Münchener Landgericht verhandelt mehrere Prozesse um die BSV, weitere werden folgen

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Aktuell werden vor dem Landgericht München mehrere Prozesse zur Betriebsschließungsversicherung (BSV) verhandelt. Nach der Sommerpause werden weitere folgen. Auch in anderen Bundesländern kommt es zu zahlreichen gerichtlichen Entscheidungen.

Das Münchner Landgericht verhandelte am Freitag zum ersten Mal coronabedingte Klagen gegen Versicherungen im Rahmen der BSV. Die Unternehmen wollen „ihren Kunden die Kosten pandemiebedingter Betriebsschließungen nicht ersetzen“, schreibt der Donaukurier. Insgesamt sind vier mündliche Verhandlungen vorgesehen gewesen, Kläger sind drei Gastronomen und eine Kinderkrippe.

Zu den Klägern gehören auch prominente Münchener Gastronomen wie Christian Schottenhamel vom Nockherberg und Jürgen Lochbihler vom Pschorr am Viktualienmarkt. Allein letzterer klagt über Umsatzeinbußen von bis zu 70 Prozent und fordert mehr als eine Million Euro vom Versicherer.

Ebenfalls zu den Klägern zählt auch Christian Vogler, Wirt des Augustinerkellers, der erst am 4. März – also kurz vor dem Lockdown – eine BSV abgeschlossen hatte. Nun fordert er insgesamt 1,14 Mio. Euro von seinem Versicherer, berichtet die Bild. Der lehnt die Forderung allerdings ab mit der Begründung, Pandemien seien nicht über die Standardpolicen abgedeckt.

Weitere Prozesse sind bis nach den sommerlichen Gerichtsferien verschoben. Hintergrund der Verfahren ist die Grundsatzfrage, wann und unter welchen Voraussetzungen die Versicherungen für Schäden der Corona-bedingten Betriebsschließungen leisten müssen, schreibt das Gericht in einer Pressemitteilung. Bislang sind am Münchner Landgericht insgesamt 39 Klagen eingegangen, die von drei Kammern für Versicherungssachen und den Handelskammern bearbeitet werden.

Die Kammer hielt es „grundsätzlich für unproblematisch“, dass die Schließungen aufgrund einer Allgemeinverfügung oder Verordnungen des zuständigen bayerischen Ministeriums erfolgten. Ob im Einzelfall Ansprüche bestehen, hänge davon ab, wie die Versicherungsbedingungen genau formuliert sind, was man unter „Schließung“ versteht und wie hoch der Schaden ist.

„Im Einzelfall kommt es daher darauf an, ob dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer einer Betriebsschließungsversicherung nach der Formulierung in den Versicherungsbedingungen hinreichend klar ist, dass der Versicherungsschutz im Verhältnis zu den Regelungen des Infektionsschutzgesetzes lückenhaft ist“, erklärt die Vorsitzende Richterin der 12. Zivilkammer, Susanne Laufenberg.

Der nächste Sitzungstag ist laut Süddeutscher Zeitung für den 17. September angesetzt. Dann sollen laut Bericht unter anderem die Klagen von Schottenhamel und seinem Nockherberg verhandelt. Bei Vogler und Zacher könnten sogar erste Urteile gesprochen werden.

Blau-Weiße Lösung

In Bayern wurde während der Pandemie eine Lösung zwischen Politik, Gastronomen und Versicherern geschlossen, der „bayerische Kompromiss“, der von vielen Versicherern deutschlandweit übernommen wurde. Im Wesentlichen besagt die Lösung, dass teilnehmende Versicherer den betreffenden Firmenkunden freiwillig zehn bis 15 Prozent der vereinbarten Tagessätze zahlen.

Dazu kommen staatliche Hilfen, sodass die Verluste in vielen Fällen zu etwa 70 Prozent abgedeckt sind. An der Lösung gibt es durchaus Kritik. Die Klagen sind nicht auf Bayern beschränkt, in vielen anderen Bundesländern, wie beispielsweise Nordrhein-Westfalen oder Rheinland-Pfalz, gibt es ähnliche Fälle. Wie die Gerichte entscheiden werden, ist vom vereinbarten Schutz und den Bedingungen abhängig. Ein Gericht in Mannheim entschied pro Geschädigte, ein Gericht in Hamm pro Versicherer.  

Es ist also offen, wie die Fälle ausgehen werden, eine seriöse Prognose nicht möglich. Zwei Juristen von KPMG haben sich mit dem Urteil von Mannheim genauer befasst und es in der Versicherungswirtschaft analysiert.

Autor: VW-Redaktion

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