Branchenpuls: Kfz-Versicherer, Arbeitswelten, DKM, Koalitionsverhandlungen

Was lässt den Puls der Branche höher schlagen? Quelle: OpenClipart-Vectors auf Pixabay.

Stürmisch ging es in den letzten Tagen in Deutschland zu: Vergangene Woche sorgten die Herbststürme „Ignatz“ und „Hendrik“ bundesweit für Beeinträchtigungen im Bahnverkehr und verursachten größere Schäden. Stürmische Zeiten erleben derzeit auch die Rückversicherer, die nach den jüngsten Naturkatastrophen mit steigenden Preisen rechnen. Die Kfz-Versicherer bereiten sich indes auf eine stürmische Wechselsaison vor, während die DKM ihre Schatten vorauswirft.

Was bisher geschah …

Die Kfz-Versicherung der Zukunft bewegt sich stark in Richtung Mobilitätsabsicherung. Große Anbieter suchen händeringend nach Kooperationen, um den Wandel frühzeitig zu meistern. Bisher scheint die Allianz im Rennen um Zukunftsfähigkeit vor Marktführer Huk-Coburg zu liegen.

Die Pläne der Franken sind dennoch ehrgeizig: Die Tesla-Kfz-Versicherung aus dem Hause Huk-Coburg? Nicht vollkommen ausgeschlossen, wie der ehemalige Unternehmensberater und heutige Chef des Huk-Coburg-Konzerns, Klaus-Jürgen Heitmann, nun gegenüber der Versicherungswirtschaft bestätigte. Mit den Daten des US-Elektroautobauers, der gerade in Brandenburg die „Gigafactory“ baut, könnte der Versicherungsschutz der Huk-Coburg in eine neue Dimension aufsteigen. Nach Einschätzung von Heitmann wäre das ein Win-Win-Geschäft für beide Seiten. Vor allem, weil der Versicherer mit seiner digitalen Marke Huk24 über große Erfahrungen beim Online-Abschluss verfügt.

Die Allianz hat das hingegen schon seit Jahren erkannt und ist intensiv mit vielen Autoherstellern verwoben. Dabei nutzen die Hersteller, wie die VW Group oder Ford, die Versicherung immer wieder als Verkaufsvehikel. Aktuell gilt das beispielsweise für den Absatz im boomenden Markt der Alternativantriebe. So bewirbt Ford Deutschland derzeit mit einem Rabatt von 25 Prozent auf die Kfz-Haftpflicht- und Kaskoversicherung den Verkauf des neuen Pumas mit Mild-Hybrid-Antrieb (MHEV).

GDV-Bilanz 2020: Autodiebe stehlen Fahrzeuge im Wert von über 200 Mio. Euro

Im Jahr 2020 haben Autodiebe nach Angaben des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) insgesamt 10.697 kaskoversicherte Pkw gestohlen und damit einen wirtschaftlichen Schaden in Höhe von fast 214 Mio. Euro verursacht. Die Zahl der Autodiebstähle sank im Vergleich zum Vorjahr um fast 25 Prozent. Allerdings stieg der Schaden für die Bestohlenen an: „Erstmals mussten die Versicherer für einen Diebstahl im Durchschnitt mehr als 20.000 Euro zahlen“, sagt die stellvertretende GDV-Hauptgeschäftsführerin Anja Käfer-Rohrbach.

Besonders hoch im Kurs stehen dabei SUVs: Unter den zehn am häufigsten gestohlenen Modellreihen finden sich gleich sieben Typen dieser Bauform, darunter jeweils gleich zwei Modelle von Land Rover, BMW und Toyota. Im Herstellervergleich werden Land Rover am häufigsten gestohlen: Gegen den Trend stieg die Zahl der Land-Rover-Diebstähle im vergangenen Jahr um ein Drittel auf 190 Stück; damit kamen auf 1.000 kaskoversicherte Autos dieser Marke fast zwei Diebstähle.

Im Vergleich der Bundesländer und Großstädte hatte Berlin erneut die mit Abstand höchste Diebstahlrate, auch 2020 fand hier mehr als jeder fünfte der bundesweiten Autodiebstähle statt. Insgesamt wurden in Berlin 2.267 kaskoversicherte Pkw gestohlen, der wirtschaftliche Schaden betrug fast 50 Mio. Euro. Sehr gering ist die Diebstahlgefahr weiterhin im Süden der Republik – so wurden in Bayern und Baden-Württemberg zusammen nicht einmal halb so viele Autos geklaut wie allein in Berlin.

Weitere Informationen: Diebstahlstatistik nach Bundesländern

Ob sich dies allerdings auch auf die diesjährige Wechselsaison auswirken wird, bleibt hingegen abzuwarten. Eine aktuelle Analyse zeigte jüngst, dass die Kunden sehr zufrieden mit ihren Anbietern sind. Lediglich 64 Prozent  von 1.000 Befragten haben bereits mindestens einmal ihre Kfz-Versicherung gewechselt, zeigt eine Untersuchung von Getsafe und YouGov. Bei den 25- bis 34-Jährigen haben bereits 57 Prozent mindestens einmal ihre Kfz-Versicherung gewechselt. Stolze 85 Prozent aller Nichtwechsler sind laut eigener Aussage mit ihren Anbietern zufrieden. Neun Prozent der Wechselunwilligen war der Zeitaufwand zu groß, zwei Prozent ist der Wechsel „zu komplex“. Mit rund 24.000 Klicks war die Analyse zum Kopf-an-Kopf-Rennen der beiden Kontrahenten in der letzten Woche das Topthema bei VWheute.

„Wir sprechen grundsätzlich nicht vom Homeoffice, sondern vom mobilen Arbeiten, da unsere Mitarbeitenden frei wählen können, wo sie arbeiten. Spätestens jetzt gilt ‘Karriere auch mit Familie’, da die berufliche Weiterentwicklung durch weniger Dienstreisen und die zusätzliche Flexibilität des mobilen Arbeitens attraktiver wird. Unser Modell trägt außerdem zu einer hohen Arbeitgeberattraktivität bei, was uns im Recruiting für neue Mitarbeiter enorm hilft.“

Robert Wehn, Personalvorstand der Generali Deutschland

Ein ebenfalls großes Thema ist derzeit auch die Frage, wie sich die künftige Arbeitswelt der Versicherer in Zeiten nach der Corona-Pandemie gestalten wird. So gibt die Generali beispielsweise keine festen Tage oder individuellen Quoten vor, an denen Mitarbeiter mobil arbeiten können oder müssen. Mobiles Arbeiten bedeutet dabei nicht zwangsläufig Homeoffice. „Die Mitarbeitenden entscheiden eigenverantwortlich, von wo aus sie arbeiten“, erklärt Personalvorstand Robert Wehn. Das gehört zu einem Konzept, das CEO Giovanni Liverani mit dem neuen Humanismus in der Versicherung verfolgt. 

Der Konzern Versicherungskammer setzt künftig auf das Prinzip „Smart Working“. Und die R+V Versicherung setzt künftig auf ein hybrides Arbeitsmodell. Die jahrzehntelang gelebte Praxis, nach der die Mitarbeiter an fünf Tagen der Woche ins Büro kommen, werde es so nicht mehr geben, teilt der Wiesbadener Genossenschaftsversicherer mit.

„Wir gehen davon aus, dass viele Versicherer nach den jüngsten Schäden ihren Rückversicherungsschutz weiter ausbauen werden. Nachdem bereits das Vorjahr von hohen Belastungen aus der Covid-19-Pandemie geprägt war, erfordern die jüngsten Unwetterschäden, die Niedrigzinsen sowie die Preisanstiege im Baugewerbe eine spürbare Erhöhung der Rückversicherungspreise.“

Michael Pickel, Vorstandsvorsitzender der E+S Rück

Weniger Besucher als erwartet, soviel Prämie wie erhofft, lautet indes die Bilanz des Rückversicherungstreffens in Baden-Baden. In Zeiten niedriger Zinsen und steigender Naturgefahren wird die  Rückversicherung immer wichtiger. Der Schutzmantel hält den Versicherern allzu hohe Schäden vom Leib, ist aber auch ein erheblicher Kostenfaktor. Doch die Absicherung kann nicht neben schützen auch als Geldquelle und Reportingstütze dienen. Doch trotz all dieser Fähigkeiten gilt, bei hohen Corona- und Klimaschäden muss am Ende jemand die Kosten tragen.

Was diese Woche jeder wissen muss …

Während sich die Pforten in Baden-Baden nun für ein Jahr geschlossen haben, öffnet die DKM in dieser Woche wieder am gewohnten Ort – in den Dortmunder Westfalenhallen – ihre Türen für die Branchenbesucher. Nachdem die Leitmesse 2020 noch wegen Corona in rein digitaler Form über die Bühne ging, setzen die Veranstalter in diesem Jahr auf ein hybrides Konzept – streng coronakonform mit 3G-Regel. Dabei treiben auch die Vermittler die digitale Beschleunigung, die zunehmende Regulierung und Imageprobleme auch nach der Pandemie weiter um.

Allerdings genießen gerade Versicherungsvertreter weiterhin ein sehr schlechtes Image in der Bevölkerung. Glaubt man der jüngsten „Bürgerbefragung öffentlicher Dienst 2021“ landet der Versicherungsvertreter mit gerade einmal acht Prozent auf dem letzten Platz der Beliebtheitsskala der Berufe. Nur unwesentlich besser schneiden nur die Berufsbilder „Mitarbeiter einer Werbeagentur“ (elf Prozent), „Mitarbeiter einer Telefongesellschaft“ (13 Prozent) und Bankangestellte (23 Prozent) ab. Ein ebenfalls niedriges Ansehen haben Politiker (24 Prozent), Gewerkschaftsfunktionäre (25 Prozent) und Steuerbeamte (25 Prozent).

Ein vergleichsweise hohes Ansehen haben traditionell soziale und helfende Berufe. Mit Abstand am meisten Zustimmung genießen Feuerwehrleute (93 Prozent) vor ÄrztInnen (87 Prozent), Krankenpflegern (87 Prozent) und AltenpflegerInnen (86 Prozent). Auch PolizistInnen (82 Prozent) und ErzieherInnen im Kindergarten oder der Kita (78 Prozent) haben einen sehr hohen Wert. Warum gerade Versicherungsvertreter ein so schlechtes Image in der Bevölkerung zu haben scheinen, geht aus der Umfrage zwar nicht hervor. Entsprechende Kampagnen der Branche, das Image zu verbessern, scheinen also augenscheinlich (noch) nicht gefruchtet zu haben.

Besondere Aktions- und Feiertage in dieser Woche

29.10.2021: Der Weltspartag 2021 soll den Gedanken des Sparens weltweit im Bewusstsein halten und auf die Bedeutung für die Volkswirtschaft und den Einzelnen hinweisen. Beschlossen wurde der Aktionstag auf dem 1. Internationalen Sparkassenkongress (Weltvereinigung der Sparkassen) im Oktober 1924 in Mailand von Vertretern aus 29 Ländern.

31.10.2021: Das Gruselfest Halloween ist vor allem in den USA und Irland bekannt geworden, wo viele Bräuche rund um die Nacht der Hexen, Vampire und Gespenster entstanden sind. Sehr beliebt bei Kindern und Erwachsenen sind beispielsweise das Aufstellen geschnitzter Halloween-Kürbisse und das Verkleiden als gruselige Gestalt. Der Bezug zum Totenreich ergibt sich durch die Nähe zu den christlichen Feiertagen Allerheiligen und Allerseelen.

31.10.2021: Mit dem Reformationstag; gedenken die evangelischen Christen dem Thesenanschlag Martin Luthers im Jahr 1517. Der Tag ist ein gesetzlicher Feiertag in Brandenburg, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen. Der Theologe und Mönch hatte der Überlieferung nach an diesem Tag im Jahr 1517 seine 95 Thesen an die Tür der Wittenberger Schlosskirche angeschlagen. Diese stellen heute den Beginn der Reformation der Kirche dar.

01.11.2021: In der katholischen Kirche wird an Allerheiligen der Heiligen auf der ganzen Welt gedacht. Er ist in den katholisch geprägten Bundesländern Baden-Württemberg, Bayern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz sowie im Saarland ein gesetzlicher Feiertag. Einen Tag später – am 2. November – wird nach katholischem Brauch an Allerseelen den „armen Seelen im Fegefeuer“ gedacht. Dem Volksglauben nach steigen die Seelen der Verstorbenen an Allerseelen vom Fegefeuer auf und ruhen sich aus. Das Fegefeuer steht für die Läuterung, die eine Seele nach dem Tod erfährt, wenn sie nicht unmittelbar als heilig in den Himmel aufgenommen wird.

Weitere relevante Termine in dieser Woche: Ende Oktober steigen die Versicherer in die aktuelle Berichtssaison ein. Während der französische Rückversicherer Scor seine Ergebnisse für das dritte Quartal 2021 vorlegt, gewährt die Swiss Re an diesem Freitag einen Einblick in ihre aktuellen Geschäftszahlen.

Was über Branchengrenzen hinaus wichtig ist

In Berlin gehen derweil die Koalitionsverhandlungen von SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen ans Eingemachte. Das eigentliche Kernproblem: Das bisherige Sondierungspapier beinhaltet nur wenige deutliche Festlegungen und bleibt vor allem in der Umsetzung vage. In wichtigen Sachfragen – wie zum Beispiel beim Klimaschutz, bei der Migration oder der Zukunft der Ostsee-Gaspipeline Nord Stream 2 – gibt es zwischen den Ampel-Parteien noch einige wesentliche Unterschiede, die es zu überbrücken gilt.

Während Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) derweil auf internationalem Parkett ihre Abschiedstournee gibt, verhandeln derweil die Ampel-Parteien in 22 Arbeitsgruppen mit rund 300 Politikern von Bund, Land und Kommunen die eigentlichen Sachfragen – immer mit dem Ziel eines Kompromisses der womöglich ersten „echten“ Dreier-Koalition auf Bundesebene.

„Ein Kompromiss ist die Kunst, einen Kuchen so zu teilen, dass alle meinen, sie hätten das größte Stück bekommen.“

Ludwig Erhard (CDU), ehemaliger Bundeskanzler (1963–1963) und Bundeswirtschaftsminister (1949–1963)

Eines dürfte sich jedenfalls jetzt schon herauskristallisieren: Jede Partei dürfte bereits einen Plan ihrer Wunschministerien, Ressortzuschnitte und personellen Besetzungen in der Schublade haben – auch wenn Personalfragen laut Verhandlungspartnern offiziell erst am Ende der Koalitionsgespräche geklärt werden sollen. So werden beispielsweise der FDP-Bundesvorsitzende Christian Lindner sowie Grünen-Vorstandssprecher Robert Habeck und der baden-württembergische Finanzminister Danyal Bayaz (B90/Grüne) als mögliche Kandidaten für das Amt des Bundesfinanzministers gehandelt.

Quelle: Statista

Glaubt man jedenfalls dem selbstgesteckten Zeitplan, sollen die Koalitionsgespräche Ende November beendet sein. Olaf Scholz soll dann spätestens in der Woche nach dem 6. Dezember 2021 zum neuen Bundeskanzler gewählt werden. Rund 70 Tage hätte dann zwischen Wahl und Regierungsbildung gelegen. Einen Blitzstart legte übrigens lediglich Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) im Einheitsjahr 1990 hin: zwischen Wahl und Regierungsbildung vergingen gerade einmal 47 Tage.

Den bisherigen Rekord gab es allerdings nach den Bundestagswahlen im September 2017 mit insgesamt 171 Tagen. Grund war das Scheitern der Verhandlungen über die zunächst angestrebte Jamaika-Koalition aus Union, Grünen und FDP, das Liberalen-Chef Lindner mit dem legendär gewordenen Satz kommentierte: „Es ist besser, nicht zu regieren, als falsch zu regieren.“ Die aktuelle Bundesregierung wurde schließlich erst Mitte März 2018 im Amt vereidigt. Mal sehen, wie lange die drei Ampelkoalitionäre nun brauchen.

Autor: Tobias Daniel

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