Missbrauchsopfer der Boy Scouts of America erhalten 850 Mio. Dollar – Klagen gegen Versicherer weiter möglich

US-Scouts bei einer Parade. Bild von GS S auf Pixabay.

Das lief nicht gut für die Hartford Financial Services Group und weitere Versicherer. Im Missbrauchsprozess rund um die Boy Scouts of America (BSA) hat sich die Vereinigung mit den Opfern auf eine Entschädigung von 850 Mio. Dollar geeinigt – das Recht auf weitere Forderungen der Betroffenen gegen die Versicherer der „Scouts“ bleibt bestehen.

Über Jahrzehnte wurden bei den BSA Kinder und Jugendliche sexuell missbraucht. Die Fälle kamen schließlich ans Licht, die Opfer schlossen sich zusammen. Es folgten viele Klagen auf Schadenersatz, die die Vereinigung schlussendlich finanziell überforderten. Die BSA musste Insolvenz in Eigenregie anmelden, was die Verhandlungen mit Versicherern und Opfern um eine Entschädigung erschwerte, da das Insolvenzgericht integriert werden musste.

Wie schwierig die Verhandlungen sind und waren, musste Hartford erfahren. Das Unternehmen war in den 1970- und 80ern Versicherungspartner der BSA – andere namhafte Unternehmen folgten. Hartford hatte sich zuvor auf eine Zahlung von 650 Mio. Dollar an die mittlerweile bankrotte Vereinigung geeinigt. Doch die BSA widerrief den Deal, denn die Opfer forderten höhere Summen. Der Versicherer war nicht erfreut und kündigte an, seine  Position in den Verhandlungen mit den Opfern „streng zu behaupten“.

Deal ja – Versicherer nein

Nun hat sich die BSA mit der Opfervereinigung Coalition of Abused Scouts for Justice und zwei weiteren Gruppen geeinigt. Die „rund 60.000 Betroffenen“ erhalten 850 Mio. Dollar. Die Einigung lässt den Opfern die Option offen, weitere Klagen gegen die BSA-Versicherer einzureichen.

Die Versicherer sind dabei außen vor, wie Gerichtsunterlagen zeigen. Die Rechtsbeistände von Unternehmen wie Hartford, American International Group, Chubb und Travelers bemängeln laut den Unterlagen, dass sie durch die BSA von den Verhandlungen „ausgeschlossen“ wurden. Die Anwälte kritisieren, dass die BSA den Opferanwälten bei der Verhandlung der Vereinbarung zu viel Gestaltungsspielraum einräumten. “With only the fox guarding the hen-house, the outcome is utterly at odds with what BSA itself asserted was necessary for a confirmable (bankruptcy) plan“, wird ein Rechtsvertreter zitiert.

Der „reorganization plan“ der BSA mit den Opfern ist ähnlich strukturiert wie der von einigen katholischen Kirchen und Unternehmen, die krebsverursachende Asbestprodukte verantworteten, erklärt insurancejournal. Ob der Fall für die BSA und die Versicherer mit der Einigung erledigt ist, ist fraglich.

Sicher ist, dass bei einem Fall von einem solchen Ausmaß auf eine bereits existierende Vereinbarung zurückgegriffen werden kann, zutiefst verstörend ist.

Autor: Maximilian Volz