Buberl zieht Bilanz: Wie hart trifft die Pandemie die Axa?

Thomas Buberl, Axa-CEO. Bildquelle: Rapahael Dautigny über Axa.

Auch in Frankreich befürchtet man eine zweite Corona-Welle. Dabei hat bereits die erste große Schäden beim Allianz-Rivalen Axa hinterlassen, darunter auch verlorene BSV-Prozesse in Paris. Konzernchef Thomas Bubel kam den Gastronomen und Hoteliers mit einem großzügigen Angebot entgegen. Welche Löcher das in der Bilanz reißen wird, teilt Buberl heute mit.

So hat die Pandemie natürlich auch die Pläne des französischen Versicherungskonzerns deutlich durcheinander gewirbelt. Mit bislang mehr als 30.000 Toten ist Frankreich besonders stark von der Ausbreitung des Corona-Virus betroffen. Von Entspannung kann auch weiterhin keine Rede sein. Nachdem die Zahlen auch bei unseren französischen Nachbarn wieder leicht nach oben gehen, fürchten die Behörden ebenfalls eine zweite Infektionswelle.

Daher verwundert es auch nicht, dass die Nummer eins unter Frankreichs Versicherern besonders heftig von der grasierenden Pandemie getroffen wurde. So beklagte die Axa bereits in den ersten drei Monaten des laufenden Geschäftsjahres einen deutlichen Einbruch bei den Prämieneinnahmen um neun Prozent auf 31,7 Mrd. Euro (VJ: 35,0 Mrd. Euro). Die Schäden aus der Absage von Veranstaltungen bezifferte Axa vorläufig auf einen dreistelligen Millionen-Euro-Betrag vor Steuern. Mit Aussagen für das Gesamtjahr hielt sich der französische Versicherungskonzern jedoch zurück.

Kurz zuvor noch sprach Axa-Vorstandschef Thomas Buberl mit Blick auf die Folgen der Coronavirus-Epidemie von vorübergehenden Effekten, die sich vor allem aus den Maßnahmen der chinesischen Regierung zur Einschränkung der Mobilität der Bevölkerung ergäben. 

Diesmal lag Buberl daneben. Doch hätte nicht wirklich jemand realistisch einordnen können, was wenige Wochen später passieren würde. Nun steckt die globale Wirtschaft in einer tiefen Krise. Versicherer sind mit Entschädigungsdebatten konfrontiert, müssen noch stärker mit Bedacht wirtschaften, ohne zu wissen, wie sich der Markt entwickeln wird.

Pandemieschutz: Seltene Einmütigkeit mit Allianz-Chef Bäte

So nutzte das einstige Wunderkind der Versicherungsbranche die „Gunst der Stunde“ auch gleich einmal dafür, ein staatlich-privates Versicherungssystem gegen Großgefahren aufzubauen. Ein System von privater und staatlicher Hand gegen „sanitäre Katastrophen“ wie Corona hatte er im Kopf, an dem Staat und Privatwirtschaft jeweils die Hälfte halten. 

Dessen Vorschlag orientiert sich am französischen Modell der Versicherung für Naturkatastrophen, in den die französischen Versicherer heute rund zwölf Prozent der Einnahmen aus Schadensversicherungen einzahlen. Im Katastrophenfall deckt der Fonds bis zu 200 Prozent der Prämieneinnahmen ab; für darüber hinausgehende Schäden kommt der französische Staat auf, schreibt die FAZ.

Dabei zieht Buberl in seltener Einmütigkeit sogar mit Allianz-CEO Oliver Bäte an einem Strang. „Für solche Situationen gibt es in vielen Ländern eine Kooperation zwischen öffentlicher Hand und Privatwirtschaft, weil die Versicherungsbranche solche Systemausfälle nicht beherrschen kann“, betonte der Versicherungsmanager gegenüber dem Spiegel.

Auch sonst beweist sich Buberl in diesen Tagen als geschickter Krisenmanager, der etwas wagt und zu sagen hat. Er strahlt Ruhe aus und präsentiert sich nicht nur im Austausch mit den Bossen der Wirtschaft, sondern auch bei den Mitarbeitern. Die Belohnung: Axa versichert, dass die Coronavirus-Pandemie keine Folgen für die Beschäftigung und die Vergütung seiner rund 160.000 Mitarbeiter haben werde. Alle Arbeitsplätze würden erhalten bleiben, solange der Stillstand andauere. Auch werde der französische Konzern die Möglichkeit zur Kurzarbeit in Frankreich nicht in Anspruch nehmen.

Buberl überrascht mit BSV-Coup

Ein besonderer Coup gelang Buberl auch bei den juristischen Auseinandersetzungen um die Betriebsschließungsversicherung: Bereits Ende Mai sprach ein französisches Handelsgericht dem Betreiber von vier Restaurants in Paris Entschädigungen für Umsatzausfälle für zwei Monate zu. Der Gastronom Stephane Manigold hatte Axa verklagt, nachdem die französische Regierung Bars und Restaurants Mitte März geschlossen hatte, um die Ausbreitung des Coronavirus zu bremsen, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters.

Die Folge: Konzernchef Buberl persönlich machte den betroffenen Kunden ein großzügiges Angebot: „Diese Verträge machen weniger als zehn Prozent aller Verträge mit Restaurantbesitzern aus, und ich bin zuversichtlich, dass wir eine Lösung finden werden.“ Der Versicherer teilt mit, man wolle 500 Mio. Euro zur Kompensation von Ansprüchen kleinerer Unternehmen bereitstellen. Es ist unwahrscheinlich, dass die Summe als volle Entschädigung klassifiziert werden kann. Hierbei handelt es sich wohl um ein Vergleichsangebot, um weitere Klagen zu vermeiden.

Ob sich die betroffenen Gastronomen und Hoteliers am Ende damit zufriedengeben, ist bislang nicht bekannt. Die Aktionäre dürften in diesem Jahr allerdings nur wenig Freude mit dem Versicherer haben: So gehört die Axa zu den wenigen Versicherungskonzernen, welche die Dividendenzahlungen wegen der Corona-Krise kürzen werden. Anfang April hatte die europäische Versicherungsaufsicht Eiopa die Versicherer und Rückversicherer dazu aufgefordert, vor dem Hintergrund der Corona-Krise, Dividendenzahlungen und Aktienrückkäufe vorübergehend auszusetzen.

Dass Buberl jedenfalls gerne mal für einen Überraschungs-Coup zu haben ist, zeigte auch die Übernahme von XL Catlin. 15,3 Mrd. US-Dollar zahlte die Axa damals für den auf den Bermudas beheimateten Sach- und Rückversicherer – 33 Prozent über dem Aktienkurs. „Vergleichsweise billig“, nannte Buberl den Zukauf – für ein funktionierendes Unternehmen wohlgemerkt und kein Start-up, dass keine Umsätze generiert.

Ein Deutscher regiert wie einst Napoleon Bonaparte

Die Investoren erinnerte Buberls „einsame“ Entscheidung an jene alten Zeiten, als Persönlichkeiten mit napoleonischer Ader wie Claude Bébéar oder Henri de Castries die Axa ohne Check und Balances regierten. Und, den einst regionalen Versicherer zur Nummer eins in Europa machten. Ob man Buberls harte Sanierung damals bei Axa Deutschland oder die teure Akquisition von XL gutheißen mag oder nicht. Feststeht, dass diese progressive Denkweise ihn erst an die Spitze des französischen Konzerns katapultiert hat.

Die Entscheidung für den Deutschen als CEO fiel damals aufgrund eines Papiers, in dem Buberl seine Digitalstrategie für die Axa festhielt. „Das hat uns alle überzeugt“, erklärte Buberls Vorgängede Castries. „Nicht nur von der Sache her, sondern auch wegen des starken persönlichen Engagements, des Muts und der Werte, die Thomas gezeigt hat.“ Es heißt, mutig ist derjenige, der „Nein“ sagt. In diesem Fall ist es Buberls „Nein“ zur bisherigen Konzernpolitik, große Übernahmen zu meiden.

Ob Buberls Mut auch ausreichen wird, die Axa durch die unruhigen Gewässer der Corona-Pandemie zu steuern, wird die Zeit erweisen. Zuzutrauen wäre es ihm jedenfalls.

Autor: VW-Redaktion

Ein Kommentar

  • Jürgen Binder

    Wir versuchen als Industrieversicherungsmakler unseren Kunden mit Versicherungsschutz auszustatten. Die AXA fällt dadurch auf das teilweise keine Angebote abgegeben werden. Man auch keine neuen Prämieneinnahmen wünscht. Sogar bestehende Anteilszeichnungen werden zurückgefahren. Wenn man das al „Mut“ bezeichnet habe ich ein anderes Verständnis.
    Handelt es sich bei der AXA noch um einen Versicherer oder nur noch um einen Vermögensverwalter?

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