Kommentar: Die „grüne“ EIOPA könnte zum Problem für Versicherer werden

Die Zentrale der Europäischen Versicherungsaufsicht Eiopa. (Bildquelle: Eiopa)

Die europäische Aufsicht kann mit Fug und Recht als Nachhaltigkeitstreiber bezeichnet werden – nicht immer zur Freude der Finanzbranche. Was mit Ex-EIOPA-Chef Gabriel Bernardino begann, setzt nun seine Nachfolgerin Petra Hielkema fort, wie der 5th Sustainable Finance Round Table von EIOPA zeigt. Ein Kommentar von Phillip Thomas.

In ihren einleitenden Worten wandte sich EIOPA-Chair Hielkema an Versicherer und Pensionsfonds als Zielgruppe und Partner bei der Durchsetzung neuer Standards. Es gehe um die Aspekte Underwriting, Investments und Operations. Verlangt würden Transparenz und Konsistenz im Ansatz. EIOPA verfolge einen Dreijahresplan für Sustainable Finance Priorities, unter dem sieben Teilbereiche vorkämen. Es solle zudem ein EU-weites Dashboard geben. Im positiven Sinne vermerkte Hielkema, EIOPA wünsche sich, dass die Versicherungsbranche im gesellschaftlichen Kontext relevant bleiben möge.

In den Bereichen Naturkatastrophen- und Pandemie-Exposures soll die Assekuranz künftig eine wesentlich wichtigere Riskmanagement-Rolle spielen. Die aggregierten Exponierungen dürften dadurch erheblich wachsen. Gefordert wird zudem ein ‚Impact Underwriting‘, also eine aktive Unterstützung etwa der Errichtung von Windkraftanlagen.

EIOPA möchte des Weiteren auch das Fortgelten vergleichsweise laxer ESG-Standards in einzelnen EU-Staaten verhindern. Diesem Zweck wird die zunehmende Gleichschaltung des Vorgehens der Aufsichtsbehörden einzelner EU-Staaten dienen.

Entlarvung von Versuchen des Greenwashing

Zentraler Ansatz von EIOPA ist es, selber die im ESG zu verwendenden Begriffe zu definieren, also sich die Deutungshoheit zu sichern. EIOPA spricht von ‚Taxonomy‘, also einem Klassifikationsschema, wie es anderenorts etwa von Biologen verwendet wird.

Als Greenwashing bezeichnet man Versuche eigentlich nicht ESG-Kriterien genügendes Verhalten dennoch zumindest grünlich zu schminken. EIOPA jedoch wird wachsam sein und derartiges konterkarieren des eigenen Bemühens an den Pranger stellen. Der Ermessensspielraum der wirtschaftlichen Akteure, selber zu befinden, was sie für noch grün halten, dürfte entsprechend gen Null schrumpfen.

Renditerwartungen nach Grünheitsgrad nuanciert

Bisland galten bei Assekuranz-Investments Capital-Expectations von zwischen 8 und 10 Prozent. Nun aber werden im Fall von Öl-Aktien 20, bei Gas 10 Prozent verlangt. Im Gegensatz hierzu bescheidet man sich im Fall von Erneuerbaren Energien mit bloßen 3 bis 5 Prozent. EIOPA lobt die politisch korrekte Anpassung der Erwartungen, andererseits könnte man hierin aber auch eine unnatürliche Marktverzerrung erblicken.

Rational begründen lassen sich die unterschiedlichen Renditeerwartungen allenfalls unter Berücksichtigung der mutmaßlichen künftigen Terminal-Values der Investments, welche in einem Worst-Case-Szenario für ‚Stranded Assets‘ möglicherweise in Richtung Wertlosigkeit tendiert. Andererseits macht ein über 30 Jahre diskontierter Schlusswert keinen so großen Unterschied bei der rationalen Bewertung eines Assets.

Präsentiert sich ein alternatives grünes Investment nicht als rational, so kann zur Begründung auch noch die Fiduciary Duty des Managements von Versicherern und Pensionsfonds herhalten, die Investments entsprechend dem mutmaßlich grünen Willen der Kunden auszuwählen. Die Kunden wären bereit auf Rendite zu verzichten, wenn es gilt, etwas für die Umwelt zu tun. Entsprechende Disclosure-Requirements wird es quer über alle Bereiche der Finanzwirtschaft geben.

Ein selbstberufener Stakeholder drängelt sich vor

Den Aktionären von Versicherungsunternehmen droht ein erheblicher Kontrollverlust. Das Management wird zunehmend nicht ihre Weisungen, sondern die von EIOPA bzw. den nationalen Aufsichtsbehörden stammenden implementieren müssen. Sicherstellen möchte EIOPA dies auch dadurch, dass Management-Boni zunehmend an die Erzielung von grünen und nicht mehr von Gewinnzielen geknüpft sein werden.

Der derzeitige Solvency II-Ansatz wird noch nicht angepasst, es bleibt zunächst also bei einem einjährigen Horizont und dem Risk-Based-Approach, wobei in letzteren aber zunehmend Klimaüberlegungen einfließen dürften. Ein späterer Umbau, ab 2023, in Richtung auf ESG-Konformität könnte aber noch kommen, dann wohl im Kontext entsprechender Änderungen auch für den Bankensektor.

Autor: Phillip Thomas

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