US-Hedgefonds führen Versicherer und Pensionskassen beim Investieren vor

Verbrennen die Versicherer aus ökologischen Erwägungen heraus Geld. Bild von Foto-Rabe auf Pixabay.

Das Gegenteil von gut ist gut gemeint. Viele Versicherer und Pensionskassen haben vor dem Hintergrund des Drucks von Aufsicht und Öffentlichkeit Anteile an Öl- und Gasunternehmen verkauft. Die Nutznießer sind Hedgefonds, die diese im großen Stil aufkauften und dank der derzeitigen Energiekrise „fantastische Gewinne“ erzielen.

Es ist der Fluch der guten Tat. In der aktuellen Niedrigzinsära suchen Versicherer händeringend Renditebringer wie Aktien. Doch der Bereich der fossilen Energieunternehmen ist  moralisch tabu – weitere Sektoren wie Waffenproduktion oder Atomkraft sind ebenfalls nicht gerne gesehen. Die Anlagespezialisten bei den Versicherern sind nicht zu beneiden, denn neben diesen – mehr oder weniger – weichen Faktoren hat auch die Finanzaufsicht ein waches Auge auf die Anlage. Zu viel Risiko muss mit hohen Sicherheiten erkauft werden. Die Anlagespezialisten bei den Versicherern bewegen sich in einem enger werdenden Raum, die Renditeansprüche von Kunden und Öffentlichkeit bleiben aber hoch. Nutznießer sind andere Finanzgiganten, wie eine Geschichte der Financial Times zeigt.

Geld mit Hass

Das Leben als Hedgefonds-Manager ist da einfacher. (Fast) frei von moralischen Bedenken und ESG-Normen können Renditeträger günstig aufgekauft werden, die der eine oder andere Versicherungsmanager weinend abgetreten hat. Dank der derzeitigen Energiekrise haben viele institutionelle Anleger „fantastische Renditen auf dem Tisch liegen lassen“, sagt Crispin Odey, Gründer von Odey Asset Management. Sein Kollege Josh Young, Bison Interest, ergänzt: „Die Leute verstehen nicht, wie viel Geld man mit Dingen verdienen kann, die die Menschen hassen“. Mehr Personen als jemals zuvor würden zwei- oder vierrädrige Benzinfresser fahren.

Investitionen in Bereiche wie die Öl- und Gasförderung seien laut Young „nach wie vor dringend erforderlich“. Ein Investitionsstopp in diese Aktien würde den Prozess behindern, zitiert Finews. Das sehen auch Versicherer wie die Allianz so. Die Anlage der Versichertengelder soll bis spätestens 2050 klimaneutral strukturiert sein. Die Münchener möchten ihre Kunden auf ihrem Weg zu klimafreundlichen Geschäftsmodellen „begleiten.“ Daher arbeite man direkt und in Netzwerken mit der Wirtschaft und Politik zusammen. „Dies ist aus unserer Sicht zielführender als Ausschlüsse”, erklärte die Allianz 2020 und verschärfte später trotzdem ihre internen Kohleregeln.

Investitionen in Fossilträger sind nötig, sagt auch China. Als Ergebnis hat sie die Finanzunternehmen in die Kohlepflicht genommen. “Wir sollten Bank- und Versicherungsinstitute anleiten, aktiv mit den lokalen Regierungen zusammenzuarbeiten und die wichtigsten kohleproduzierenden Gebiete […] zu unterstützen, um das Angebot an Strom und Kohle zu erhöhen”, erklärte die China Banking and Insurance Regulatory Commission kürzlich.

Lösung gesucht

„Die ESG-Typen verursachen schreckliche Probleme“, sagt Odey. Doch der Ansatz der „ESG-Typen“ ist vor dem Hintergrund des Klimawandels schwerlich zu bekritteln. Das wissen besonders die Versicherer. Sie sind schon aus reinem Eigeninteresse daran interessiert, dem Klimawandel entgegenzuarbeiten, schließlich gefährdet er das eigene Geschäftsfeld.

Es ist umstritten, ob ein Rückzug der Branche aus der Absicherung der Fossilunternehmen bei Umweltproblemen hilft. „Die ESG-Typen verursachen schreckliche Probleme“, sagt Manager Odey. Die Umweltschützer kontern: “Versicherungskonzerne haben einen großen Hebel, um das Ende fossiler Brennstoffe einzuleiten“. Ohne ihre Versicherung sind Kohleminen, Ölplattformen und Gaspipelines viel schwerer bis unmöglich zu realisieren“, sagt Regine Richter, Energie-Campaignerin bei der NGO Urgewald.

Wahrscheinlich ist, dass sich institutionelle Träger der Vakanz annehmen, wenn sich die Versicherer aus dem Öl- und Gassektor zurückziehen. Sie werden das Risiko in irgendeiner Form verbrieft an den Markt bringen. Nicht auszuschließen, dass die renditehungrigen und niedrigzinsgeplagten Versicherer dann dort zuschlagen oder sich direkt an den Hedgefonds beteiligen. Gewonnen ist dann nichts. Es ist generell fragenswert, warum Hedgefonds aufsichtsrechtlich und moralisch anders investieren dürfen als andere Investoren.

Wie sich die Versicherer in Zukunft im Spannungsfeld von Nullzinsen, Rendite, Umweltbewusstsein und Förderer des ökologischen Wandels platzieren, wird die wichtigste Frage in den kommenden Jahren. Weit über den Finanzmarkt hinaus.

Autor: Maximilian Volz