GDV: Kreditversicherer registrieren verstärkte Zahlungsausfälle

Thomas Langen, Vorsitzender der Kommission Kreditversicherung im GDV. Quelle: mvb

Ein überraschend düsteres Bild zeichnet der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) von der aktuellen konjunkturellen Lage in Deutschland. Zahlungsausfälle und Unternehmensinsolvenzen haben sich im Jahr 2019 gegenüber 2018 deutlich erhöht. Hintergrund ist eine Stagnation des Welthandels, schwächelndes Wirtschaftswachstum und sinkende Zahlungsmoral der Kunden.

Nach den bisher vorliegenden Zahlen müsse man bei den Zahlungsausfällen von einer massiven Steigerung um 60 Prozent ausgehen, so Thomas Langen, Vorsitzender der Kommission Kreditversicherung im GDV. Damit würden sich die Schäden im Gesamtjahr auf 1,1, Mrd. Euro summieren. Die Branche habe darauf reagiert und ihre Deckungen weiter erhöht. „Wir stehen zu unseren Zusagen gegenüber den Kunden auch in wirtschaftlich schwieriger werdenden Zeiten“, versicherte Langen.

Die negative Entwicklung betrifft alle drei Sparten der Kreditversicherung, auch die sonst eher weniger schadensanfällige Kautionsversicherung, für die die Versicherer einen Deckungsbetrag von 65 Milliarden Euro für Bürgschaften und Garantien zur Verfügung stellten. Im Bereich der Delkredere-Versicherung haben sich die Verluste deutscher Firmen durch Zahlungsausfälle und Zahlungsverzögerungen „auf breiter Front“ erhöht. Dort beträgt die aktuelle Deckungssumme nun 430 Mrd. Euro.

Die Gesamtsumme von 495 Milliarden Euro liege um zwei Prozent höher als im Vorjahr. Immer mehr Unternehmen, so Langen, gehen dazu über, Lieferantenkredite zu gewähren und ihre Zahlungsfristen zu verlängern. Dies führe zu deutlich höheren Forderungsrisiken als in vergangenen Jahren. Die Unternehmen seien hierzu gezwungen, um in einem wettbewerbsintensiveren Umfeld weiterhin ihre Umsätze zu sichern.

Quelle: GDV

Automobilindustrie ist nicht mehr das Zugpferd der deutschen Wirtschaft

Besonders die deutsche Industrie musste Federn lassen. Seit Anfang 2018 zeigt der IFO-Index fast nur noch nach unten. Bereits seit 2017 leeren sich die Auftragsbücher und die Auftragslage der Betriebe ist ungefähr wieder auf dem Stand von 2015 angekommen. Zu den am meisten betroffenen Branchen zählt neben dem Anlagen- und Maschinenbau, dem stationären Einzelhandel sowie der Touristikindustrie in vorderster Front die Automobilindustrie. Sie sei, so Langen, heute nicht mehr das Zugpferd der deutschen Wirtschaft.

Sie leide an einer weltweiten Absatzschwäche ausgerechnet zu einer Zeit, in der die Umstellung vom Verbrennungsmotor auf E-Mobilität auf Hochtouren laufe. Harte Sparprogramme und ein immenser Druck auf die gesamte Wertschöpfungskette seien die Folge. Dies habe bei den Zulieferern zu ersten Opfern geführt. Der Anlagenbauer Eisenmann, Weber Automotive und die Gusswerke Saarbrücken seien bereits insolvent, Kurzarbeit, Arbeitsplatzabbau und Standortschließungen stehen bei Unternehmen wie Continental, Bosch, Schaeffler oder ZF an.

Neben der teuren Insolvenz des Windenergieunternehmens Senvion mit einer Schadenssumme von 82 Mio. Euro hat vor allem die Pleite des Reiseanbieters Thomas Cook schlagartig das gestiegene Risiko der Touristikbranche vor Augen geführt. Allein diese Insolvenz hat die erhöhte Schadensumme im Jahr 2019 maßgeblich mit verursacht. Erstmals lag der Einzelschaden höher als die vom Gesetzgeber bisher festgelegte höchste Deckungssumme von 110 Mio. Euro.

Nicht allen Kunden werden daher auf Entschädigung hoffen können oder mussten ihre Heimreise alleine tragen. Langen: „Daraus haben wir Konsequenzen gezogen und werden schon kommenden Montag zusammen mit dem Justizministerium und der Reiseindustrie Gespräche über ein neues Absicherungssystem führen.“ Es sei das Ziel der Kreditversicherer, dass auch bei Insolvenzen von Großanbietern die Erstattung bereits von den Kunden bezahlter Gelder sowie die Rückführung von Urlaubern auf ein sicheres Fundament gestellt werde. Welche Vorschläge genau die Kreditversicherer einbringen werden, wollte Langen nicht sagen, um nicht den anstehenden Verhandlungen vorzugreifen. Zumindest aber scheint es, dass zu hohe und zu lange vor Reisebeginn verlangte Anzahlungen auf den Prüfstand gestellt werden müssen.

Trübe Wachstumsaussichten

Aussicht auf eine Besserung der wirtschaftlichen Lage gebe es auf absehbare Zeit leider nicht. „Das Wachstum in Deutschland ist mau und die Aussichten sind trüb. Wir laufen der Entwicklung in der Euro-Zone hinterher. Zuletzt ist das Land nur knapp an einer Rezension vorbeigeschrammt.“ Bei den Unternehmensinsolvenzen sei man an einem Wendepunkt angekommen. In diesem Jahr dürften ihre Zahl noch stagnieren und am Ende bei 19.300 liegen. Für das kommende Jahr rechnet der GDV mit einer Steigerung auf 19.700 Firmenpleiten. Erstmals seit Ende der Wirtschaftskrise 2009 steige ihre Zahl wieder an.

Auch die bisher starke deutsche Exportwirtschaft leidet unter dem weltweiten Abschwung. Nach Angaben des Internationalen Währungsfonds hat sich das Wachstum in 90 Prozent aller Staaten verlangsamt. Die bisherigen Mittel zur Ankurbelung der Konjunktur sind allerdings weitgehend ausgeschöpft. Die Notenbanken haben die Zinsen schon jetzt in den Null- bis Minusbereich hinein gesenkt.

Und die hohe Verschuldung vieler Staaten lasse neue, mit noch mehr Schulden finanzierte Konjunkturprogramme nicht zu, so Langen. Für den Welthandel negative Auswirkungen haben letztendlich auch politische Faktoren wie der Handelsstreit zwischen den USA und China oder der Brexit. Allein die Unsicherheit über den Ausgang des seit Jahren laufenden Prozesses habe bereits dazu geführt, dass deutsche Exporte an Großbritannien um zehn Prozent zurückgegangen sind.

Autor: Mathias von Bredow

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