Allianz Leben erhöht Zinsen erstmals seit 2008

Hauptgebäude der Allianz. Quelle: Allianz

Signalwirkung für die Branche? Der mächtige Lebensversicherungsarm des Münchener Konzerns hat zum ersten Mal seit 15 Jahren seine Gesamtverzinszung erhöht. Vorstandschefin Katja de la Viña spricht von einem deutlichen „Signal in einer Zeit, in der viele Menschen ihre Zukunftsvorsorge grundsätzlich verbessern wollen“. Ob dies auch die Mitbewerber als Signal für eine Kehrtwende sehen, bleibt abzuwarten.

So bietet Allianz nach eigener Aussage für das Vorsorgekonzept Perspektive eine Gesamtverzinsung von
3,5 Prozent. Die Gesamtverzinsung der klassischen Lebens- und Rentenversicherung steigt auf 3,2 Prozent. Die in der Gesamtverzinsung enthaltene laufende Verzinsung erhöht sich bei Perspektive von 2,4 auf nunmehr 2,6 Prozent, für Klassik liegt sie bei 2,5 Prozent. Die kapitalmarktnahen Vorsorgekonzepte KomfortDynamik und InvestFlex nutzen das starke Sicherungsvermögen als stabilisierendes Fundament.

Zudem biete die Allianz für den Teil des Kapitals, der im Sicherungsvermögen angespart wird, ebenfalls eine Gesamtverzinsung von 3,5 Prozent. Aktuell würden mehr als die Hälfte der Kundinnen und Kunden beim langfristigen Vorsorgesparen zu diesen kapitalmarktnahen Angeboten greifen, so der Versicherer. Beim Allianz ParkDepot erhöhte die Allianz Leben die Verzinsung zuletzt noch deutlicher von zuletzt 0,05 auf 1,0 Prozent. Damit reagiere die Allianz auf die deutlich gestiegenen Marktzinsen. „Über die Angebote eines finanzstarken Lebensversicherers erhalten die Menschen bereits mit kleinen Investments Zugang zu einem breiten Mix verschiedener Anlageklassen und können die Chancen der Kapitalmärkte sicher nutzen“, kommentiert de la Viña.

Allianz-Vorstand Volker Priebe sprach zudem laut Nachrichtensender NTV von einem „ermutigenden Schritt“ der Allianz Leben. So profitiere der Lebensversicherer davon, dass ein großer Teil ihrer Kapitalanlagen inzwischen aus alternativen Anlagen wie Immobilien, Infrastruktur-Investments oder Private-Equity-Fonds liege. „Das war ein verrücktes Jahr an den Kapitalmärkten. Wir nehmen den Rückenwind von den steigenden Zinsen mit, müssen aber weiter mit starken Schwankungen rechnen“, sagte er der Nachrichtenagentur Reuters. „Die Zeiten bleiben unsicher. Einige Experten erwarten für 2024 schon wieder deutlich sinkende Leitzinsen“, so Priebe.

„Das war ein verrücktes Jahr an den Kapitalmärkten. Wir nehmen den Rückenwind von den steigenden Zinsen mit, müssen aber weiter mit starken Schwankungen rechnen.“

Volker Priebe, Allianz-Vorstand für Privatkunden und Produkte, gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters

Zudem spüre er derzeit keinen stärkeren Rückgang der Nachfrage nach Altersvorsorgeprodukten aufgrund der deutlich gestiegenen Inflation. „Die Vorsorge fürs Alter sollte nicht eingespart werden. Auch Arbeitgeber merken, dass die betriebliche Altersvorsorge ein wichtiger Faktor im Wettbewerb um Fachkräfte ist“, konstatiert der Allianz-Manager.

Warnende Töne gibt es indes von den Verbraucherschützern: „Wenn Lebensversicherer jetzt nicht mit den profitableren Sparangeboten auf dem Markt Schritt halten, verlieren sie Kunden“, mahnt Stephen Rehmke, Vorstandssprecher des Bundes der Versicherten (BdV). Und Elke Weidenbach, Finanzexpertin von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, sieht das Produkt insgesamt kritisch: „Attraktiver werden Lebensversicherungen auch durch Erhöhungen wie bei der Allianz nicht“, betont sie gegenüber den Stuttgarter Nachrichten. So hätten Lebensversicherungen nach ihrer Ansicht „immer schon nur etwa halb so viel an Zugewinn gebracht wie bessere Anlageformen von Indexfonds bis Sachwerten.“ Daher solle man versichern und sparen grundsätzlich trennen.

Bereits im letzten Jahr hatte die Allianz mit der Reduzierung der LV-Garantien für Furore gesorgt: „Das Ziel: höhere Freiheitsgrade in der weltweiten, breit diversifizierten Kapitalanlage, und damit trotz Niedrigzins weiter Renditechancen für alle Kunden. Nun folgt der nächste Schritt: In der betrieblichen Altersversorgung richtet sich der Blick noch stärker auf die Zusageart der beitragsorientierten Leistungszusage, weil sie flexibel verschiedene Garantieniveaus ermöglicht. Hier steht ein Niveau von 80 Prozent im Fokus, auf Wunsch der Kunden bietet die Allianz Leben auch 60 Prozent oder 90 Prozent an“, sagte Laura Gersch im Sommer 2021 im Exklusiv-Interview mit VWheute.

Laut einer Analyse des Instituts für Finanzwirtschaft der Hochschule Ludwigshafen bildet die Allianz gemeinsam mit der Axa Leben derzeit das Spitzenduo unter Deutschlands Lebensversicherern. So habe der Marktführer zwar deutlich geringere Beitragseinnahmen verzeichnet, weil er „bewusst auf gewisses Geschäft gegen Einmalbeitrag“ verzichtet habe. Dennoch würden sich die Münchener weiterhin durch relativ niedrige Betriebskosten und hohe Bewertungsreserven in den Kapitalanlagen auszeichnen.

Konkurrenz setzt auf Stabilität

Allerdings hat die Axa für das kommende Jahr keine Veränderungen bei ihren Zinssätzen vorgenommen. Demnach bieten die Axa Lebensversicherung AG und ihre Zweigniederlassung DBV Deutsche Beamtenversicherung Lebensversicherung 2023 eine laufende Verzinsung von 2,6 Prozent. Auf Stabilität setzt auch der Run-off-Anbieter Athora mit einer Gesamtverzinsung für 2023 bei 4,0 Prozent. Die laufende Verzinsung liegt bei drei Prozent, der Schlussüberschuss bei einem Prozent.

Sowohl die Alte Leipziger als auch die Nürnberger setzen für das kommende Jahr auf Stabilität. Die in Berlin ansässige Ideal Lebensversicherung a.G. bietet ihren Kunden auch für das kommende Jahr eine laufende Verzinsung von 3,0 Prozent – zusätzlich entfallen die Zinsabschläge für Einmalbeiträge. Die Swiss Life Deutschland setzt bei der laufenden Verzinsung, auch für das Neugeschäft, auf 2,25 Prozent. Die Gesamtverzinsung inklusive Schlussüberschussbeteiligung und Beteiligung an den Bewertungsreserven liegt damit unverändert bei 2,55 Prozent. Die Bayerische Lebensversicherung AG bietet eine Gesamtverzinsung von bis zu 3,45 Prozent.

Assekurata sieht Trendwende bei der Verzinsung

Marktbeobachter sprechen indes dennoch von einer Trendwende: „Der Abwärtstrend bei der laufenden Verzinsung privater Rentenversicherungen dürfte vorbei sein. Die Mehrheit der Lebensversicherer dürfte die laufende Verzinsung allerdings erst einmal stabil halten und abwarten“, wird Lars Heermann von der Ratingagentur Assekurata im Handelsblatt zitiert. Dennoch dürften die Versicherer nach Ansicht von Branchenbeobachtern weiter umsteuern und ihren Kunden höhere Zinsen gewähren: „Wir gehen von einer dauerhaften Zinswende aus und reagieren entsprechend schnell“, konstatiert Robert Heene, Vorstand bei der Versicherungskammer Bayern.

Allerdings stehen die Unternehmen dennoch vor schwierigen Aufgaben, besonders da der Tanker Lebensversicherung nicht einfach vom Modus „Nullzinsen“ auf Normalbetrieb herumgerissen werden kann. Andere Produkte wie Investmentfonds, ETFs oder Sparpläne sind schneller. Die Preisschraube ist an die Provisionsfrage geknüpft und nichts scheuen Vertriebsvorstände mehr als einen Streit mit ihren Verkäufern – der Provisionsrichtwert und die neuen Wettbewerbsrichtlinien der Bafin sorgen für genug Diskussionen.

Wahrscheinlich müssen die Unternehmen auf lange Sicht mehr von ihrem Teil des LV-Kuchens an Vermittler und Kunden abgeben. Wie schwierig das Vertriebs- und Kostenproblem ist, zeigt eine aktuelle Untersuchung bezüglich der LV-Versicherungsvereine. Schwierige Marktumfelder wie derzeit die Inflation kommen und gehen und sind auf die lange Laufzeit der Produkte gesehen vernachlässigbar, doch die Technikfrage muss gelöst werden. Neben den dem Produkt innewohnenden Geschwindigkeitsnachteil gegenüber anderen Vorsorgearten darf kein technischer treten.

Autor: VW-Redaktion

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

9 − 3 =