Was bringt der neue Bafin-Boss Mark Branson für die Versicherer?

Mark Branson, Präsident der Bafin. Quelle: Finma
Die Finanzaufsicht hat einen neuen, prominenten Vorsitzenden. Mark Branson tritt als Direktor der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma) zurück und wird „Mitte des Jahres“ den Platz an der Spitze der Bafin übernehmen. Für den Versicherungsverantwortlichen Frank Grund dürfte das einen Bedeutungszuwachs mit sich bringen. Er ist im Direktorium nun (fast) der einzige Mann mit detaillierter Versicherungsexpertise.
Mit Branson übernimmt ein ausgewiesener Bankenfachmann den Job von Hufeld, der neben seiner Bankvergangenheit auch einen Versicherungsbackground vorweisen kann. Am Ende war der Wirecard-Skandal zu viel für Hufeld, er musste ebenso wie die Verantwortliche für Wertpapieraufsicht, Elisabeth Roegele, seinen Hut nehmen. Für ihn übernimmt nun ein britischer Banken- und Aufsichtsfachmann, der sich seine Meriten am Finanzplatz Schweiz verdiente. Bevor der in Cambridge VWL- und Mathematik studierte Branson im Jahr 2010 seinen Job bei der Finma antrat, arbeitete er bei der Credit Suisse und UBS unter anderem als Finanzvorstand des Wealth-Managements und Schweiz-Geschäfts. Im Jahr 2010 wechselte er von der UBS zur Finma. Zunächst war er dort Leiter der Bankenaufsicht, ab 2013 zusätzlich stellvertretender Direktor und seit April 2014 dann Direktor der Behörde.
Mit Branson übernimmt also ein Banken- und Regulierungsfachmann. Das muss kein Nachteil sein, ist doch die Versicherungsbranche bei Grund in kompetenten Händen, er selbst in der Branche geschätzt. Dennoch geht mit Hufeld Verständnis für die Belange der Versicherer an der Spitze der Behörde verloren. Neben dem für Versicherungen und Pensionskassen verantwortlichen Grund hat mit Raimund Röseler, Exekutivdirektor Bankenaufsicht, nur noch ein Direktoriumsmitglied Erste-Hand-Erfahrung mit der Arbeit eines Versicherers.
Es ist anzunehmen, dass sich Branson zu Beginn seiner Amtszeit stark auf die Expertise seine Direktoriumsmitglieder stützt, muss er sich doch zunächst einen genauen Überblick über Gesetze, Amt und Aufgaben verschaffen. Im Versicherungsbereich ist das unproblematisch, stehen doch die Versicherer laut Grund solide da. Allerdings äußerte er zuletzt Bedenken hinsichtlich der Stabilität, wenn die Solvency II-Übergangsmaßnahmen im Jahr 2032 auslaufen. Die Lage der Pensionskassen bleibt dagegen problematisch.
„Hut ab! Da haben Olaf Scholz und Jörg Kukies einen erfahrenen Fachmann gewinnen können. Es ist gut, dass Herr Branson von außen kommt und Probleme lautstark thematisieren sowie engagiert angehen kann.“
Gerhard Schick, Vorstand Finanzwende
Erst die Banken, dann der Rest
Für die Verantwortlichen, allen voran Finanzminister Olaf Scholz und dessen Staatssekretär Jörg Kukies, ist der Verlust an Versicherungsexpertise verschmerzbar. Besonders deswegen, weil die jüngsten Skandale Cum-Ex, Wirecard und Greensill Bankenthemen sind. „Der Skandal um die Wirecard AG hat offenbart, dass die deutsche Finanzaufsicht eine Reorganisation braucht, um ihre Aufsichtsfunktion effektiver erfüllen zu können“, erklärte eine Person aus dem Finanzministerium. Der Finanzminister selbst erklärt zur Personalie: „Mit Branson an der Spitze wollen wir die Reform der Bafin fortsetzen, damit die Finanzaufsicht mehr Biss erhält. Das Vertrauen in den Finanzplatz Deutschland ist wichtig und die Bafin ein zentraler Vertrauensfaktor.“
Der stetige Bafin-Kritiker „Finanzwende“ ist vom neuen Mann überzeugt und stimmt mit in die Lobeshymnen ein. „Hut ab! Da haben Olaf Scholz und Jörg Kukies einen erfahrenen Fachmann gewinnen können. Es ist gut, dass Herr Branson von außen kommt und Probleme lautstark thematisieren sowie engagiert angehen kann“, erklärt Gerhard Schick, Vorstand Finanzwende. Es liege ein Mammutprojekt vor Branson. Er muss den „oftmals schlafenden Riesen Bafin“ zu einem „starken Wächter“ über die Finanzmärkte wandeln. Dazu wären „grundlegende Reformen“ nötig.
Die Zusage Bransons hat viele überrascht. Nicht zuletzt deswegen, weil er in der Schweiz mehr verdiente. Als Finma-Chef bezog Branson laut Handelsblatt aktuell 552.000 Schweizer Franken. Dagegen belaufen sich die Gesamtbezüge des sechsköpfigen Bafin-Direktoriums auf 1,3 Millionen Euro. Es ist auch kein Wechsel aus Not. Laut Finews und NZZ ist der Scheidende in der Schweiz beliebt und geschätzt. Der Abgang werde bei der Finma „ausdrücklich bedauert“, er habe einen „hervorragenden Job“ gemacht. Interessant ist auch der Zeitpunkt, mitten im Jahr und wenige Monate vor der Bundestagswahl. Es ist keineswegs ausgeschlossen, dass Branson ab September einen neuen Boss hat.
Einen „hervorragenden Job“ erwarten sowohl die Politiker wie auch die Finanzbranche. Er soll die angestrebten Reformen bei der Bafin – VWheute berichtete – umsetzen und weiterentwickeln. Mitten um die Personalie ist derweil ein Streit über die personelle Ausstattung der Bafin ausgebrochen. Es wurden 158 neue Stellen für die Umsetzung der Neuausrichtung bewilligt, doch innerhalb der Behörde denken viele, dass diese nicht ausreichen. Laut Medienberichten waren zunächst über 300 Stellen im Gespräch, doch die Bafin reduzierte zunächst auf 189, bevor das Finanzministerium nochmals den Rotstift ansetzte.
Die Finanzwelt, allen voran die Banken, kritisieren die entstehenden Kosten der Aufstockung. Die Bafin müsste Ressourcen stärker nutzen und intern besser zusammenarbeiten. Dem SPD-Politiker Jens Zimmermann platzte der Kragen: „Nach dem Wirecard-Skandal waren sich alle einig, dass die Bafin aufgerüstet werden muss. Doch jetzt, wo es zum Schwur kommt, wollen Banken und Versicherer davon auf einmal nichts mehr wissen. Das ist unglaubwürdig.“ Der umlagefinanzierte und von der Finanzwirtschaft getragene Haushalt der Bafin sei 2014 von 224 Mio. Euro auf 493 Mio. Euro im laufenden Jahr gestiegen.
Wie sich die Bafin finanziell und strukturell aufstellt und ihre Schwerpunkte setzt, wird maßgeblich der mit Rückenwind ankommende Branson bestimmen. Die Finanzwirtschaft darf gespannt sein.
Autor: Maximilian Volz