Die zweite Welle ist da: Was tun die Versicherer?

Die Versicherer erwarten die zweite Corona-Welle gelassen. Bild von Elias Sch. auf Pixabay .

In Berlin demonstrieren tausende maskenlos gegen Corona-Maßnahmen, Urlauber bringen den Virus zurück ins Land und die Fleischindustrie liefert neue Großausbruchstellen. Die Versicherer sehen die Gefahr, sind aber ruhig und handlungsbereit. Sorgen bereitet der Vertrieb.

Es gibt eine gute und eine schlechte Nachricht. Zunächst die Unangenehme, Deutschland wird bereits von einer zweiten Coronavirus-Welle erfasst, sagt der Ärzteverband Marburger Bund. „Wir befinden uns schon in einer zweiten, flachen Anstiegswelle“, erklärt die Verbandsvorsitzende Susanne Johna der Augsburger Allgemeinen. Positiv ist, dass die Welle bisher nicht mit der Situation im März und April vergleichbar ist.

Als Ursachen für einen erneuten Anstieg sehen Experten eine zunehmende Ungeduld und Nachlässigkeit bei den Menschen, die Wiedereröffnung der Schulen und die Tatsache, dass bei Epidemien zweite Wellen eher typisch sind, wie die Vergangenheit zeigt. Nicht vergessen werden sollte trotz aller Hiobsbotschaften, dass Corona „bei uns bisher sehr glimpflich verlaufen ist“, wie der Epidemiologe Markus Scholz erklärt.

Bereits im April war Corona mehrfach das Thema, mehrere Versicherer erklärten ihre Notfallpläne und wie sie nach der Krise wieder durchstarten wollen. Wie es aussieht, könnte jetzt aber erst einmal eine zweite Welle anstehen; die Gemütslage der Unternehmen ist mit ruhig und gespannt wohl am besten beschrieben.

Was die Versicherer sagen

Einige Unternehmen wollen bei steigenden Fallzahlen derzeit nicht über eine zweite Welle spekulieren. „Unübersichtlich“ nennt die Alte Leipziger die aktuelle Situation, die Entwicklung bis zum Jahresende sei „sehr schwer absehbar“. Die Allianz schreibt, dass ich seit der letzten Anfrage, „nichts Grundlegendes“ geändert habe. Belastbare Aussagen seien zum jetzigen Zeitpunkt nur „sehr eingeschränkt“ möglich.

Der größte private Krankenversicherer Debeka „betrachtet die aktuelle Entwicklung der Corona-Infektionen mit Sorge“, die Ergo behält die Entwicklung der Infektionszahlen und die politischen Vorgaben „sehr genau im Blick“. Die Gothaer ist noch unsicher, ob es zu einer zweiten Welle kommen wird. Einige Experten gehen nicht von einer zweiten Welle aus, sondern von weiteren – mitunter auch starken – Schwankungen bei den Infektionszahlen mit regionalen Peaks, erklärt der Versicherer mit Sitz in Köln.

„Wir sind auf alle Szenarien vorbereitet“, sind sich die Unternehmen einig und sehen sich auch wegen der Erfahrungen der letzten Monate besser vorbereitet als zu Beginn der Pandemie.

Den zu Beginn eingeschlagenen Weg haben die Unternehmen nicht verlassen, die getroffenen Entscheidungen wie verstärktes Homeoffice und erhöhte Sicherheits- und Hygienestandards in den Büros gelten nach wie vor. „Die bisher ergriffenen Maßnahmen gelten in weiten Teilen unverändert“, schreibt die Debeka und meint damit unter anderem das mobile Arbeiten und die Unterstützung des Außendienstes mit digitalen Beratungstools.

Die Ergo hat bereits am 2. Juni 2020 unter strengen Hygienestandards die sukzessive Wiederaufnahme des Bürobetriebs gestartet. Sollte es zu einer zweiten Infektionswelle kommen, wären die Düsseldorfer „durch die Erfahrungen, die wir seit Ausbruch der Corona-Pandemie gemacht haben“, auf das Kommende „gut vorbereitet“ und könnten diese Maßnahmen „jederzeit wieder ohne allzu großen Vorlauf implementieren“. Die Homeoffice-Quote lag im Zeitraum von Mitte März bis Ende Mai zwischen 80 und 90 Prozent, aktuell sind es rund 70 Prozent.

Auch Gothaer könnte die „die eingeleiteten Maßnahmen jederzeit skalieren“, wie der Versicherer erklärt. Dazu gehören Hygiene- und Abstandvorschriften, zudem wurde die Option des Homeoffice verlängert.

Und der Verkauf?

Bei aller gesellschaftlichen und personellen Verantwortung sind die Versicherer (auch) Wirtschaftseinheiten, die wegen Corona in ihrem Tun zuletzt eingeschränkt wurden. Eine zweite Welle müsste die Versicherer also erheblich ins Schwitzen bringen, doch die geben sich gelassen.

Die vergangenen Monate hätten gezeigt, dass wir mit unserem Geschäftsmodell „Hybrider Kunde“ auch in solchen Zeiten „sehr gut aufgestellt sind“, schreibt die Ergo. Es sei spürbar, dass die verschiedenen Digitalisierungsoffensiven unseren Vertriebspartnern „gerade jetzt helfen“.

Die Gothaer gibt sich ebenfalls wie ein Schwergewichts-Champion vor der zehnten Titelverteidigung, bereit, selbstbewusst und gelassen. „Sollte es zu einem erneuten Lockdown kommen, würde sich das voraussichtlich in den Vertriebsergebnissen niederschlagen. Allerdings ist bei unseren Vertriebspartnern und den Kunden die digitale Beratung gut etabliert, so dass die Auswirkungen vermutlich geringer ausfallen würden.“

Die Debeka ist ebenfalls unbeeindruckt: „Da wir noch besser vorbereitet und ausgestattet wären als bei der ersten Welle, glauben wir, dass unser Vertrieb nicht mit größeren, coronabedingten Produktionsrückgängen zu rechnen hätte“, schreiben die Koblenzer.

Ob und wie die zweite Welle hierzulande einschlagen wird, weiß niemand, die Versicherer sind nicht zuletzt wegen der gemachten Erfahrungen bereit. Die weitere Coronaentwicklung wird durch das Verhalten der Menschen entschieden. Ob das ein Grund für Zuversicht ist, mag jeder für sich entscheiden.

Autor: Maximilian Volz

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