Dreikampf im Direktgeschäft: Allianz im Wettbewerb mit Generali und Huk-Coburg

Generali, Huk-Coburg, Allianz

Die Direktversicherung muss doch Potenzial haben. Wie sonst sollte man die strategischen Manöver von Allianz, Huk-Coburg oder Generali-Tochter Cosmos Direkt interpretieren. In München wird kräftig an der neuen Marke geschraubt, die Coburger nehmen sich ein Beispiel an Apple und Amazon, Cosmos will „Life-Time-Partner“ für den Kunden sein. Die ambitionierten Pläne indes haben ihre Tücken.

Warum sollte der Vertrieb von Versicherungen nicht eine ähnliche Entwicklung durchlaufen wie z.B. Reisebüros, die in den USA von 2000 bis 2010 fast die Hälfte ihres Umsatzes an Websites abgegeben haben? Oder wie das Online Banking, das in den meisten Ländern stark zugelegt hatte oder wie der inzwischen selbstverständlich gewordene Einkauf im Internet?

Solche Erwartungen haben sich bislang nicht erfüllt in der Branche. In den letzten zehn Jahren ist der Direktmarkt in Europa zwar etwas stärker gewachsen als der Versicherungsmarkt insgesamt, erreicht aber deutlich weniger als insgesamt 30 Mrd. Euro an Prämien. Der Kfz-Direktanteil im Bestand ist zwar von 15 auf 23 Prozent gestiegen, aber fast alle anderen Produkte verweilen klar im einstelligen Bereich und spielen „direkt“ (noch) keine Rolle. „Mainstream“ ist immer noch der physische Vertrieb, konstatierte Simon Kaesler, Partner bei McKinsey, jüngst in einem Gastbeitrag für die Versicherungswirtschaft.

Nun stellt sich dabei die Frage: Woran hakt es beim Direktvertrieb? Die DA Direkt hatte vor wenigen Monaten bei den Kunden im Rahmen einer groß angelegten Umfrage nachgefragt. Das Ergebnis: Die Kunden nervt am meisten, dass Anliegen immer wieder neu erklärt werden müssen.

So gab knapp jeder zweite der insgesamt 2.037 Befragten in Deutschland (49 Prozent) an, dass es das größte Ärgernis in der Telefonberatung sei, das eigene Anliegen immer wieder erklären zu müssen. Immerhin 40 Prozent der Kunden vermissen dabei einen persönlichen, individuellen Ansprechpartner. Die fehlende Fachkompetenz im Beratungsgespräch beklagen etwas mehr als ein Drittel der Befragten (34 Prozent).  Rund ein Viertel (24 Prozent) stört sich an den langen Wartezeiten.

Direktversicherer haben in der Kfz-Sparte die Nase vorn

Es verwundert also wenig, dass der Direktvertrieb vor allem in der nicht sonderlich beratungsintensiven Kfz-Sparte einen Boom erlebt. Befragt nach der Zufriedenheit schneiden die Direktversicherer mittlerweile sogar besser ab als die Filialvertriebe. So belegten die Direktversicherer in einer Umfrage des Deutschen Instituts für Service-Qualität (DISQ) die fünf Spitzenplätze.

Spitzenreiter ist – zum wiederholten Mal – die Cosmos Direkt: Seit 2014 scheint sich das Tochterunternehmen der Generali bei den Kunden großer Beliebtheit zu erfreuen. Dementsprechend selbstbewusst gibt sich auch deren Vorstandschef David Stachon: „Wir möchten unseren Kunden immer das bestmögliche Leistungspaket zur Verfügung stellen und sie als digitaler Lifetime-Partner in allen Lebensbereichen absichern – daran arbeiten wir jeden Tag aufs Neue“, lautet sein Credo.

Zu den Pionieren im Kfz-Direktvertrieb gehört die Huk24, Direktversicherungstochter des Branchenprimus Huk-Coburg. „Vor 18 Jahren ging unser digitaler Versicherer Huk24 an den Markt, heute der größte deutsche Online-Versicherer. Etwa ein Viertel des Neugeschäfts des Konzerns kommt von der Huk24“, meldete der Konzern bereits 2018.

Im Geschäftsbericht des Jahres 2018 schreibt der Konzern daher nicht ohne Stolz: „Die Huk24, der größte deutsche Onlineversicherer, konnte aufgrund eines ausgezeichneten Neugeschäftes ein sehr erfreuliches Bestandswachstum verzeichnen. Der gesamte Vertragsbestand erhöhte sich im Geschäftsjahr um 7,4 Prozent auf 5.502.494 Risiken. Die Kraftfahrtversicherung verzeichnete einen Bestandszuwachs um 7,1 Prozent auf 4.018.766 Risiken. In der Kfz-Haftpflichtversicherung stieg der Bestand um 6,7 Prozent auf 2.181.062 Risiken. Die sonstige Kraftfahrtversicherung erzielte eine Zuwachsrate von 7,4 Prozent auf 1.837.704 Risiken.“

Kritik am Geschäftsgebahren der Huk24 gab es jüngst allerdings von den Verbraucherschützern. So kam eine Untersuchung von Finanztip Ende 2019 zu dem Ergebnis, dass auch der Direktversicherer der Coburger verstärkt auf den Preiskampf setzt. „In unserer jüngsten Untersuchung schneidet die Huk24 mit den neuen Tarifen oft sehr günstig ab. In 14 von 32 Fällen haben wir bei der Huk24 den günstigsten Preis für unsere Test-Nutzer gefunden. Noch vor zwei Monaten lieferte die Huk24 in unserer Untersuchung in nur acht von 32 Fällen das günstigste Ergebnis“, erklärte Kathrin Gotthold, Versicherungsredakteurin bei Finanztip.

Allerdings: „In unserer Untersuchung bietet kein Portal oder Anbieter immer den besten Preis für jeden, Die Huk24 ist zwar aktuell preisaggressiv im Markt unterwegs, doch für manche Test-Nutzer war der Direktversicherer auch deutlich teurer“, ergänzt Gotthold. „

Allianz Direct mit klassischem Fehlstart

Und die Allianz? Die hat sich den Start ihres neuen Tochterunternehmens Allianz Direct zum Jahresbeginn wohl anders vorgestellt. „Mit der Allianz Direct wollen wir etwas erreichen, was wir noch nie erreicht haben und etwas ganz Neues schaffen“, kündigte Allianz- Finanzvorstand Giulio Terzariol an. Dabei war in der Werbung des Münchener Versicherungskonzerns vollmundig von Begriffen wie „Mission“ und einem „Wow-Effekt beim Kunden“ die Rede.

Doch der Start des neuen Tochterunternehmens endete zunächst im „Super-GAU“. Vor allem der Transfer der bisherigen Allsecur-Kundendaten in das System von Allianz Direct habe überhaupt nicht funktioniert. So schreibt ein des Bewertungsportals Trustpilot etwa: „Ich habe noch nie ein Unternehmen mit einem so unprofessionellen Kundenservice gesehen. Dort funktioniert rein gar nichts, ich habe heute zweimal versucht die Hotline anzurufen, nach jeweils 40 Minuten in der Warteschleife habe ich dann aufgegeben. Dann kam ich auf die glorreiche Idee Allianz Direct schriftlich zu kontaktieren, ein Kontaktformular auf der Internetseite existiert nicht, eine E-Mail Adresse ist nicht auffindbar, es wird auf einen Chat hingewiesen, wo der Chat-Button nicht erscheint.“

Um das angekratzte Image beim Kunden wieder aufzubessern, hat die Allianz Direct jüngst den Leichtathleten Usain Bolt als neuen Markenbotschafter engagiert. „Er steht für Schnelligkeit, Professionalität, harte Arbeit, Innovation und ist der Inbegriff des modernen digitalen Menschen“, begründet die Allianz Direct die Verpflichtung. Der Versicherer betont zudem, dass die Kampagne mit Bolt die Geschwindigkeit hervorheben soll, „mit der Kfz-Versicherungen abgeschlossen werden können.“

Der Sprinter selbst fühlt sich geehrt, „in den kommenden Jahren das Gesicht dieser europäischen Kampagne zu sein. Allianz Direct steht für Schnelligkeit, digitale Kompetenz und Einfachheit. Das sind Werte, mit denen ich mich sehr gut identifizieren kann“, sagt Bolt. Der erste Werbespot wurde bereits aufgenommen.

Quelle: Allianz Direct auf Youtube

Und dennoch: Auch wenn die „Disruption“ bislang ausblieb, gewinnen Direktspieler jedes Jahr kontinuierlich Marktanteile. Unsere Untersuchungen zeigen, dass sich immer mehr Kunden zutrauen, direkt abzuschließen. Und auf der Angebotsseite haben fast alle großen Versicherer und auch neue Spieler hohe Budgets für Wachstum im digitalen Vertrieb.

Hinzu kommen aggressive Aggregatoren, die den Vergleich erleichtern und Kunden den Direktabschluss nahelegen. All dies wird dazu führen, dass der Direktmarkt weiterwächst. Zudem werden physische Kanäle auf absehbare Zeit jedoch die Oberhand behalten, insbesondere auch für komplexe beratungsintensive Produkte wie Leben oder Kranken, so McKinsey-Experte Kaesler.

Autor: VW-Redaktion

Ein Kommentar

  • Ridschie Blanko

    Nunja. Berichterstattung scheint sich mittlerweile schwieriger zu gestalten als bisher angenommen. 23 % Marktanteil von was? Aus welcher Grundlage wird hier berichtet? Mehrprämieneinnahmen wurden im merklichen Maße generiert, oder wurde hier nur wieder auf die tote Oma billig rumgeprügelt. Normalerweise müssten die Versicherungsprämien des Onlinegeschäfts merklich über 70 % unter den klassischen vermittelten Versicherungen liegen. Tut es aber nicht. Der Kunde, egal welcher Branche ist natürlich noch nicht am Ende seiner, von der Industrie angezüchteten Verblödung angelangt und reagiert noch. Der Journalismus soll seinen Lobbyisten etwas Zeit und Geduld verrichten. Es wird ganz sicher bald alles gut geregelt sein. Und der Kunde klickt und klickt und klickt im Internet und bekommt nicht das was er möchte und davon auch nur die Hälfte. Siehe die riesigen Müllberge aus dem Onlinehandel. ich orientiere mich weiter am Menschen und freue mich, wenn ein OnlinevertriebsKannibale den Anderen aufgefressen hat.

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