und rund 40 Prozent in Europa erscheint aufgrund der Schwere der Rezession realistisch“, schreiben die Herausgeber.

2020 ist schwierig

Zwar bekommt die Munich Re keine Staatshilfen und fällt somit nicht unter die Vorgaben, doch eine Dividendenzahlung in einer solchen Höhe findet ihren Weg in die Nachrichten. Es wird in der Öffentlichkeit schwerlich eine Rolle spielen, dass die Zahlung das Ergebnis eines erfolgreichen Geschäftsjahres mit 2,7 Mrd. Euro Gewinn und keine Aussage zum aktuellen Geschäft ist.

Es ist vor allem ein Imageproblem, vor dem der Versicherer steht. Richard Edelman, Leiter der gleichnamigen PR-Agentur erklärt in der FAZ: „Einerseits müssen (Anmerkung der Redaktion: Unternehmen) sie das Geschäft am Laufen halten und die Angestellten weiter beschäftigen, andererseits müssen sie selbst gute Bürger sein. Es ist wichtig, dass Marken als pro Gesellschaft angesehen werden, nicht als pro Aktionäre.“ Ob Herr Wenning dieses Spagat gelingt?

Das momentane Geschäft der Münchener leidet, Absagen von Großveranstaltungen wie Olympia belasten den Versicherer, der Konzern befürchtet in diesem Jahr Milliarden-Schäden und hat bereits eine Gewinnwarnung herausgegeben. Der Versicherer hat also zumindest ein kleines monetäres Problem.

Im ersten Quartal rechnet die Munich Re mit einem Gewinn in Höhe eines „niedrigen dreistelligen Millionen Euro-Betrags“, im Q1 des Vorjahres waren es  633 Mio. Euro.  Zwar verfügen die Münchener über eine dicke Kapitaldecke, doch wird dieses Jahr wohl kein Rekordjahr werden. Die Durchführung des am 26. Februar 2020 angekündigten Aktienrückkaufprogramms 2020/2021 wird „bis auf Weiteres“ ausgesetzt. Vielleicht will der Versicherer die Aktionäre mit der Rekorddividende für möglicherweise dürrere Zeiten und das ausgefallene Rückkaufprogramm entschädigen.

Das Thema Öl und Umwelt

Auf Wenning kommen neben den image- und monetären- zusätzlich noch ökologische Fragestellungen zu. Im Fokus der Kritik der Umweltschützer von Urgewald stehen einige Kapitalanlagen des Unternehmens. Eine aktuelle Urgewald-Recherche zeige, dass die Munich Re aktuell Aktien und Anleihen in einem Gesamtwert von 56 Mio. Dollar am US-Ölkonzern Exxon Mobil halte. Dieser Umstand missfällt den Umweltschützern.

Urgewald habe untersuchen lassen, welche Investoren Exxon unterstützen, weil der Ölmulti vor der Küste Guyanas in Südamerika ein „gewaltiges neues Öl- und Gasfeld erschließt“, das die Zukunft Guyanas und des Weltklimas „gleichermaßen bedroht“. Bei vollständiger Ausbeutung des Feldes könnten nach Urgewald-Berechnungen mehr als 2,5 Milliarden Tonnen CO2 in die Atmosphäre gelangen. Die Gefahr eines Ölunfalls bei der Tiefseebohrung seien „immens“, was den Ökotourismus in der gesamten Karibik gefährde.

Immerhin gibt es für CEO-Wenning und Kollegen auch ein wenig Lob der Umweltschützer. Der Rückversicherer vollziehe „kleine Einschränkungen“ bei den besonders umwelt- und klimaschädlichen Ölsanden. Im März veröffentlichte Munich Re, dass Ölsandprojekte nicht mehr versichert und Unternehmen, die mehr als zehn Prozent ihres Umsatzes mit der Gewinnung von Ölsanden machen, aus den Kapitalanlagen ausgeschlossen werden.

Das Vorgehen von Urgewald gegen die Münchener fällt nicht zufällig auf das heutige Datum und auch sonst folgt die NGO in ihrem Kampf gegen Großunternehmen wie Versicherer einer ausgefeilten Taktik, wie VWheute analysierte.

Wenning steht trotz des Rekordjahres eine ungewöhnlich heftige Hauptversammlung bevor, bei der Corona nur eines der Themen sein wird. Wie er und sein Unternehmen sich schlagen werden, erfahren Sie zeitnah auf VWheute.

Autor: VW-Redaktion

Ein Kommentar

  • Michael Bender

    Unlogisch aber nachvollziehbar! Der Vorwurf, eine hohe Dividende zur Unzeit auszuschütten ist angesichts unserer moralisch eindimensionalen Gesellschaft nachvollziehbar. Logisch ist sie nicht. Abgesehen von der zu Recht erwähnten Abwesenheit von Staatshilfen bei Munich Re: Was, wenn ein Kleinaktionär die Dividende benötigt, um sich selbst nach einem Verdienstausfall über Wasser zu halten? Was ist mit Versicherungen, die in Munich Re Aktien investiert sind und das Geld an betroffene Versicherungsnehmer ausschütten müssen? Nein, die Debatte wird der Vernetzung unseres Wirtschaftssystems nicht annähernd gerecht. Auch der Auftritt von Urgewald: Eine eindimensionale Show um die Leitwährung unserer Tage – mediale Aufmerksamkeit. Mit 56 Mio € Investitionssumme in Fossilen nicht der Rede Wert, aber immer noch gut genug für einen moralisch überladenen Auftritt.

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