Branchenpuls: Versicherungsmarkt, Lebensversicherung, Steueroasen

Was lässt den Puls der Branche höher schlagen? Quelle: OpenClipart-Vectors auf Pixabay.

Im buhlen um den Kunden kämpfen die Versicherer mitunter mit harten Bandagen. Doch wer hat am Ende die Nase vorn? Auskunft darüber gab in den vergangenen Tagen die aktuelle Kivi-Statistik. Offen bleibt hingegen, wie es um die künftigen Marktanteile der Lebensversicherer bestellt ist.

Was bisher geschah …

Branchenprimus in Deutschland bleibt weiterhin die Allianz mit einer Quote von 19,75 Prozent. Allerdings musste diese mit 67 Basispunkten aber auch den höchsten Marktanteilsverlust hinnehmen. Als wesentlichen Treiber für die Mehrzahl dieser Veränderungen hat das Kölner Institut für Versicherungsinformation und Wirtschaftsdienste die Zeichnungspolitik in der Lebensversicherung ausgemacht. Neben der Allianz haben die Gruppen Ergo, Axa, Talanx und Zurich 2020 Marktanteile verloren. Den höchsten Zugewinn erzielt die R+V-Gruppe mit einem Plus von 50 Basispunkten auf 6,35 Prozent Marktanteil. Damit zog die genossenschaftliche Gruppe vom fünften auf den dritten Platz an Generali und Ergo vorbei. Mit rund 2.300 Klicks war die jüngste Kivi-Statistik daher auch das Topthema der Woche bei den Lesern von VWheute.

Allerdings sorgte die Allianz in den vergangenen Tagen erneut für wenig schmeichelhafte Schlagzeilen. Knackpunkt war wieder einmal der Streit um den Hedgefonds in den USA. Laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Reuters scheint sich nun auch die deutsche Finanzaufsicht Bafin mit dem Fall zu beschäftigen. Demnach würden Beamte prüfen, ob Führungskräfte der Allianz außerhalb des Fondsbereichs von den Ereignissen, welche zu den Milliardenverlusten geführt hatten, wussten oder daran beteiligt waren.

Insidern zufolge ziehen die Finanzmarktturbulenzen zur Zeit der ersten Corona-Welle im Frühjahr 2020 nun möglicherweise Strafermittlungen bei einigen Allianz-Fondsmanagern nach sich. Das US-Justizministerium untersucht laut Nachrichtenagentur, ob die Fondsmanager den Investoren gegenüber das Risiko ihrer Anlagen verschleiert hatten.

Was diese Woche jeder wissen muss

Der deutsche Lebensversicherungsmarkt steht jedenfalls auch vor besonderen Herausforderungen. Zum einen geht es im Herbst um die Frage, welche regulatorischen Neuerungen die neue Bundesregierung gerade beim Thema Altersvorsorge auf den Weg bringen wird. Zum anderen steht auch die Frage im Raum, ob die Lebensversicherung angesichts des sinkenden Garantiezinses als Produkt der Altersvorsorge in der Zukunft noch eine relevante Rolle spielen wird.

„Es gibt sehr unterschiedliche Typen von Lebensversicherungen. Die klassische Lebensversicherung mit garantierten Leistungen ist sicher auf dem Rückzug. Im Gegenzug aber sind fondsgebundene oder flexible Lebensversicherungen auf dem Vormarsch.“

Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer des GDV

Dass die Lebensversicherung allerdings ein Auslaufmodell sei, wollte GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen jüngst im Interview mit der Neuen Osnabrücker Zeitung (NOZ) aber nicht bestätigen: „Ich beteilige mich auch nicht daran, dieses Produkt schlecht zu reden. […] In der Branche haben wir immer noch jährliche Prämieneinnahmen bei der Lebensversicherung von über 100 Mrd. Euro. Insofern ist es schlicht nicht richtig, dass die Lebensversicherung ein Auslaufmodell ist. Es ist ein ganz stabiler und beständiger Pfeiler in der Ersparnisbildung in Deutschland“. Ob dies so bleibt, erörtern am kommenden Donnerstag und Freitag die Teilnehmer des hochkarätig besetzten „Strategiemeetings Lebensversicherung“ des Handelsblatt.

Neue Formen des Anlagemanagements nach der Corona-Krise stehen zudem Mitte der Woche beim SZ-Kapitalanlagetag 2021 im Fokus. Glaubt man einer aktuellen Umfrage der Ratingagentur Assekurata, stuft die Hälfte der befragten 34 Teilnehmer die Bedeutung von ESG-Kriterien bei Investmententscheidungen als hoch oder sehr hoch ein.

Zudem stellen die steigenden regulatorischen Anforderungen auch spartenübergreifend eine hohe Motivation dar, bei Investmententscheidungen verstärkt auf ESG-Kriterien zu achten, heißt es weiter. Ähnlich viele Asset-Manager berücksichtigen ESG-Kriterien auch aufgrund der gesellschaftlichen Bedeutung des Themas. Die drittwichtigste Motivation ist der Wunsch bzw. die Nachfrage von Kunden. Dies bestätige auch eine im Dezember 2020 durchgeführte Verbraucherstudie unter knapp 1.000 Versicherungskunden.

Was über die Branchengrenzen hinaus wichtig ist

Die Frage der Geldanlage beschäftigt indes auch private Spitzenverdiener in besonderem Maße. Dabei spielen Steueroasen immer wieder eine besondere Rolle. Eine kleine Anfrage der Linksfraktion im Deutschen Bundestag an das Bundesfinanzministerium hat nun ergeben, dass die Deutschen mindestens 222 Mrd. Euro (Stand 2019) auf Konten außerhalb der Europäischen Union (EU) deponieren. Kanalinsel Guernsey rund 11,9 Mrd. Euro, die gleiche Summe lagerte in Liechtenstein. Auf den karibischen Cayman Islands waren es rund 8,5 Mrd. Euro, berichtet die Süddeutsche Zeitung.

Zudem will die Europäische Beobachtungsstelle zur Steuerpolitik in Paris bei einer Untersuchung von 36 großen Finanzinstituten herausgefunden haben, dass diese im Schnitt 20 Mrd. Euro Gewinn pro Jahr in Steueroasen verbuchen. Das entspricht laut der Studie 14 Prozent der gesamten Gewinne vor Steuern. Zudem habe die Studie herausgefunden, dass der Profit pro Bankmitarbeiter in Steueroasen viel höher sei als in anderen Ländern. Das weise darauf hin, dass Institute wie die Deutsche Bank oder die Commerzbank Gelder in Steueroasen verlegten, um weniger Steuern zu zahlen, so die Forscher. Sie klassifizierten 17 Gebiete wie die Bahamas, aber auch EU-Länder wie Irland, Malta oder Luxemburg wegen ihrer niedrigen Steuersätze als Oasen.

Neun Banken verbuchten demnach laut Studie keine Gewinne in Steueroasen, andere wie die britische HSBC bis zu 58 Prozent ihres Gewinns vor Steuern. Die Deutsche Bank sei dabei ebenfalls unter den Spitzenreitern zu finden und verbuchte im Schnitt 27 Prozent ihres Gewinns in Steueroasen wie zum Beispiel Luxemburg.

Laut einer aktuellen Analyse von KPMG variieren Spitzensätze bei der Einkommensteuer weltweit sehr stark. Vor allem in den OECD-Staaten müssen Großverdiener einen erheblichen Teil ihrer Einnahmen an den Staat abgeben. Im Schnitt liegt der Spitzensteuersatz hier bei rund 42 Prozent. 

Quelle: Statista

Weltweiter Spitzenreiter ist demnach Finnland mit einem Steuersatz von 56,95 Prozent weltweit am höchsten, gefolgt von Dänemark (56,5 Prozent), Japan (55,97 Prozent), Österreich (55 Prozent) und Schweden (52,85 Prozent). Auch Deutschland zählt zu den Hochsteuerländern – hierzulande liegt der Einkommensteuersatz in der Spitze bei 45 Prozent und steht damit deutlich über dem EU-Durchschnitt von 37,77 Prozent.

Steueroasen hingegen sind auf der arabischen Halbinsel und in der Karibik zu finden. In diesen Ländern existiert häufig keine individuelle Einkommensteuer. Positive Ausnahme sei hingegen der Oman, der ab 2022 eine individuelle Einkommensbesteuerung einführen will, um weniger von den Öl-Einnahmen abhängig zu sein und die Steuereinnahmen dann für soziale Projekte einsetzen zu können.

Autor: Tobias Daniel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

13 − sechs =