Grüne Gewerbeversicherungen: „Aktuell erleben wir eine Findungsphase, bei der die Parameter definiert werden“

Finanzchef24-Geschäftsführer Tobias Wenhart. Quelle: Finanzchef24

Der Markt für Gewerbeversicherungen brummt, berichtet das Insurtech Finanzchef24 in einem aktuellen Report. „Ob Betriebshaftpflicht-, Vermögensschadenhaftpflicht-, Inhalts-, Cyber- oder D&O-Versicherung: Viele Produktentwicklungen und die Nachfrage werden aktuell von externen Faktoren angestoßen. Die Wirtschaft befindet sich durch Disruption im massiven Wandel, die Corona-Pandemie und zunehmende Unwetterkatastrophen bringen völlig neue Risiken aufs Tapet, und die Nachhaltigkeitsdebatte ordnet Themen neu“, sagt Tobias Wenhart, Co-CEO des Unternehmens.

Die Prämien haben laut Bericht für die wichtigsten Sparten Betriebshaftpflicht, Vermögensschadenhaftpflicht und Geschäftsinhalt in der Tendenz durchschnittlich leicht nachgegeben, beim Rechtsschutz und bei D&O-Produkten geht es indes eher nach oben.

In der Betriebshaftpflicht sind nach einer Musterberechnung von Finanzchef24 die jährlichen Prämien für exemplarische Kleinst- und Kleinunternehmer von 2018 bis 2021 von etwa 300 Euro auf rund 240 Euro gesunken – was einem Minus von circa 20 Prozent entspricht. Die Prämien für Vermögensschadenhaftpflicht-Versicherungen haben sich nach einem deutlichen Preisrutsch in 2014 und 2015 zuletzt bei knapp unter 500 Euro eingependelt. Inhaltsversicherungen haben im Schnitt um etwa 5 Prozent zugelegt.

Ein Trend ist laut Finanzchef24 die Hybridisierung. Das Nebeneinander von Offline und Online stellt viele Berufsgruppen vor neue Herausforderungen. „Im Maschinenbau geht es bereits heute eher um Software denn um Maschinen. Auch für den Messebau bedeutet die Messe nicht mehr nur der analoge Stand, bei dessen Design, Produktion, Transport sowie Auf- und Abbau es Probleme geben kann, die versichert werden wollen. Der Messebauer verwirklicht heute Messestände immer öfter zugleich digital. Hier reichen die Risiken von falschen Inhalten, Softwarefehlern und fatalen Marketingentscheidungen bis hin zu Hackerangriffen“, erklärt Wenhart.

Es lasse sich nicht mehr spontan sagen, dass im Handwerk die Betriebshaftpflicht ausreichend sei, sondern vielmehr immer öfter eine sinnvolle Ergänzung gebraucht werde. Die Produkte müssten individueller werden. Versicherern müsse es gelingen, kleine Unternehmen, die viele Produkte und Dienstleistungen anbieten, gut abzubilden.

Grüne Produkte gefragt

Im Zuge verstärkter Diskussionen um den Klimawandel rücken zudem grüne Gewerbeversicherungen ins Blickfeld von Kunden und Anbietern. „Aktuell erleben wir eine Findungsphase, bei der die Parameter definiert werden. Klimaneutralität ist nur ein Faktor“, sagt Wenhart. Die Aktivitäten der Versicherungsunternehmen reichen derzeit von der CO2-Vermeidung bis zum Pflanzen von Bäumen. Erste Versicherer zahlen bei grünen Produkten im Schadensfall bis zu 20 Prozent Mehrleistungen, wenn im Gegenzug ökologische, nachhaltigere oder sparsamere Materialien verbaut oder nachhaltigere Firmen beauftragt werden. Andere Anbieter sichern KMUs speziell ab, die auf Photovoltaik oder Geothermie setzen und damit andere Risiken haben. Auch die sich ändernde Mobilität fließt in grüne Produkte ein, wie Absicherungslösungen für E-Ladestation oder Wallboxen zeigen.

Indes suchen Unternehmer laut Finanzchef24 seltener analoge Vertreter vor Ort auf, sondern das Internet. Anbieter mit digitalen und hybriden Vertriebsformen sind die Gewinner und werden es in Zukunft sein. „Der Onlinevertrieb wächst jedoch überproportional. Wir verzeichnen in fast allen Sparten jährliche Zuwachsraten bei der Nachfrage im zweistelligen Bereich“, sagt Wenhart.

Vor allem Branchen, die von der Krise nicht unmittelbar betroffen waren oder sogar davon profitiert haben, haben Versicherungsprodukte in den vergangenen anderthalb Jahren online deutlich stärker nachgefragt – beispielsweise Handwerker oder E-Commerce-Händler.

Autor: VW-Redaktion