WEF: Wirtschaftsentscheider fürchten sich besonders vor Klimarisiken

Quelle: Bild von Avtar Kamani auf Pixabay

Erst diese Woche kürten Sprachwissenschaftler den Begriff „Klimahysterie“ zum Unwort des Jahres 2019. Damit würden Klimaschutzbemühungen und die Klimaschutzbewegung diffamiert und wichtige Debatten zum Klimaschutz diskreditiert, hieß es in der Begründung. Wie notwendig die Debatte scheint, belegt der jüngste Risikobericht des Weltwirtschaftsforums. Darin werden die Klimarisiken als größte Gefahr für die Erde angesehen.

Demnach stufen 78 Prozent der rund 750 befragten Experten und Entscheidungsträger rund um den Globus in diesem Jahr vor allem „wirtschaftliche Konfrontationen“ und „innenpolitische Polarisierung“ als kurzfristige Risiken ein. Dies würde sich als besonders katastrophal erweisen – vor allem in Bezug auf die Bewältigung dringender Herausforderungen wie der Klimakrise, des Verlusts der biologischen Vielfalt und der Artenrückgang in Rekordhöhe.

So verwundert es nur noch wenig, dass die Umweltrisiken im Zehn-Jahres-Ausblick mittlerweile zu den fünf größten globalen Risiken zählen. Dazu zählen unter anderem extreme Wetterereignisse mit erheblichen Sachschäden und Verlust von Menschenleben, das Scheitern des Klimaschutzes, von Menschen verursachte Umweltschäden und Katastrophen, schwere Naturkatastrophen sowie der Zusammenbruch von Ökosystemen.

Vor allem jüngere Generationen halten den Zustand des Planeten für noch alarmierender. Ein Umstand, an dem die schwedische Umweltaktivistin Greta Thunberg einen wesentlichen Anteil haben dürfte. Lauf Bericht stufen die nach nach 1980 geborenen jungen Menschen die kurz- und langfristigen Umweltrisiken höher ein als andere Befragte. Fast 90 Prozent der Befragten in dieser Altersgruppe glauben, dass sich „extreme Hitzewellen“, die „Zerstörung von Ökosystemen“ und eine „durch Umweltverschmutzung beeinträchtigte Gesundheit“ im Jahr 2020 verschärfen werden. Jüngere Befragte glauben zudem, dass die Auswirkungen von Umweltrisiken bis 2030 drastischer und wahrscheinlicher sein werden.

„Unternehmen werden verstärkt von Anlegern, Aufsichtsbehörden, Kunden und Mitarbeitern unter Druck gesetzt, ihre Widerstandsfähigkeit gegen zunehmende Klimaschwankungen unter Beweis zu stellen. Dank des wissenschaftlichen Fortschritts können Klimarisiken jetzt genauer modelliert und in das Risikomanagement und die Geschäftspläne einbezogen werden. Ereignisse von großem Ausmaß wie die jüngsten Waldbrände in Australien und Kalifornien setzen die Unternehmen unter Druck, Maßnahmen gegen das Klimarisiko zu ergreifen, und dies zu einem Zeitpunkt, an dem sie auch größeren geopolitischen Herausforderungen und Cyberrisiken gegenüberstehen“, kommentiert John Drzik, Chairman von Marsh & McLennan Insights.

„Biologisch vielfältige Ökosysteme binden große Mengen an Kohlenstoff und bieten enorme wirtschaftliche Vorteile, die auf rund 33 Bio. US-Dollar pro Jahr geschätzt werden – das entspricht dem BIP der USA und Chinas zusammen. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass Unternehmen und politische Entscheidungsträger den Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft und nachhaltigeren Geschäftsmodellen beschleunigen. Wie bereits zu beobachten ist, gehen Unternehmen zugrunde, die ihre Strategien nicht an veränderten Richtlinien und Kundenwünschen ausrichten. Übergangsrisiken sind real und jeder muss seinen Teil zu ihrer Minderung beitragen.Es ist nicht nur ein wirtschaftlicher Imperativ, es ist einfach das Richtige“, ergänzt Peter Giger, Group Chief Risk Officer der Zurich Insurance Group.

Naturkatastrophen belasten Rückversicherer

Dass sich die Auswirkungen des Klimawandels auch in den Bilanzen der Versicherer bemerkbar machen, zeigen die jüngsten Zahlen der beiden großen Rückversicherer: So verursachten im vergangenen Jahr verursachten 820 Naturkatastrophen einen Gesamtschaden von 150 Mrd. US-Dollar. Davon waren rund 52 Mrd. US-Dollar versichert, teilte die Munich Re vor wenigen Tagen mit. Weltweit kamen im vergangenen Jahr rund 9.000 Menschen bei Naturkatastrophen ums Leben (Vorjahr 15.000).

Die Swiss Re kam kurz vor Weihnachten zu einer ähnlichen Einschätzung. Laut einer jüngsten Sigma-Schätzung kosten die versicherten Schäden aus Naturkatastrophen und Man-Made-Katastrophen des Jahres 2019 voraussichtlich rund 56 Mrd. US-Dollar. Die gesamtwirtschaftlichen Schäden belaufen sich auf 140 Mrd. US-Dollar (2018: 176 Mrd. US-Dollar).

In Deutschland fiel die Naturgefahrenbilanz 2019 hingegen leicht unterdurchschnittlich aus: Dennoch stehe das Jahr für einige schwere Stürme, große Hitze und starke lokale Überschwemmungen – und ist damit charakteristisch für Extremwetter in Deutschland, teilte der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) bereits Ende Dezember 2019 mit.

Allianz: Cyber steigt zum weltweiten Top-Risiko für Unternehmen auf

Glaubt man dem jüngsten Risikobarometer der Allianz, sind hingegen Cybervorfälle erstmals das wichtigste Geschäftsrisiko für Unternehmen weltweit. Laut Analyse verdrängen IT-Gefahren (39 Prozent) das Risiko einer Betriebsunterbrechung (37 Prozent) auf den zweiten Platz. Betriebsunterbrechung hatte seit 2013 den Spitzenplatz im Ranking inne, damals lag Cyber noch mit sechs Prozent der Antworten auf Platz 15.

Die Sorge vor rechtlichen Veränderungen im Wirtschaftsumfeld (Platz drei mit 27 Prozent), zum Beispiel durch Handelskriege, Zölle oder Wirtschaftssanktionen, und die Folgen des Klimawandels (Platz sieben mit 17 Prozent) sind weltweit die größten Aufsteiger in der Rangliste der größten Geschäftsrisiken.

„Natürlich gibt es noch viele weitere Schadens- und Störszenarien, mit denen sich Unternehmen auseinandersetzen müssen. Wenn sich Vorstände und Risikomanager jedoch nicht mit Cyber- und Klimarisiken beschäftigen, könnte dies die operative Leistung, die Finanzergebnisse und die Reputation ihrer Unternehmen maßgeblich beeinträchtigen. Die Vorbereitung auf Cyber- und Klimarisiken ist eine Frage des Wettbewerbsvorteils und der wirtschaftlichen Resilienz in Zeiten der Digitalisierung und globalen Erwärmung“, kommentiert Joachim Müller, CEO der AGCS.

Autor: VW-Redaktion

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