Run-Off Unternehmen im Check: Top beim Rohüberschuss, Flop bei der Kundenbeteiligung?
„Die Tendenz zu einem internen oder externen Run-Off dürfte eher zunehmen“. Das schreibt Reiner Will, Geschäftsführender Gesellschafter bei Assekurata zum Auftakt einer Studie über die Stärke der Run-Off-Unternehmen (ROU). Fakt ist, die Run-off-Unternehmen haben zuletzt überdurchschnittlich hohe Erträge erwirtschaftet, während einige Lebensversicherer (deutlich) Kunden verlieren. Doch ein zweiter Blick tut Not, weiß die Kölner Ratingagentur.
Das Run-Off-Geschäft ist zukunftsträchtig. Das weiß auch Christian Thimann, Deutschlandchef von Athora. Sein Unternehmen ist mit der eigenen „Position und Aussicht zufrieden„, wie er im Interview mit der Versicherungswirtschaft bestätigt. Doch nicht erst morgen sind die Unternehmen eine wichtige Größe auf dem Markt, bestätigt Lars Heermann, Bereichsleiter Analyse und Bewertung bei Assekurata. „Der externe Run-off ist in der deutschen Lebensversicherung noch ein vergleichsweise junges Phänomen, welches in der öffentlichen Berichterstattung häufig kritisch gesehen wird“, erklärt er. „Derzeit befänden sich sieben deutsche Lebensversicherer mit einem Prämienvolumen von insgesamt 3,9 Mrd. Euro, was einem Marktanteil von circa vier Prozent entspricht, im externen Run-off.
Sie verteilen sich auf folgende drei Plattformen:
- Viridium-Gruppe: Skandia Lebensversicherung AG, Heidelberger Lebensversicherung AG, Entis Lebensversicherung AG (ehemaliger Bestand der Protektor Lebensversicherungs-AG),
Proxalto Lebensversicherung AG (ehemals Generali Lebensversicherung AG) - Frankfurter-Leben-Gruppe: Frankfurter Lebensversicherung AG (ehemals Basler Leben AG Direktion für Deutschland), Frankfurt Münchener Lebensversicherung AG (ehemals ARAG Lebensversicherungs-AG)
- Athora-Gruppe: Athora Lebensversicherung AG (ehemals Delta Lloyd Lebensversicherung AG)
- Weiter wird in der Studie, analog zum Vorjahr, die Victoria Leben berücksichtigt, die sich im internen Run-off der Ergo-Gruppe befindet.
Offenbar machen die Run-off-Unternehmen einiges richtig, beispielsweise beim Rohüberschuss, an dem die Versicherungsnehmer beteiligt sind. Übergreifend wird der Rohüberschuss als wichtiges Kriterium bei der Analyse von LV-Unternehmen angesehen, ein geringes Plus in diesem Bereich ist ein Punkt, den Experten wie das Deutsche Finanz-Service Instituts, der LV-Experten Hermann Weinmann oder eben Assekurata (deutlich) kritisieren.
Bis zum Jahr 2016 lag die Rohüberschussquote der Run-Off-Unternehmen stets unter dem Marktdurchschnitt, doch das war einmal.
Natürlich zeigt ein solcher Graph immer nur den Durchschnitt, wie das einzelne Unternehmen abschneidet, kann der Studie „Run-off in der Lebensversicherung 2020“ von Assekurata entnommen werden. Die Dominanz der Run-off-Firmen in diesem Bereich ist bemerkenswert. Im Jahr 2019 erreichten die Run-off-Gesellschaften im Durchschnitt eine Rohüberschussquote von 33,6 Prozent, während der Markt durchschnittlich knapp 12 Prozent erwirtschaftete, analysiert Assekurata.
Bevor jetzt aber der große Run auf die Spezialgesellschaften einsetzt, die Quoten haben unterschiedliche Gründe. „In einer Detailanalyse stießen wir vielmehr auf einige Sonder- oder Einmaleffekte, wie beispielsweise die Auflösung einer Steuerrückstellung, oder die außerordentliche Realisierung von stillen Reserven in der Kapitalanlage, die zumindest teilweise die sehr hohen Überschüsse erklären“, erklärt Heermann. Vor diesem Hintergrund gestalten sich „belastbare Aussagen für die zukünftige Entwicklung“ der Ertragslage als „schwierig“.
Knausrige Run-Off’ler?
Ein Vorwurf gegenüber Run-off-Plattformen ist, dass sie die Kunden mit den sprichwörtlichen „Peanuts“ abspeisen, um die Ansprüche der eigenen Aktionäre zu bedienen. Diesen, und viele weitere, Aspekte hat Assekurata ebenfalls untersucht. Insbesondere der zeitliche Verlauf bei der Beteiligung der Kunden am Rohüberschuss ist aufschlussreich.
Dazu schreibt Assekurata, dass sich der in der Vorjahresstudie erkennbare Trend fortsetze, dass der Kundenanteil am Rohüberschuss bei Run-off-Playern im Zeitablauf „wesentlich deutlicher sinkt“ als auf dem Gesamtmarkt. Das bestärke die These, dass die Aufkäufer aufgrund des „fehlenden Neugeschäftsdrucks“ die Beteiligung der Kunden am Unternehmenserfolg „weniger als Wettbewerbsfaktor sehen“.
Verwaltungskosten zu hoch?
Ein kritischer Punkt bei den Run-offs sind die Verwaltungskosten. Aufgrund fehlenden Neugeschäfts schrumpfen die Bestände, sodass bei gleichbleibenden Kosten, beispielsweise für IT, die Skaleneffekte verloren gehen und das Kostenergebnis in Gefahr gerät.
Das Kostenbild der Anbieter ist uneinheitlich. Bei Athora und der Victoria (Ergo) entwickeln sich die Kosten sukzessiv nach oben.
Dagegen kann der Markt das Niveau weitgehend konstant halten, wie die Studie zeigt. Die Versicherer wissen, strenge Kostendisziplin ist in Zeiten der Nullzinsen ein Muss.
Der beschriebene Rückgang ist der Allianz Leben zu verdanken, die bei nahezu gleichen Kosten die Bruttoprämien um „beachtliche 31,21 Prozent“ steigern konnte.
Am Ende entscheidet der Kunde, ob er der Lebensversicherung generell und den Run-off-Firmen im speziellen vertraut. Ein wesentlicher Indikator dafür ist die Stornoquote. In der jüngeren Vergangenheit waren die Quoten geringer als im Markt, während das Stornovolumen im vergangenen Jahr im Vergleich zu 2018 insgesamt um 13,8 Prozent auf 14 Milliarden Euro gestiegen ist, wie Policen Direkt ermittelte. Aktuell kündigen weniger Menschen bei ROU ihre Verträge als bei regulären Unternehmen.
Allerdings muss auch an dieser Stelle eingeschränkt werden, dass sowohl die Frankfurt Münchener- wie die Skandia Leben „höhere Stornoquoten als der Markt aufweisen“.
Auf ein abschließendes Fazit der lesenswerten Studie verzichtet Assekurata. Wohlwissend, dass jedes ROU für sich analysiert werden muss und generelle Aussagen über die Branche mindestens fraglich, wenn nicht gar gefährlich sind. So muss ein Zitat von Johannes-Tobias Lorenz, Senior Manager McKinsey, das salomonische Schlusswort bilden: „Das Thema Inforce-Management birgt sowohl für Kunden wie Unternehmen noch einiges an Potenzial“ – allerdings steckt der LV-Teufel für den Kunden nach wie vor im Detail, wie die Untersuchung zeigt.
Die Studie von Assekurata können Sie hier beziehen.
Autor: Maximilian Volz
Der Kundenservice liegt teilweise komplett am Boden. Bei der Skandia ist niemand zu erreichen, Rückrufe erfolgen nicht, e-Mail Anfragen werden nicht beantwortet. Monate Arbeitsrückstände. Sogar Verträge die ablaufen werden nicht ausgezahlt.
Vorstandsbeschwerden häufen sich – werden ebenfalls ignoriert.
Mit diesem Zuständen sollte sich mal die BAFIN beschäftigen.