Creditreform: Konjunkurschwäche lässt Insolvenzen in Deutschland ansteigen
Die Ökonomen der verschiedenen Kreditversicherer haben es bereits prognostiziert: Mit 19.400 Unternehmensinsolvenzen im Jahr 2019 ist der zehn Jahre andauernde Rückgang der Unternehmensinsolvenzen zu Ende gegangen (2018: 19.410 Fälle). Gleichwohl liegt die Zahl der Unternehmensinsolvenzen auch 2019 auf dem niedrigsten Stand seit 25 Jahren. Zu diesem Ergebnis kommt die Wirtschaftsauskunftei Creditreform.
„Die Unternehmen kommen aus einer langen Phase des Sonnenscheins (…), haben sich etwas Speck angefressen, das verhindert das Schlimmste. Es ist nicht so, als hätten wir einen dramatischen Umschwung. Wir haben eine Symptomatik, die darauf hinweist, dass der Himmel nicht mehr blau ist, sondern dass er sich bewölkt hat. Und vereinzelt regnet es, und es gibt hier und da auch Blitzeinschläge“, kommentiert Creditreform-Hauptgeschäftsführer Volker Ulbricht.
Bei den privaten Verbrauchern schwächte sich der Rückgang der Insolvenzen laut Creditreform deutlich ab. Die Vorjahreszahl (2018: 67.740) wurde zwar leicht unterschritten (minus drei Prozent). In den Vorjahren (2018: minus 5,9 Prozent, 2017: minus 6,9 Prozent) war die Zahl der Verbraucherinsolvenzen aber noch deutlich stärker rückläufig. 2019 wurden insgesamt 65.700 Verbraucherinsolvenzen registriert; der niedrigste Wert seit 15 Jahren.
Die Insolvenzschäden für die Gläubiger nahmen im Zuge zahlreicher größerer Insolvenzen im Jahr 2019 um 3,4 Mrd. Euro auf insgesamt 23,5 Mrd. Euro zu. Die durchschnittliche Schadenssumme für die Insolvenzgläubiger – dazu zählen beispielsweise Banken, Lieferanten und sonstige Kreditgeber – stieg laut Creditreform auf 856.000 Euro je Insolvenzfall. Zu einem Anstieg kam es auch bei den insolvenzbedingten Arbeitsplatzverlusten. Rund 218.000 Stellen sind infolge der diesjährigen Unternehmensinsolvenzen bedroht bzw. weggefallen (2018: 198.000).
Zudem gehen nach Angaben der Wirtschaftsauskunftei vermehrt auch große Unternehmen insolvent. Allerdings ist deren Anteil am gesamten Insolvenzgeschehen weiter gering. So machen Unternehmen mit 51 bis 100 Beschäftigten einen zwar wachsenden, aber nach wie vor geringen Teil der Insolvenzen aus (2019: 1,1 Prozent; 2018: 0,9 Prozent).
In 0,8 Prozent aller Fälle hatte das Unternehmen mehr als 100 Beschäftigte. Zu den Großinsolvenzen des Jahres zählen u. a. Gerry Weber und der Krankenhausbetreiber ViaSalus sowie der Reiseveranstalter Thomas Cook. Den größten Anteil am Insolvenzgeschehen haben weiterhin Unternehmen mit höchstens fünf Beschäftigten (81,7 Prozent). Im Vergleich zum Vorjahr (83,2 Prozent) hat sich der Anteil dieser Kleinunternehmen am Insolvenzgeschehen aber verringert.
„Der jahrelange Rückgang bei den Unternehmensinsolvenzen ist de facto beendet. Die konjunkturelle Abschwächung in Deutschland macht sich zunehmend in der Insolvenzstatistik bemerkbar.“
Volker Ulbricht, Hauptgeschäftsführer Kreditreform
Auch Euler Hermes rechnet derzeit mit einer Zunahme der Großinsolvenzen in Deutschland. Demnach zählte der Kreditversicherer allein in den ersten neun Monaten des Jahres 2019 zählte der weltweit führende Kreditversicherer Euler Hermes 27 Pleiten von deutschen Unternehmen mit einem Umsatz von mehr als 50 Mio. Euro. Im Vorjahreszeitraum waren es noch 19 Fälle gewesen, dies entspricht einem Zuwachs von 42 Prozent, konstatiert Euler Hermes. Zudem hat sich die Zahlungsmoral der deutschen Unternehmen nach Angaben von Coface in diesem Jahr deutlich verschlechtert.
Ein überraschend düsteres Bild zeichnete jüngst auch der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) von der aktuellen konjunkturellen Lage in Deutschland. Zahlungsausfälle und Unternehmensinsolvenzen haben sich im Jahr 2019 gegenüber 2018 deutlich erhöht. Hintergrund ist eine Stagnation des Welthandels, schwächelndes Wirtschaftswachstum und sinkende Zahlungsmoral der Kunden.
Nach den bisher vorliegenden Zahlen müsse man bei den Zahlungsausfällen von einer massiven Steigerung um 60 Prozent ausgehen, so Thomas Langen, Vorsitzender der Kommission Kreditversicherung im GDV. Damit würden sich die Schäden im Gesamtjahr auf 1,1, Mrd. Euro summieren. Die Branche habe darauf reagiert und ihre Deckungen weiter erhöht. „Wir stehen zu unseren Zusagen gegenüber den Kunden auch in wirtschaftlich schwieriger werdenden Zeiten“, versicherte Langen.
Die vollständige Creditreform-Analyse zu den Insolvenzen in Deutschland 2019.
Autor: VW-Redaktion