Wegweisendes BSV-Urteil: OLG Hamm entscheidet zugunsten der Versicherer

Die SDK muss laut LG Verden Prämien an ihr Versicherten zurückzahlen. Quelle: Bild von jessica45 auf Pixabay

Es ist derzeit die heißeste Frage der Branche: Muss eine Betriebsschließungsversicherung (BSV) bei Corona leisten? Nachdem das Landgericht Mannheim sich aufseiten eines Geschädigten gestellt hatte, bezog das Oberlandesgericht Hamm in einem Eilverfahren gegenteilige Position. Die Urteile widersprechen sich insbesondere bei der Auslegung des Infektionsschutzgesetzes (IfSG), das auch bei weiteren BSV-Fällen entscheidend sein wird.

Die Argumentation des OLG steht der des Gerichts in Mannheim diametral entgegen. Laut den Mannheimern habe die Klägerin grundsätzlich einen Anspruch aus der bestehenden BSV, auch wenn Covid nicht ausdrücklich in den Bedingungen erwähnt wird. Das Oberlandesgericht Hamm argumentiert dagegen, dass kein Deckungsschutz gegen Krankheiten und Erreger besteht, wenn diese nicht ausdrücklich vertraglich benannt sind.

So argumentiert das OLG Hamm

Im konkreten Fall hatte eine Gastwirtin aus Gelsenkirchen infolge des Corona-bedingten Lockdowns einen Betrag von exakt 26.962 Euro geltend gemacht. Allerdings hatte das Landgericht Essen den Antrag der Wirtin, eine einstweilige Verfügung zu erlassen, abgelehnt. Das OLG bestätigte nun die Entscheidung der Vorinstanz.

Die Aufzählung der „versicherten“ Krankheiten und Krankheitserreger in den vereinbarten Versicherungsbedingungen sei abschließend, heißt es zur Begründung. Der Wortlaut „nur die im Folgenden aufgeführten (vgl. §§ 6 und 7 IfSG)“ und die anschließende ausführliche Auflistung einer Vielzahl von Krankheiten und Erregern mache dem – für die Auslegung maßgeblichen – durchschnittlichen Versicherungsnehmer deutlich, dass der Versicherer nur für die benannten, vom Versicherer einschätzbaren Risiken einstehen wolle“, argumentieren die OLG-Richter in Hamm.  

Der Hinweis „vgl. §§ 6 und 7 IfSG“ könne nicht so verstanden werden, dass der Versicherer auch für eine spätere Erweiterung des Gesetzes Versicherungsschutz gewähren würde, heißt es in dem „nicht anfechtbaren“ Beschluss vom 15. Juli 2020 (Az.: 20 W 21/20, OLG Hamm).

Bestätigung und Widerspruch

Ähnlich wie das OLG Hamm bewerten auch die beiden KPMG-Juristen Ulrich Keunecke und Frank Püttgen die Auslegung des IFSG in der BSV. Sie setzten sich kritisch mit dem Urteil des LG Mannheims auseinander. In diesem wurde argumentiert, dass der Versicherer es selbst in der Hand hatte, „einen eindeutig abschließenden Katalog der Erreger aufzunehmen“, so sei „auch Covid-19 von der – regelmäßig – dynamischen Bezugnahme auf die Paragrafen 6 und 7 des IfSG umfasst“, wie dies in den streitigen Bedingungen auch der Fall war“.

Das Thema BSV und Auslegung des IfSG bleibt weiter spannend.

Autor: VW-Redaktion

2 Kommentare

  • Günter Fröhlich

    Den beiden Entscheidungen liegen unterschiedliche Bedingungen zugrunde. In MA ohne Aufzählung, in Hamm mit Aufzählung. Daher widersprechen sich die Urteile nicht.

  • Es ist an der Zeit, dass sich der BGH nun endlich der Sache annimmt und den Scharmützeln in den nachgeordneten Instanzen ein Ende macht. Es ist nun an der Zeit, dass, wenn schon auf die Versicherungen kein Verlass ist, wenigstens die Rechtssprechung in diesem Land verlässlich wird.

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