Terror-Versicherung: Pool Re senkt drastisch Preise, GDV kritisiert weiterhin fehlende Staatsgarantie für Extremus
Der BDI als Spitzenverband der deutschen Industrie und GVNW als Interessenvertretung der versicherungsnehmenden Wirtschaft haben bereits im März eindringlich darum gebeten, die Staatsgarantie für den Terrorversicherer Extremus zügig zu verlängern. Seitdem ist nichts passiert. Nun fordert GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen eine Entscheidung bis September. Derweil senkt Pool Re, Großbritanniens führender Terrorismus-Rückversicherer, die Preise um bis zu 30 Prozent.
Pool Re ist der Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit für die Versicherung von Terrorismusrisiken in Großbritannien und arbeitet als unabhängiges Regierungsorgan. Sie wurde 1993 von der britischen Regierung als Reaktion auf die Verluste und die Unsicherheit gegründet, die durch die verheerenden Bombenanschläge der Provisional IRA auf die Finanzzentren in London und Manchester verursacht wurden. Infolge dieser Anschläge wurde der Versicherungsschutz für gewerbliche Immobilien aufgehoben, was bedeutete, dass Wirtschaft, Industrie und Steuerzahler für die Auswirkungen künftiger Anschläge sehr anfällig waren. Pool Re bietet ein finanzielles Sicherheitsnetz für Vermögenswerte und Unternehmen im Wert von rund 2,2 Billionen Pfund und verfügt über einen Reservefonds, der sich derzeit auf 6,9 Mrd. Pfund beläuft, und hat seit seiner Gründung im Zusammenhang mit 17 terroristischen Ereignissen Schadenersatzzahlungen in Höhe von mehr als 1,25 Mrd. Pfund geleistet (inflationsbereinigt).
Nun hat das Unternehmen die stärkste Senkung seiner Rückversicherungspreise für Versicherer seit 20 Jahren angekündigt. Die Senkung wird im Oktober 2022 in Kraft treten und wird je nach geografischem Standort unterschiedlich ausfallen. Insgesamt werden die Rückversicherungspreise außerhalb der Zone A (Zentrum von London) um etwa 20 Prozent sinken und könnten in vielen nicht-städtischen Gebieten um mehr als 30 Prozent zurückgehen. Diese Senkungen werden wahrscheinlich zu einer entsprechenden Senkung der Versicherungspreise führen, obwohl die Versicherer, die Mitglieder von Pool Re sind, für die Festlegung der Preise für ihre eigenen Versicherungsnehmer verantwortlich bleiben.
Pool Re erklärte, dass die Preissenkungen durch eine erhebliche Investition in seine Modellierungskapazitäten ermöglicht wurden, die das Risikoverständnis weiter verbessern und die Preisgestaltung in Zukunft weiter erleichtern werden.
Neben den verbesserten Modellierungsmöglichkeiten wurde auch das VSAT (Vulnerability Self-Assessment Tool) von Pool Re neu gestaltet, um die Navigation und die Benutzerfreundlichkeit zu verbessern. Durch den Einsatz des Tools können Versicherungsnehmer, die die Benchmark-Standards erreichen und eine Versicherungssumme von mehr als 50 Millionen Pfund aufweisen, einen erhöhten Rabatt von zehn Prozent erhalten. Auch die Rabatte für die verschiedenen Arten der Selbstversicherung, d. h. für die Schadensgrenze oder den Selbstbehalt, wurden verbessert.
„Diese Vereinbarung zur Preissenkung war einer der herausragenden Erfolge der jüngsten Regierungsüberprüfung von Pool Re. Wir hoffen, dass sie zu niedrigeren Versicherungspreisen für die Versicherungsnehmer führen wird, was wiederum mehr Unternehmen ermutigen wird, sich gegen Terrorismus zu versichern“, kommentierte Tom Clementi, CEO von Pool Re.
Der BMF wartet auf eine Studie zu Extremus
Die unbegrenzte Garantie der britischen Regierung ermöglicht es Pool Re, eine umfassende Terrorismusversicherung anzubieten, die auch für chemische, biologische, radiologische und nukleare Bedrohungen (CBRN) gilt. In Deutschland derweil geht der Streit um die Staatsgarantie für Terrorrisiken weiter. In Deutschland können sich Unternehmen bei Extremus gegen Terrorrisiken absichern. Zu den Aktionären zählen Versicherungsunternehmen wie Allianz, Munich Re, Swiss Re, HDI Global und Deutsche Rück.
Extremus deckt Risiken ab einer Gesamtversicherungssumme von 25 Millionen Euro. Gemäß der aktuellen Garantievereinbarung stockt der Staat die Gesamtkapazität des Spezialversicherers mithilfe einer Garantie von 6,48 Milliarden auf insgesamt neun Milliarden Euro auf. Dadurch könnte Extremus sechsmal pro Jahr die maximale Jahreshöchstentschädigung von 1,5 Milliarden Euro pro Kunde auszahlen. Die Zusage des Bundes aus dem Jahr 2019 läuft allerdings Ende 2022 aus. Und
Der BDI und der GVNW haben das Bundesfinanzministerium (BMF) bereits im März eindringlich darum gebeten, die Staatsgarantie zügig zu verlängern. Andernfalls, so die Befürchtung, müsste Extremus den Geschäftsbetrieb kurzfristig einstellen, VWheute berichtete. BDI und GVNW befürchten, dass der Bund seine Zusage gänzlich aussetzt oder zu spät abgibt, wie das aus ihrer Sicht im Jahr 2019 der Fall war. Die zu verspätete Zusicherung habe dazu geführt, dass schlechtere Absicherungen im Ausland gekauft werden mussten.
Nun erinnert auch der GDV an den Zeitdruck. Die Bundesregierung muss spätestens bis September Klarheit für die Wirtschaft beim Thema Terrorrisiken schaffen und die Staatsgarantien verlängern“, sagte GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen dem Handelsblatt.
Der Weg einer öffentlich-privaten Partnerschaft bei der Versicherung des Systemrisikos Terror habe sich nicht nur in Deutschland bewährt, ergänzt Asmussen. Die Risikolandschaft habe sich in den vergangenen Jahren verändert. „Die Gefahren sind globaler geworden und teils in den Cyberraum gewechselt“, betont der GDV-Mann. Dieser Entwicklung müsse sich auch das öffentlich-private Partnerschaftsmodell stellen.
Das BMF teilte dem Handelsblatt Anfang April mit, eine Studie zu Extremus in Auftrag gegeben zu haben. Das Gutachten werde derzeit erstellt, und die Ergebnisse werde man bei der Entscheidung in angemessener Weise berücksichtigen.
Autor: VW-Redaktion