Klimaexperte Rauch: „Deutschland und Mitteleuropa sind Naturgefahren deutlich weniger ausgesetzt“
Die Folgeschäden durch Naturkatastrophen kommen die Versicherungsbranche weiterhin teuer zu stehen. Allein die Munich Re schätzt die wirtschaftlichen Schäden für 2020 auf insgesamt 210 Mrd. US-Dollar. Einen wesentlichen Grund für die Entwicklung sieht Klimaexperte Ernst Rauch vor allem im Klimawandel.
Demnach seien der „Gesamtschaden im Jahr 2020 ist erheblich höher gewesen als 2019. Und auch bei den versicherten Schäden gibt es einen Sprung nach oben: 82 Mrd. in 2020 und im Jahr davor 57 Mrd Euro. Entscheidend ist aber vor allem die langfristige Perspektive. Wir analysieren diese Ereignisse seit 40 Jahren. In dieser Betrachtung ist 2020 kein Rekordjahr, sowohl gesamtwirtschaftlich als auch für die Versicherungswirtschaft. Es liegt in einem bedenklichen nach oben gerichteten Trend der letzten Jahrzehnte“, betont der Klimatologe der Munich Re im Gespräch mit der Berliner Zeitung.
„90 Prozent der Schäden stammen aus Unwetterereignissen wie Sturm, Überschwemmung, Hagel und Dürre. Hier gibt es auch einen Zusammenhang zum Klimawandel. Das gilt zum Beispiel für die verheerenden Waldbrände in Australien und den USA. Ähnliches gilt für tropische Wirbelstürme“, konstatiert Rauch.
„Wir sehen zumindest nicht im gleichen Maß einen zunehmenden Schadenstrend wie in anderen Regionen. Aber wir haben hier trotzdem schwierigere Themenfelder. Zum einen gibt es immer wieder Jahre mit herausragenden Schadensserien. 1990 gab es zum Beispiel eine Serie von Winterstürmen, die zu Großschäden geführt haben. Das andere sind starke Überschwemmungen, wie 2002 und 2013. Zum anderen gibt es immer häufiger Schäden aus Schwergewittern mit schweren Hagelschlägen, Tornados und Sturzfluten.“
Ernst Rauch, Klimatologe der Munich Re
Zudem seien die Kosten „über die Jahre angestiegen, und zwar für die ganze Volkswirtschaft. Munich Re stellt das gesamte Risikomanagement auf diesen Zunahme-Trend ein. Das betrifft die Kalkulation der Preise für unsere Kunden, den Erstversicherungsunternehmen, differenziert nach Gefahren und Regionen und auch das Kapital, das wir brauchen, um die Schäden zu bezahlen. In manchen Regionen der Welt wie zum Beispiel asiatischen Schwellenländern ist das auch ein durchaus wachsendes Geschäftsfeld.“
Allerdings seien Deutschland und Mitteleuropa den Naturgefahren „deutlich weniger ausgesetzt als zum Beispiel große Teile Asiens und Amerikas. Tropische Wirbelstürme gibt es hier nicht. Wir leben in einer Region, in der die Natur wesentlich weniger extrem ausgeprägt ist“, betont Rauch.
Von den Gesamtschäden des Jahres 2020 entfielen laut Munich Re etwa 95 Mrd. US-Dollar (2019: 51 Mrd. US-Dollar) und von den versicherten Schäden 67 Mrd. US-Dollar (2019: 26 Mrd. US-Dollar) auf Naturkatastrophen in den USA. Die teuerste Naturkatastrophe des Jahres war ein schweres Hochwasser in China während des Sommermonsuns. Die Gesamtschäden betrugen rund 17 Mrd. US-Dollar, nur etwa zwei Prozent waren versichert. Insgesamt lag der nicht versicherte Anteil bei Naturkatastrophenschäden 2020 bei rund 60 Prozent. Etwa 8.200 Menschen kamen bei den Naturkatastrophen des Jahres ums Leben.
In Europa fiel die Naturkatastrophen-Bilanz 2020 einigermaßen glimpflich aus. Die Schäden betrugen nach Angaben der Munich Re rund zwölf Mrd. US-Dollar 10,6 Mrd. Euro). Davon waren 3,6 Mrd. US-Dollar (3,1 Mrd. Euro) versichert. In Deutschland haben die Folgen durch Sturm, Hagel und weitere Naturgefahren wie Starkregen die Versicherer im Jahr 2020 rund 2,5 Mrd. Euro gekostet.
Autor: VW-Redaktion