Juristen raten BSV-Betroffenen zur genauen Prüfung
In Bayern wurde eine Lösung im Streit zwischen Unternehmern und Versicherungsbranche bei der Betriebsschließungsversicherung (BSV) vereinbart. Dieser Kompromiss stößt bei Anwälten aus versicherungsfreundlichen und -skeptischen Juristen keineswegs auf begeisterte Zustimmung.
Es war ein hartes Stück Arbeit, bevor sich die Beteiligten auf einen Kompromiss einigen konnten, VWheute hatte vorab von den Verhandlungen und den Problemen in der BSV berichtet. Schlussendlich erreichten das bayerische Wirtschaftsministerium, mehrere Versicherer, der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA) und die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft eine Lösung. Diese sieht eine finanzielle Unterstützung der betroffenen Hotels und Gaststätten vor, die das Überleben der Häuser sichern soll. Diese Regelung sehen viele Juristen kritisch.
Das ist der Kompromiss
Die Kanzlei Wirth-Rechtsanwälte, der namensgebende Anwalt Norman Wirth ist Vorstand beim AfW – Bundesverband Finanzdienstleistung, hat sich mit der bayerischen Regelung beschäftigt, das Urteil ist ambivalent. Die angenommene Grundlage des Kompromisses ist, dass ca. 70 Prozent der finanziellen Ausfälle der betroffenen Gaststätten und Hotels von Bund und Länder per Kurzarbeitergeld und Soforthilfen übernommen werden, erklärt der Anwalt.
Von den restlichen 30 Prozent würden die Versicherer ihren betroffenen Kunden gegenüber ca. 50 Prozent, also insgesamt „zwischen zehn und 15 Prozent des Schadens“ übernehmen. Die betroffenen Gastronomen und Hoteliers sind an diese Regelung nicht gebunden. Es stehe ihnen frei, eine konkrete Regulierungsentscheidung herbeizuführen.
Die Versicherer Allianz, Zurich, Haftpflichtkasse Darmstadt, Gothaer, Nürnberger und Versicherungskammer Bayern sowie die HDI haben sich bisher zu dem Kompromiss bekannt, er soll bundesweit von möglichst vielen Versicherungsunternehmen übernommen werden.
Das Urteil
Grundsätzlich begrüßt Wirth-Rechtsanwälte, „als der Versicherungsbranche – positiv, aber positiv kritisch – verbundene Anwaltskanzlei“, den nunmehr vorgeschlagenen Kompromiss, da es ein „erster guter Schritt“ für Versicherungskunden, -gesellschaften und –vermittler sei. Doch es folgt ein „aber“.
„Es kann häufig sinnvoll sein, den angebotenen Kompromiss zu akzeptieren. Aber nicht unbedingt immer. Wir raten daher weiterhin, jeweils im Einzelfall zu prüfen, ob die nunmehr getroffene Vereinbarung auch der individuellen Situation entspricht und der dargestellte Kompromiss auch individuell einen fairen Interessensausgleich zwischen Versicherer und Kunden darstellt“, erklärt der Fachanwalt Tobias Strübing von Wirth-Rechtsanwälten.
Der Berliner Anwalt Knut Pilz, eher branchenkritisch eingestellt, stimmt dem zu: „Der Eindruck, dass sich die Versicherer hier günstig aus der Affäre ziehen wollen drängt sich auf.“ Es besteht für einige Versicherer ein hohes Risiko, „vollständig für die Schäden aufkommen zu müssen.“ Dies hänge allerdings von den jeweiligen Versicherungsbedingungen ab., schränkt er ein.
Der Anwalt würde jedem Betroffenen „dringend empfehlen“, vor der Annahme eines Vergleichs zu prüfen, wie hoch denn die tatsächlichen Erfolgschancen bei seinen konkret vereinbarten Versicherungsbedingungen sind. Als „ganz erheblich“ schätzt Herr Pilz das Risiko für die Versicherer ein, „vollständig in Anspruch genommen zu werden“.
Nicht anders sehen das die Wirth-Anwälte. Die Argumente, die von diversen Versicherungsgesellschaften in Bezug auf eine Ablehnung des Versicherungsschutzes ins Feld geführt werden, „dürften in vielen Fällen kaum durchgreifen“. Dabei lassen sich grob drei Kategorien unterscheiden: Die Bezahler, die zurecht Verweigernden und diejenigen Häuser, deren Bedingungen nicht eindeutig sind und die nach Einschätzung der Wirth-Juristen „aufgrund dieser zweifelhaften Regelungen“ Versicherungsschutz „zur Verfügung stellen müssten“. Dabei komme den Versicherungskunden eine gesetzliche Regelung zugute, die ganz klar sagt, dass Zweifel bei der Auslegung von Versicherungsbedingungen zu Lasten des Versicherers gehen.
Selbst wenn also Zweifel darüber bestehen, ob der neuartige Virus Covid-19 mitversichert ist, weil beispielsweise in den Versicherungsbedingungen auf das Infektionsschutzgesetz Bezug genommen wurde, „dürfte nach unserer Auffassung somit Versicherungsschutz bestehen“. Das ist genau die Einschätzung, die auch der Anwalt Pilz vertritt.
Autor: VW-Redaktion
…. und waren die Versicherungsvermittler, insbesondere die großen Versicherungsmakler?
Bin kein Jurist, aber handelt es sich nicht bei Zahlung für einen nicht versicherten Schaden seitens des Vorstandes um Untreue gegenüber dem eigenen Unternehmen und nebenbei auch noch um eine Schädigung der Versicherungsgemeinschaft?