Morgen starten die Koalitionsverhandlungen: Kritik an den Rentenplänen

Friedrich Merz spricht während einer Debatte im Bundestag ©WDR/AFP/TOBIAS SCHWARZ
Die potenziellen Regierungspartner von CDU/CSU und SPD hatten sich nach zügigen Sondierungsgesprächen auf die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen verständigt. Diese würden am Donnerstag beginnen, sagte der CSU-Sozialexperte Stephan Stracke, der in die Gespräche eingebunden war, gestern auf dem MCC Zukunftsmarkt Altersvorsorge in Berlin. Das Sondierungspapier sorgte naturgemäß für viel Gesprächsstoff auf dem Kongress, auch wenn eben viele Details noch zu klären sind.
Rätseln konnte man etwa nur, wer für die Anhebung der Mütterrente um einen halben Punkt, dann auf drei Rentenpunkte finanziell aufkommen soll. Die Deutsche Rentenversicherung Bund bezifferte die Kosten mit rund fünf Milliarden Euro im Jahr, die auf die Beitragszahler zukommen würden, wenn der Staat diese gesamtwirtschaftliche Aufgabe nicht sachgerecht übernehmen würde. Stracke wollte sich mit Blick auf die anstehenden Koalitionsverhandlungen nicht näher äußern. In der politischen Runde wies die AfD-Rentenexpertin Ulrike Schielke-Ziesing darauf hin, dass es den Parlamentariern bei der letzten Anhebung der Mütterrente ebenfalls um einen halben Punkt gelungen sei, dass das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) für die Kosten aufgekommen sei.
„Wir vollenden die Mütterrente mit drei Rentenpunkten für alle – unabhängig vom Geburtsjahr der Kinder –, um gleiche Wertschätzung und Anerkennung für alle Mütter zu gewährleisten“, heißt es im Abschlusspapier. Mit dieser Forderung hat sich die CSU durchgesetzt. Für Kinder, die vor 1992 geboren wurden, sollen somit drei statt bisher maximal zweieinhalb Erziehungsjahre bei der Rente angerechnet werden. Ein Rentenpunkt entspricht ab dem 1. Juli 2024 einem Betrag von 39,32 Euro.
Laut dem Sondierungspapier soll das Rentenalter nicht angehoben werden, stattdessen motiviert man alte Menschen weiterzuarbeiten wie folgt: „Wer das gesetzliche Rentenalter erreicht und freiwillig weiterarbeitet, bekommt sein Gehalt bis zu 2.000 Euro im Monat steuerfrei.“ Ein abschlagsfreier Renteneintritt soll somit nach 45 Beitragsjahren weiterhin möglich sein.
Kritik kommt vom GDV, es würden viele Milliarden in der gesetzlichen Rente verteilt – und das vor allem an die ältere Generation“, sagte der stellvertretende GDV-Hauptgeschäftsführer, Moritz Schumann, gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. Statt immer höherer Rentenversprechungen seien Lösungen nötig, die für alle Altersgruppen fair seien. „Wir brauchen eine nachhaltige Stärkung kapitalgedeckter Modelle, also der betrieblichen und privaten Altersvorsorge.“
Die Präsidentin der Deutschen Rentenversicherung Bund, Gundula Roßbach, sah auf dem MCC-Kongress die Rentenversicherung derzeit solide aufgestellt. Das vergangene Jahr habe mit einem kleinen Defizit von rund 800 Millionen Euro abgeschlossen werden können bei Einnahmen und Ausgaben von jeweils knapp 400 Milliarden Euro. Die Nachhaltigkeitsrücklage von 44,4 Milliarden Euro (entspricht 1,57 Monatsausgaben) würde planmäßig bis zum Jahr 2027 auf die Untergrenze von knapp 0,2 Monatsausgaben zurückgeführt, um die Beiträge weiter bei 18,6 Prozent stabil halten zu können. Die gescheiterte Koalition von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP hatte die wesentlichen Reformen in der gesetzlichen Rente, der betrieblichen Altersvorsorge und der geförderte privaten Altersvorsorge erst sehr spät auf die Schiene, aber parlamentarisch nicht zu Ende gebracht. Auf die geleisteten Vorarbeiten könnte die neue Regierung von CDU/CSU und SPD bei Bedarf zurückgreifen.
Autor: Manfred Brüss