Versicherer fordern mehr Investitionsmöglichkeiten VWheute Sprint

Diskussionsrunde auf der GDV-Jahreskonfeenz. Quelle: VW-Redaktion
Die deutschen Versicherer möchten verstärkt im Infrastrukturbereich investieren: Diesen Wunsch äußerte Klaus Wiener, GDV-Chefökonom bei der „Jahreskonferenz Volkswirtschaft und Finanzmärkte“ des Verbands in Berlin.
Die Situation im aktuellen Niedrigzinsumfeld ist herausfordernd für die Versicherer. „Wo soll man im festverzinslichen Bereich derzeit noch eine Rendite erwirtschaften?“, fragte Wiener rhetorisch In Richtung Publikum. Auch Investitionen in Aktien sind derzeit mit Vorsicht zu genießen, zu deutlich fielen hier in der letzten Zeit die Kursgewinne aus. So hat der S&P derzeit ein Allzeithoch erreicht und auch der stark Industrie-lastige DAX legte seit Jahresbeginn um gut 30 Prozent zu. „Und das, obwohl die Industrie in der Rezession ist“, hob Wiener hervor und schlussfolgerte: „Für einen institutionellen Investor ist es unter strategischen Gesichtspunkten eine schwierige Zeit, seine Aktienquote zu erhöhen.“
Die Möglichkeit, verstärkt in Infrastrukturprojekte zu investieren, ist aus Sicht der Versicherer folglich reizvoll. Sie versprechen unter anderem stabile und planbare Erträge, die die Versicherer für ihre langfristigen Versprechen benötigen. Zugleich könnten die Unternehmen mit Infrastruktur-Investments ihre Kapitalanlagen weiter diversifizieren. „Diese Assetklasse zeigt nur eine geringe Korrelation zu den traditionellen Assetklassen auf den Anlagemärkten, wie Staatsanleihen und Aktien“, stellte Wiener einen weiteren Vorteil heraus.
Die deutschen Erstversicherer haben ihr Engagement in diesem Segment folglich in den vergangenen Jahren deutlich ausgebaut. Ihr Anteil an den Gesamtkapitalanlagen betrug zuletzt 2,2 Prozent (2018) und soll in den kommenden Jahren – geht es nach den Versicherern – weiter steigen. „Durch den Bereich Sustainable Finance könnte sich die Tür zu weiteren Investitionsmöglichkeiten in diesem Bereich weiter öffnen“, hofft Wiener.
DIW-Ökonomin Kempfert fordert „nachhaltige Investitionen in den Klimaschutz“
Unterstützung bekam Wiener dabei unter anderem von Claudia Kemfert, Abteilungsleiterin für Energie, Verkehr und Umwelt beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW): „Wir brauchen nachhaltige Investitionen in den Klimaschutz“, betonte Kemfert im Hinblick auf die enormen Investitionen, die für den nachhaltigen Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft notwendig seien. Hier seien auch private Investoren wie die deutschen Versicherer gefragt.
Nachhaltige Investitionen müssten für die Versicherer allerdings attraktiver gestaltet werden, merkte Dr. Michael Menhart von der Munich Re an und sprach sich für eine adäquate Bepreisung von CO2-Emissionen aus: „Investoren, die heute vor der Wahl stehen, in ein italienisches Solarkraftwerk oder eine Autobahn in Spanien zu investieren, können nicht die Augen davor verschließen, wenn die Autobahn eine höhere Rendite abwirft. Es muss ökonomisch Sinn machen und das tut es nur bei einem adäquaten CO2-Preis.“
Sind nachhaltige Investments also nur auf Kosten der Rendite möglich? „Das Gegenteil ist der Fall“, widersprach Kemfert und verwies darauf, dass bei Investments in fossile Energien oder Atomkraft die hiermit verbundenen Risiken nicht eingepreist würden. Rückendeckung bekam sie von Dr. Martin Lück, Chief Investment Strategist beim Vermögensverwalter BlackRock. Dieser verwies auf die mittlerweile nachweisbaren Renditevorteile, die ESG-konforme Portfolios gegenüber Portfolios, die keinen ESG-Kriterien genügten, aufwiesen.
Zudem sei die Nachfrage in diesem Bereich in den vergangenen Jahren stark gestiegen, auch bedingt durch eine neue Generation von Anlegern. „Wir sehen das zurzeit größte Wachstum bei ESG-Investments [Environment, Social, Governance] mit Betonung auf dem E“, berichtete Lück und unterstrich damit das große Potenzial des Themas Nachhaltigkeit für die Finanzindustrie.
Autor: VW-Redaktion